Energiewende und Stromnetze

Aus für Akw Brokdorf: Darum rechnet Jan Philipp Albrecht jetzt mit einem Wind-Boom

Jan Philipp Albrecht rechnet mit einem Wind-Boom

Jan Philipp Albrecht rechnet mit einem Wind-Boom

SHZ
Kiel, Brokdorf
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Nach knapp 35 Jahren Betriebszeit wird das Atomkraftwerk von Betreiber Preussen Elektra Ende 2021 abgeschaltet. Der Druckwasserreaktor mit einer Leistung von 1410 Megawatt lieferte seit 1986 Strom und produzierte in den vergangenen Jahrzehnten mehr als 350 Milliarden Kilowattstunden. Foto: Christian Charisius/shz.de

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Die Bedeutung des Atomstroms werde überschätzt, sagt Umweltminister Jan Philipp Albrecht. Fortan müssten weniger Windräder abgeschaltet werden, was die Windkraft insgesamt beflügeln werde.

Schleswig-Holsteins Umweltminister Jan Philipp Albrecht (Grüne) rechnet mit einem neuen Boom für Ökostrom durch die geplante Abschaltung des Atomkraftwerks Brokdorf.

Wegen Netzengpässen müssten zum Teil Windräder an Nord- und Ostsee abgeschaltet werden. „Die Bedeutung des Atomstroms insgesamt ist deswegen überschätzt.“ Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) räumt Ökostrom oder Strom aus Grubengas Vorrang gegenüber Strom aus Kohle und Atomkraft ein.

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Paragraf 11 des Gesetzes schreibt den Netzbetreibern vor, Strom aus erneuerbaren Energien wie Windkraft und Solar „unverzüglich vorrangig“ abzunehmen, zu übertragen und zu verteilen.

Zum Jahresende wird mit der Anlage in Brokdorf nordwestlich von Hamburg an der Elbe das letzte Akw in Schleswig-Holstein endgültig abgeschaltet.

Der Norden könne 160 Prozent des Strombedarfs mit Ökostrom decken. Nach dem Ausstieg aus der Atomkraft werde es weniger Abschaltungen von Windrädern und mehr Windstrom-Exporte in den Süden geben.

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Blackouts? Albrecht winkt ab

Ängste vor Blackouts durch die Abschaltung von Atomkraftwerken sind nach Ansicht von Albrecht unbegründet. „Es wird am Ende genügend Energie da sein.“ Auch durch die steigende Zahl von Elektroautos würden in den kommenden 20 Jahren in Deutschland keine Stromlücken entstehen.

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Atomkraft habe in Schleswig-Holstein seine Zeit gehabt und über Jahrzehnte zur Energieversorgung beigetragen, sagte Albrecht. „Nach der Abschaltung von Brokdorf wird der Norden Vorreiter sein. Ein Land, das sich selber überwiegend mit erneuerbaren Energien versorgt.“ Der Atomausstieg habe keinen bitteren Beigeschmack, sondern sei mit Aufbruchsstimmung verbunden.

Die Atomkraft-Debatte habe ihn politisch geprägt, sagte Albrecht. „Meine Eltern haben mich als Baby schon auf entsprechende Demos in Nordrhein-Westfalen mitgenommen, wo ich damals gewohnt habe.“ Deutschland steige zwar aus der Atomkraft aus, das Thema bleibe vor dem Hintergrund der ungelösten Entsorgungsfrage und den Risiken der Atomwaffen aber.

Brokdorf sei für ihn ein Synonym für Atomtechnologien, sagte der Grünen-Politiker. „Ich war auch selber in Brokdorf, als es darum ging, den Ausstieg aus dem Ausstieg zu verhindern.“ Mit einer Menschenkette demonstrierten am 24. April 2010 mehrere Tausend Teilnehmer am Elbufer vor dem Atomkraftwerk in Brokdorf für den Atomausstieg.

 

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