Gesundheit

Auch lebenswichtige Medikamente werden in Deutschland knapp

Auch lebenswichtige Medikamente werden in Deutschland knapp

Auch lebenswichtige Medikamente werden in Deutschland knapp

Stephan Schaar/shz.de
Kiel
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Zahlreiche Medikamente kann Apothekerin Cynthia Osewald von der Adler Apotheke in Kappeln ihren Kunden kaum noch liefern und muss immer mehr improvisieren. Foto: Stephan Schaar/shz.de

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Seit mehr als einem Jahr leiden Apothekerinnen und Apotheker, sowie Patientinnen und Patienten unter den immer größeren Lieferengpässen bei Medikamenten. Für Apotheken bedeutet die Suche nach Lösungen eine große Mehrbelastung, und ein Ende ist nicht abzusehen.

Anfangs ging es bei den Lieferengpässen für Medikamente in Deutschland nur um Fiebersäfte, dann kamen auch Antibiotika hinzu. Inzwischen haben viele Apotheken auch bei lebenswichtigen Medikamente Schwierigkeiten, diese für ihre Patienten zu bestellen, weil sie einfach nicht lieferbar sind.

Viel Mehrarbeit für Apotheken

„Die Situation hat sich kein bisschen gebessert, eher im Gegenteil“, sagt Apothekerin Grit Spading von der Löwen-Apotheke in Kappeln. Es koste viel Zeit und Nerven, die passenden Alternativen für die Patienten herauszusuchen oder mit den Ärzten eine andere Wirkstoff-Dosis abzuklären, sagt sie. „Wir müssen derzeit viel improvisieren, aber wir versuchen, jeden Patienten bestmöglich zu bedienen“, sagt sie. „Besonders schlimm ist es schon länger bei Antibiotika, sowohl Kindersäfte als auch Tabletten für Erwachsene sind knapp geworden“, erzählt die Apothekerin.

Lebenswichtige Medikamente werden knapp

Aber auch viele lebenswichtige Präparate für Langzeitbehandlungen seien inzwischen schwer zu bekommen. „Es gibt viele Engpässe, etwa auch bei Blutdruckmedikamenten. Aber auch Augentropfen, Hustenpräparate und Magenmittel sind Mangelware“, so Grit Spading.

Eine Möglichkeit sei, wenn nur das gewünschte Medikament mit dem halben Wirkstoffgehalt vorliegt, den Patienten die doppelte Menge zu geben. „Dann müssen sie aber auch die doppelte Zuzahlung leisten, und da hört es mit dem Verständnis der Kunden dann auch mal auf“, erzählt sie, während die Kunden sonst eher entspannt und verständnisvoll mit der Problematik umgingen.

Hamsterkäufe machen keinen Sinn

Auch bei Antidiabetika zur Behandlung des Diabetes mellitus käme es immer wieder zu Engpässen, bestätigt Cynthia Osewald von der Adler-Apotheke in der Kappelner Schmiedestraße. „Die Lieferprobleme sind weiter sehr aktuell und betreffen auch immer mehr existenzielle Arzneimittel. Wir sind in enger Kooperation und Austausch mit den Ärzten, um Alternativen zu finden“, sagt Osewald.

Sie nimmt nicht an, dass es in absehbarer Zeit besser werde, warnt aber vor Hamsterkäufen. Das sei nicht nur unsozial, sondern auch wenig sinnvoll: „Wir haben ja in der Corona-Zeit gesehen, wie schnell die Menschen unsinnig viel horten. Aber Klopapier wird nicht schlecht, das kann man noch vererben. Medikamente hingegen sind nur begrenzt haltbar und sollten nicht gehamstert werden“, sagt sie.

Krankenkassen sind in der Verantwortung, etwas zu ändern

Bei der Frage nach den Ursachen sind sich die Apothekerinnen weitgehend einig. „Da ist natürlich die strenge und lange Erkältungszeit in diesem Winter, dazu globale Schwierigkeiten bei den Lieferketten. Aber das allein kann es nicht sein. Der Preiskampf spielt da sicher auch eine Rolle“, meint Cynthia Osewald.

Marina Greßmann von der Neuen Apotheke am Dehnthof wird da noch deutlicher: „Natürlich gibt es einen Mangel an Rohstoffen und andere globale Probleme. Aber ich sehe da auch die Krankenkassen in der Verantwortung, die mit ihren gedrückten Preisen zu dem Problem beitragen“, sagt sie.

Das bestätigt auch Maren Teschner von der Schlei-Apotheke in Ellenberg. „Die Kassen bestehen auf Rabatten, die die Herstellerfirmen nicht mehr hinbekommen. Denn auch für die Hersteller sind die Kosten gestiegen, hinzu kommt die Rohstoffknappheit. Die denken dann auch wirtschaftlich und liefern ihre Medikamente eher in Länder, die ihnen mehr zahlen.“

Das Problem sei hausgemacht, und es läge an den Kassen und der Politik, daran etwas zu ändern.

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