Gastronomie

Aus für den Schleswiger Senator-Kroog: „Diese Entscheidung tut unheimlich weh“

Aus für den Schleswiger Senator-Kroog: „Diese Entscheidung tut unheimlich weh“

Das sagen die Inhaber zum Aus des Schleswiger Senator-Kroogs

Sven Windmann/shz.de
Schleswig
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28 Jahre haben Ilona und Wolfgang Hahn ihren Senator-Kroog am Schleswiger Rathausmarkt betrieben. Der Entschluss, zum Jahresende aufzuhören, fällt ihnen nicht leicht. Foto: Sven Windmann/shz.de

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Sie gehen mit „traurigem Herzen“ und je „zwei weinenden Augen“. Dennoch gab es für Ilona und Wolfgang Hahn keine Alternative, als Schleswigs ältestes Gasthaus zum Jahresende zu schließen.

Ob das wirklich ihr Ernst sei? Diese Frage ist Ilona und Wolfgang Hahn in den letzten Tagen ziemlich oft gestellt worden. Und ja, sie meinen es ernst. Sehr sogar. Am 27. Dezember ist Schluss. Dann schließen sie ihren Senator-Kroog. Damit endet in Schleswigs ältestem Gasthaus eine fast 140 Jahre andauernde Ära.

Gastwirte von ganzem Herzen

„Es geht nicht mehr. Wir sind an einem Punkt, an dem wir sagen: Es reicht, Ende“, sagt Ilona Hahn. Und man sieht ihr dabei an, wie schwer ihr und ihrem Mann dieser Entschluss gefallen ist. „Das alles hier war immer unser Traum, unser Leben. Wir sind mit ganzem Herzen Gastwirte. Deswegen gehen wir beide mit jeweils zwei weinenden Augen.“ An der Entscheidung aber ändere das nichts. Im Gegenteil. „Auch wenn es sehr schade ist, aber wir können einfach nicht mehr.“

Fast 30 Jahre hat das Paar das Traditionshaus am Rathausmarkt geführt. Wolfgang Hahn stand in der Küche, seine Fra Ilona war „vorne“ im Einsatz, wie sie sagt. Also am Tresen, in der Gaststube oder im Außenbereich. Was ihnen viele Jahre lang leicht fiel, wurde nun aber immer anstrengender. Inzwischen ist sie 70, er 73 Jahre alt. „Wir beide haben in unserem Leben sehr viel gearbeitet. Ich habe mit 14 in der Gastronomie angefangen und mich nie beklagt. Das gilt auch für meinen Mann. Aber jetzt ist die Luft raus“, bringt es Ilona Hahn auf den Punkt.

Seit fünf Jahren suchen sie einen Nachfolger

Angekündigt hatte sich das schon länger. Bereits vor fünf Jahren hatten die beiden den Senator-Kroog zum Verkauf angeboten. Sie wollten aber so lange warten, bis sie „den Richtigen“ gefunden hätten. Also jemanden, der das beliebte Gasthaus in ihrem Sinne fortführen würde. Daraus aber wurde nichts. Hier und da gab es zwar Interessenten, zu einem Vertragsabschluss aber kam es nicht. Und so machten die beiden immer weiter. Bis jetzt.

80-Stunden-Wochen waren die Regel

Die Folgen der Corona-Krise hätten ihnen dann den Rest gegeben, sagen sie. Konkret heißt das: Seitdem fehlt ihnen Personal. „Das ist der Hauptgrund, warum wir jetzt nicht mehr können“, sagt Wolfgang Hahn. Denn eigentlich hätten sie in der vergangenen Saison vier Kräfte mehr haben müssen, zwei im Service und zwei in der Küche. Gefunden haben sie aber niemanden.

„In der Pandemie haben in der Branche unheimlich viele Leute aufgehört, und sie sind nicht wiedergekommen. Das haben leider auch wir zu spüren bekommen.“ Mit der Folge, dass Ilona und Wolfgang Hahn noch mehr statt weniger arbeiten mussten. 80-Stunden-Wochen waren die Regel. Im vergangenen Sommer sei sie dann kurz vor dem Nervenzusammenbruch gewesen, erzählt die Gastronomin. „Ich konnte nachts kaum noch schlafen.“

Das Ehepaar Hahn spürt keine Erleichterung

Auch ihr Stammpersonal habe seitdem am Limit gearbeitet. „Dass wir irgendwann die Reißleine ziehen würden, war allen klar. Nun ist es soweit, es tut aber trotzdem unheimlich weh“, sagt Ilona Hahn. Deshalb fühle sich die Entscheidung auch nicht wie eine Befreiung an. „So weit sind wir noch gar nicht. Das wird noch dauern“, fügt ihr Mann an. Und was dann im Januar kommt? „Keine Ahnung.“

Hoffnung auf erfolgreiche Suche nach einem Nachfolger

Ihr schönstes Abschiedsgeschenk wäre, da sind sie sich einig, wenn sie doch noch einen Nachfolger finden würden. Wenn auch in Zukunft Gäste in den urigen Räumen des 1884 eröffneten Senator-Krooges bedient werden würden. „Zumal der Laden ja sehr gut läuft“, wie Wolfgang Hahn betont. Genau deshalb wundere es ihn auch, dass bislang noch kein Gastwirt auf ihn und seine Frau zugekommen sei. „Die Lage ist toll, das Haus wunderschön und wir sind bei Einheimischen wie Touristen bekannt.“ Die jeweils 80 Plätze innen und außen seien stets gut gefüllt gewesen. „Wir hatten ja nicht umsonst so viel zu tun.“

Wobei die Öffnungszeiten in den vergangenen Jahren schon verkürzt wurden. Inzwischen gibt es zwei Ruhetage und das Restaurant ist abends nur noch bis 20 Uhr geöffnet. „Und das funktioniert wirtschaftlich ja trotzdem“, sagt der Küchenchef und erinnert sich an andere Zeiten. „Da hatten wir bis Mitternacht und manchmal noch länger auf, und der Laden war voll.“ Manchmal hätten sie nach einer Vorstellung um 23 Uhr noch einen Anruf aus dem Theater bekommen: Man komme jetzt mit der ganzen Mannschaft vorbei. Ob es noch was zu essen gebe? Na klar, gab es das.

Damals aber waren die Hahns noch deutlich jünger und genug Personal war auch da. „Wir haben wirklich sehr gerne in diesem wunderschönen Haus gearbeitet. Aber wir wollen hier auch nicht rausgetragen werden“, sagt Ilona Hahn nun. Dann doch lieber ein geordneter Rückzug.

Bis zum 3. November ist der Senator-Kroog jetzt noch wegen Betriebsferien geschlossen. Danach beginnt der Abschied. „Wir haben unsere Mitarbeiter gefragt, ob wir noch die Tage um Weihnachten machen sollen. Das wollten alle. Als schönen Abschluss für uns, aber auch als Dankeschön für unsere vielen Stammkunden“, erzählt die Chefin. Noch gebe es ein paar freie Tische. Am Abend des 27. Dezember schließe man aber endgültig ab. „Und dann sitzen wir hier sicherlich alle zusammen und heulen.“

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