Bundesrat verschärft Regeln

Bauernverband warnt: „Es darf auf keinen Fall Gewalt geben“

Bauernverband warnt: „Es darf auf keinen Fall Gewalt geben“

Bauernverband warnt: „Es darf auf keinen Fall Gewalt geben“

Henning Baethge/shz.de
Dithmarschen
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Ausbringen von Gülle: In Schleswig-Holstein gelten bald auf zehn Prozent der Agrarflächen besonders strenge Düngevorschriften. Foto: Carsten Rehder/shz.de

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In einem langen Korso sind 100 Trecker immer wieder über die Hochbrücke von Brunsbüttel gefahren. Aus Solidarität mit ihren Kollegen in den Niederlanden. Es dürfte aber auch eine Warnung an Land und Bund gewesen sein.

Organisator der Demonstration war Johann Holtmeier, Landwirt in Dithmarschen. Er sagte: „Wir wollen uns mit den holländischen Kollegen solidarisieren.“ Ständig am Bürotisch entschiedenen Auflagen würden der Landwirtschaft mit aller Brutalität übergestülpt.

Auch Deutschland verschärft seine Düngeverordnung

In den Niederlanden demonstrieren die Landwirte, weil sie das Gefühl haben, als einzige die wirtschaftlichen Kosten für sauberes Grundwasser tragen zu müssen, zweifeln die Messungen an und fordern mehr Zeit für die Umstellung ihrer Betriebe. Auch Deutschland schärft nun seine Düngeverordnung nach – auf Druck der EU-Kommission.

Landwirte zweifeln Evidenz der Modelle der Politik an

Warum das bei den Bauern umstritten ist, erklärt Ludwig Hirschberg, Vorsitzender des Ackerbau-Ausschusses im Bauernverband: „Viele Betriebe haben bei ihren oberen Messpunkten saubere Bilanzen, müssten gar nicht reduzieren.“ Die Politik hingegen arbeite mit großräumigen Modellen von Grundwasserkörpern, ohne zu prüfen, ob ein Landwirt wirklich Überschüsse an Stickstoff abgebe.

Und Hirschberg warnt: „Es ist ein Trugschluss zu glauben, bei 20 Prozent weniger Stickstoffeintrag kämen auch 20 Prozent weniger unten an.“ So habe sich bei etlichen Biobetrieben gezeigt, dass sie bei deutlich schlechteren Erträgen mehr Stickstoff eintrügen, weil es weniger Biomasse gebe, die ihn binde. „Auch konventionelle Betriebe mit bislang guter Bilanz hätten bei einer Reduzierung der Düngung möglicherweise mehr Auswaschungen.“

Verschärfung darf nicht zur existenziellen Bedrohung für Betriebe führen

Wie Hirschberg betont, sei für Landwirte nicht die Frage, ob weniger Stickstoff eingetragen müsse, sondern wie. „Das darf nicht zur existenziellen Bedrohung für einzelne Betriebe werden.“

Scharf positioniert sich der Verein „Land schafft Verbindung“, eine Initiative, die etliche Bauernproteste organisiert hat. Gründerin Maike Schulz-Broers: „Wir halten die Verschärfung für ideologisch fragwürdig. Sie führt unweigerlich dazu, dass wir Nahrungsmittel nicht mehr in ausreichender Menge produzieren können.“

Bauernverband zu Protesten: Es darf auf keinen Fall Gewalt geben

Der Bauernverband hat den Protest in Dithmarschen aufmerksam registriert. Sprecherin Kirsten Hess sagt: „Wir haben nicht dazu aufgerufen, sind aber ebenfalls solidarisch mit den niederländischen Landwirten, nur darf es auf keinen Fall Gewalt geben.“

In den Niederlanden schoss ein Polizist auf einen Trecker

Seit dem dem 10. Juni protestieren niederländische Bauern teils gewalttätig gegen die Pläne der Regierung. Ein Polizist schoss auf einen Trecker, als der Fahrer, der 16 Jahre alte Jouke aus dem Dorf Akkrum, aus einem Konvoi ausscherte, um nach Hause zu fahren. Auch in einem weiteren Fall zog ein Polizist eine Waffe, steckte sie dann aber wieder weg. Zudem richtete ein Beamter seine Waffe auf einen Mercedes-Fahrer, der an einem Protest-Konvoi vorbeifahren wollte.

Die Schüssen des Polizisten erschüttern viele Landwirte

Johann Holtmeier aus Dithmarschen haben die Schüsse erschüttert: „Der Traktor wurde direkt am Kabinenholm getroffen, wäre der Holm nicht gewesen, dann wäre der junge Mann nicht mehr am Leben. Und das alles in Europa, wo man sagen kann, wir haben noch eine Demokratie aber das macht mir langsam Sorgen.“ Auch in den sozialen Medien werden die Schüsse scharf kritisiert.

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