Wohnungsnot in Flensburg

Ausländische Studierende finden keine Zimmer mehr

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SHZ
Flensburg
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Die Wohnungssuche für Studierende in Flensburg gestaltet sich zunehmend schwierig. Foto: Giorgio Fochesato, Imago Images

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Hochschule und Europa-Universität Flensburg schlagen Alarm: Die Wohnungsnot unter Studierenden hat sich durch die Corona-Pandemie dramatisch zugespitzt. Gaststudenten aus dem Ausland haben es besonders schwer.

Oh Hajin hatte es sich einfacher vorgestellt. Die Philosophie-Studentin aus Südkorea hatte sich für ein Austausch-Semester an der Europa-Universität Flensburg (EUF) beworben und zu ihrer großen Freude für das kommende Wintersemester einen Platz im Studiengang „European Cultures and Society“ bekommen.

Der Flug nach Deutschland ist längst gebucht. In vier Wochen beginnen die Lehrveranstaltungen. Aber Oh Hajin weiß noch immer nicht, ob sie in Flensburg ein Dach über dem Kopf haben wird.


„Es ist wirklich nicht einfach“, sagt sie im Video-Interview über ihre Wohnungssuche. Das Interview führen wir auf Englisch, denn Oh Hajin lernt zwar seit anderthalb Jahren Deutsch, um über komplizierte Probleme zu sprechen, reichen ihre Kenntnisse aber noch nicht.

Vermieter wollen Mieter persönlich kennenlernen

Die Sprachbarriere, sagt sie, ist eine von mehreren Hürden. Viele Vermieter wollen ihre künftigen Mieter näher kennenlernen und sich dazu mit ihnen unterhalten, bevor der Vertrag unterschrieben wird. Mal eben ein Zimmer auf Duburg oder in Mürwik besichtigen – das geht von Korea aus auch nicht so einfach. „Dazu kommt die Unsicherheit, weil ich nicht weiß, welche Preise für Zimmer in Deutschland angemessen sind.

Auch deutsche Erstsemester spüren Wohnungsnot

Die Schwierigkeiten, die Oh Hajin hat, sind nicht neu. Auch für einheimische Studienanfänger gestaltet sich die Wohnungssuche offenbar zunehmend schwierig.

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Aber in diesem Jahr habe sich die Lage zugespitzt, sagt Janntje Böhlke-Itzen, die Leiterin der Abteilung International Relations an der Hochschule Flensburg. Insgesamt wissen sie und Lucila Morales de Mittag, Koordinatorin für internationale Studierende an der EUF, von rund 70 Studierenden, die in diesem Wintersemester an die Förde kommen und noch kein Zimmer gefunden haben.


Nach Ansicht von Janntje Böhlke-Itzen liegt das am Ende der Corona-Beschränkungen. Nach drei Semestern mit Distanz-Unterricht hätten viele Studierende die Stadt verlassen. Online-Veranstaltungen kann man eben auch zu Hause im Elternhaus besuchen und sich die Miete fürs WG-Zimmer sparen. Die Folge: Viele Wohngemeinschaften sind aufgelöst, die Wohnungen längst anderweitig vermietet.

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Kaum Plätze in Wohnheimen

Wie schwierig die Suche ist, erfährt derzeit auch Sohrab Wahedy. Der Afghane wohnte zuletzt in Preußisch Oldendorf bei Bielefeld und möchte nun in Flensburg einen Vorbereitungskurs für das Master-Studium (ProRef) besuchen. Vorläufig hat er ein Zimmer im Hostel bezogen. „Die Vermieter fragen mich, was ich beruflich mache. Wenn ich antworte, dass ich Student bin, antworten sie: ,Tut mir leid.“ Seine Vermutung: Viele Eigentümer möchten ihre Wohnungen langfristig vermieten. Studenten aber ziehen oft nach ein oder zwei Jahren oder sogar nach wenigen Monaten schon wieder aus.


Früher war es üblich, dass Austauschstudenten in Wohnheime des Studentenwerks zogen. Über die Wohnungssuche mussten sie sich keine großen Gedanken machen, wenn sie erst einmal eine Zusage für den Studienplatz hatten. In den Flensburger Wohnheimen gibt es aber nur 17 so genannte Kontingent-Plätze für internationale Studierende. Weitere 15 bis 20 sollen in einem neuen Wohnheim entstehen, aber frühestens in drei Jahren. Insgesamt gibt es an Universität und Hochschule mehr als 700 Studierende aus dem Ausland.

„Campus-Engel“ als letzte Hoffnung

Warum zieht es junge Leute aus aller Welt überhaupt nach Flensburg? Oh Hajin hat da eine klare Antwort: Für Deutschland und die deutsche Kultur interessiert sie sich schon lange. Und Freunde, die sie aus der Schule kennt, haben ihr von Flensburg und der Europa-Universität vorgeschwärmt, von der Ostsee und der Landschaft in Schleswig-Holstein.

Aber wenn es auch bis Mitte September nicht klappt mit dem Zimmer in Flensburg? Dann bleiben noch die Campus-Engel, eine Gruppe von Studierenden, die Neuankömmlingen an der Uni mit Rat und Tat zur Seite stehen. Einige von ihnen haben schon angeboten, obdachlosen Kommilitonen zumindest für die ersten Wochen die eigene Couch zur Verfügung zu stellen.

  • Wer ein Zimmer oder eine Wohnung zu vermieten hat, meldet sich per E-Mail an campusengel@uni-flensburg.de oder telefonisch unter 0461/805-2001.
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