Gesellschaft

70 Jahre nach dem ersten Schultag: 80-jährige Ex-Domschüler besuchen ihren Klassenlehrer (97)

80-jährige Ex-Domschüler besuchen ihren Klassenlehrer (97)

80-jährige Ex-Domschüler besuchen ihren Klassenlehrer (97)

Ove Jensen/shz.de
Schleswig
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Gert Schubert (97) mit drei von seinen früheren Schülern an der Domschule in Schleswig: (von links) Jörn Christiansen, Niels Jonas und Frank Druhm. Foto: Uwe Jensen/shz.de

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Frühjahr 1953: Der junge Studienrat Gert Schubert begrüßt an der Domschule seine neue Sexta. 70 Jahre später halten die Schüler von damals noch immer Kontakt zu ihrem alten Klassenlehrer.

Gert Schubert war kein gewöhnlicher Lehrer. Das versteht man schnell, wenn man sich mit seinen einstigen Schülern unterhält. In den Anfangsjahren der Bundesrepublik, als im Geschichtsunterricht oft noch Bismarck glorifiziert und die NS-Zeit komplett auslassen wurde und im Latein-Unterricht die alten Römer als leuchtende Vorbilder präsentiert wurden, schlug Schubert ganz andere Töne an.

Daran erinnert sich Hartmut Kunkel (80), der im Jahr 1953 an der Schleswiger Domschule in die Sexta eingeschult wurde, wie die fünfte Klasse damals hieß. Kunkel wurde später selbst Lehrer für Latein und Geschichte. Vielleicht liegt es daran, dass er immer besonders engen Kontakt zu Gert Schubert gehalten hat.

Gert Schubert lebt seit 50 Jahren in Berlin

Dieser ist inzwischen 97 Jahre alt und lebt seit 1973 in Berlin. 70 Jahre nach dem ersten Schultag haben ihn dort jetzt vier seiner einstigen Schüler besucht: Jörn Christiansen, Frank Druhm, Niels Jonas und Uwe Jensen.

Hartmut Kunkel selbst konnte nicht dabei sein, weil er nach einer vorübergehenden gesundheitlichen Einschränkung nicht wieder rechtzeitig fit wurde. Er lässt es sich aber nicht nehmen, seine lebhaften Erinnerungen an den Unterricht bei Gert Schubert zu schildern. „Er war ständig bereit, auch eigene Aussagen erneut kritisch zu hinterfragen und hatte die Fähigkeit zur Selbstironie.“ Ungewöhnlich für einen Studienrat in der damaligen Zeit: Schubert stellte auch zunehmend das dreigliedrige Schulsystem in Frage. In Berlin unterrichtete er später an einer Gesamtschule.

Gute Erinnerungen an Direktor Dr. Hans Martens

Stieß er mit seinen Ansichten und Methoden an der Domschule auf Widerstände? „Nein“, sagt Schubert gegenüber shz.de. „Ich habe bei meiner Arbeit in Schleswig immer eine sehr offene Atmosphäre erlebt, insbesondere in den späteren Jahren mit Dr. Martens als Schulleiter.“

Den Wechsel nach Berlin habe er nie bereut, erzählt er. Dennoch: Zu den Klassentreffen kehrte er gern nach Schleswig zurück – zuletzt oft als einziger Lehrer. Den Sextaner-Jahrgang aus dem Jahr 1953 hatte er auch in den Jahren vor dem Abitur 1962 erneut als Klassenlehrer übernommen. Auch zu Schülern einer Klasse, die schon drei Jahre vorher das Abitur abgelegt hatte, hat er weiterhin Kontakt gehalten.

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