Archäologie

Bauarbeiten bei den Stadtwerken legen historische Mauern der Aktienbrauerei frei

Bauarbeiten bei den Stadtwerken legen historische Mauern der Aktienbrauerei frei

Bauarbeiten legen historische Mauern der Aktienbrauerei frei

Gerhard Nowc/shz.de
Flensburg/Flensborg
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Diese Mauerreste wurden auf dem Gelände der Stadtwerke Flensburg freigelegt. Foto: Gerhard Nowc/SHZ

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Wo einmal ein neues Bus-Depot für Aktiv-Bus entstehen soll, sind nun Mauern eines ehemaligen Kellers unterhalb der einstigen Brauerei zu Tage getreten.

Der Bagger griff in den Boden: Geröll und Schutt kamen zum Vorschein – und Mauerreste. Trümmer und die Oberkanten senkrechter Mauern und auch gemauerte Gewölbe. Im Winkel Batteriestraße/Trollseeweg, auf Stadtwerke-Gelände, war ein Ruinenrest ans Licht gekommen – Mauern mit Geschichte.

Als Fundamente der einstigen Aktienbrauerei, die dem Brauereiweg seinen Namen gab, markieren diese Mauerreste die erfolgreiche Entwicklung des Flensburger Nordens zu einem Industriestandort. Doch die freigelegten Mauern erinnern auch an ein trauriges Kapitel des Zweiten Weltkrieges, denn am 19. Mai 1943 – vor 80 Jahren – starben in dem Keller 36 Menschen bei einem schweren Bombenangriff auf Flensburg, darunter 15 Kinder eines dänischen Kindergartens. Deren Betreuerinnen hatten für sich und die Kleinen zwischen den soliden Mauern vergeblich Schutz gesucht.

Das Gelände der alten Aktienbrauerei, der späteren Fischfabrik, hatten die Stadtwerke gekauft als Flächenreserve. Tatsächlich wurde die Fläche zur Anlage einer Kohlenhalde genutzt. Die Umstellung auf den Brennstoff Gas machte die Halde überflüssig, sie kam weg. Für die neue Nutzung sind der Bau eines kleinen Umspannwerkes im Gespräch oder die dringend benötigte Erweiterung des Depots von Aktiv-Bus.

Damit scheint sich die Tradition eines industriellen Standortes fortzusetzen. Die Stadt Flensburg war einst dicht bebaut, Gebäude außerhalb der Stadtmauern waren nicht erlaubt. Das änderte sich 1792, als die Bebauung nördlich vor dem Nordertor freigegeben wurde.

Viele Firmen entstehen nördlich des Nordertors

Hier war Platz für Firmen, die in die neue Zeit passten, wie die 1852 gegründete Glashütte und die 1872 eröffnete Flensburger Schiffbau-Gesellschaft. Ein Jahr später wurde die Aktienbrauerei auf den Weg gebracht. Die Nordische Ofenfabrik, die Eisengießerei Dittmann & Jensen markierten ebenfalls diesen Weg. Die Brennerei C. C. Christiansen wurde von den Flensburgern als „kleine Fabrikstadt“ bestaunt. Ein baulicher Koloss ist die 1899 gegründete Korn-Walzenmühle.

Gutes Flensburger Wasser, hervorragende Anbindung an das Straßennetz – das fanden Unternehmer auch am Munketoft. Und auch sie gründeten eine Brauerei. Die Erfolge der Aktienbrauerei waren ihnen nicht verborgen geblieben. 1888 war die neue Exportbrauerei am Markt und deutlich ergiebiger als der Konkurrent im Brauereiweg.

Fusion der Brauereien

Weil aber der Bierexport Restriktionen unterlag, wurde auf dem heimischen Markt um jeden Kunden gekämpft. In der wirtschaftlichen Not nach dem Ersten Weltkrieg kam dann die Fusion. Das Bier trug deshalb über Jahrzehnte den Herstellernamen „Flensburger Brauereien“.

Das alte Gebäude am Brauereiweg wurde noch für etliche Zwecke genutzt. Der bekannteste war die Fischfabrik. Und in der Zeit ihres Bestehens ereignete sich das traurige Geschehen im Zweiten Weltkrieg: Infrastruktur zerstören, Bevölkerung demoralisieren, das waren die Ziele der alliierten Bomberflotten, die das militärische Ende Hitler- Deutschlands beschleunigen sollten.

Am 19. Mai 1945 nahm ein starker Bomberverband Kurs auf Schleswig-Holstein, wollte die Werften in Kiel und Flensburg angreifen. Stadtarchivdirektor Dr. Broder Schwensen hat in seinem Buch „Flensburg im Bombenkrieg 1939 bis 1945“ den Angriff und seine Folgen detailliert beschrieben:

83 Tote waren zu beklagen, darunter 18 Kinder. Im alten Brauerei-Keller gab es einen gewölbeartigen Raum, in dessen Mitte ein Pfeiler die Decke stützte. In diese vermeintliche Sicherheit flüchteten sich die Mitarbeiter der Fischfabrik, der benachbarten Schokoladenfabrik und auch die Kinder und Betreuerinnen des nahegelegenen dänischen Kindergartens Batteriestraße.

270 Menschen suchen Schutz in dem Keller

Insgesamt 270 Menschen suchten in dem Keller Schutz, als ein Bomben-Volltreffer einschlug. Das Deckengewölbe stürzte ein, Erde und Steintrümmern rutschten nach. Während der Bergung ergab sich für die Verschütteten eine weitere Gefahr: Wasser strömte in den zerstörten Schutzraum. Es strömte aus dem benachbarten, schwer getroffenen Gaswerk und konnte durch die zerstörten Sielleitungenn nicht ablaufen.

Der Wasserspiegel stieg, die Retter mussten Pumpen heranschaffen. Insgesamt 36 Menschen starben in den Trümmern, darunter 15 Kindergarten-Kinder mit ihren Betreuerinnen. 27 schwer verletzte Personen konnten geborgen werden.

An der offiziellen Trauerfeier am 23. Mai 1943 nahmen Vertreter von Partei, Militär und Behörden teil. Von ihnen sprachen einige mit braunem Pathos von der Treue zum Führer und dem unerschütterlichen Willen zum Endsieg. Nur unter erheblichen Mühen gelang es der dänischen Minderheit, für ihre Angehörigen am Nachmittag des 24. Mai eine Trauerfeier auf dem Friedenshügel auszurichten. Sie wurde mit einem Gottesdienst gestaltet und einer Ansprache des Rektors der Duborg-Skolen.

Schalbauweise bereitet Probleme bei der Sprengung

An den Särgen sang Kammersänger Aksel Schiøtz das Lied „Sov sødt barnlile“ (Schlafe süß, kleines Kind). In den 1980er Jahren kauften die Stadtwerke Gebäude und Grundstück. Der alte Bau sollte weg. Der Plan: Kurzen Prozess sollten Sprengladungen mit dem Mauerwerk machen. Das allerdings hatte seine Tücken. Der Komplex war in Schalbauweise errichtet worden: Statt einer dicken Mauer zwei dünne, deren Zwischenraum mit Schlacke aufgefüllt war.

In dieser Schlacke verpuffte die Wirkung des Sprengstoffes. Was die Ladungen nicht schafften, besorgte – wenn auch etwas langsamer – ein Abbruchbagger im Juli 1986. Das war das Ende der ersten großen Brauerei im Stadtgebiet. Allerdings: die Kellermauern, wurden lediglich abgedeckt.

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