Naturschutz

Beitrag zum Schutz der Meere: Folien statt Lackierungen für Schiffe

Beitrag zum Schutz der Meere: Folien statt Lackierungen für Schiffe

Schutz der Meere: Folien statt Lackierungen für Schiffe

Guido Behsen/shz.de
Großenbrode
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Im Trend: Eine frisch folierte Yacht. Foto: wind-und-wasser/shz.de

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Mikropartikel bedrohen die Tierwelt in den Ozeanen massiv. Zum Teil entstehen diese durch Abrieb von Schiffen. Ein Verfahren, das auf Folien statt Lackierungen setzt und in Schleswig-Holstein von ersten Anbietern verwendet wird, wirkt diesem Problem entgegen.

Wenn von der Verschmutzung und vom nötigen Schutz der Meere die Rede ist, dann geht es häufig um Plastikmüll, die Gletscherschmelze, die von Kreuzfahrt- und Containerschiffen verursachten Abgase. Ein weniger offensichtliches Problem sind Lackpartikel, die durch Verschleiß und Abrieb von Schiffen ins Wasser gelangen, dieses belasten und die Tierwelt bedrohen.

Eine Studie unter Beteiligung des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) und des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) hat außerdem ergeben, dass Partikel im Wasser auch Einfluss auf den Klimawandel haben.

Durch Mikropartikel in den Meeren und Ozeanen sei nämlich die „biologische Kohlenstoffpumpe“ gestört. Es werde der Wachstum von Blaualgen und Phytoplankton gehemmt. Doch diese Algen und das Plankton binden normalerweise Kohlendioxid in den oberen Schichten des Meeres. Wenn das Wachstum gehemmt werde, werde entsprechend weniger Kohlendioxid gebunden.

Dieser quasi unsichtbaren Gefahr durch Mikropartikel wirkt eine nachhaltige Technik entgegen: Folieren statt Lackieren. Auch in Schleswig-Holstein haben sich erste Anbieter auf dieses System spezialisiert.

Folien für Kreuzfahrtschiffe, Fähren, Windräder

Ortsbesuch an der Ostsee. In Großenbrode im Kreis Ostholstein liegt das kleine, aber besondere Boot von Florian Kelling. Die „Alive“ ist auf der einen Seite klassisch blau, auf der anderen Seite mit einer speziellen Grafik und am Heck mit einer Holzoptik lackiert. Moment, foliert! „Den Unterschied bemerkt kein Mensch“, stellt der Besitzer schmunzelnd fest.

Kelling hat sich diesen optischen Spaß erlaubt, denn das Folieren ist sein Geschäft. Der 48-Jährige aus Linau (Kreis Herzogtum Lauenburg) hat 2020 die Firma „Wind & Wasser“ mit Sitz in Hamburg gegründet, er hat eine Halle in Reinbek im Kreis Stormarn zur Verfügung, sein Boot in Großenbrode und foliert darüber hinaus, wo immer der Kunde es wünscht.

Seit zehn Jahren beschäftigt Kelling sich mit Foliensystemen für den maritimen Bereich. Damit ist er in Deutschland ein Pionier, während die Technik vor allem in den Niederlanden bereits deutlich verbreiteter ist. Zuvor zeichnete Kelling als Projektmanager unter anderem für das Logo der „Mein Schiff 2“ sowie für den Helgoland-Katamaran „Halunder-Jet“ verantwortlich, bevor dieser 2017 nach Seattle in die USA verkauft wurde. 

Zudem folierte er 2020 mit zertifizierten Höhenkletterern mehr als 20 Windkraftanlagen mit dem RWE Schriftzug. „Darum heißt die Firma auch ,Wind & Wasser‘, das sind die beiden Standbeine,“ erklärt Kelling (www.wind-und-wasser-hamburg.de).

Die Pflege erfolgt mit Wasser und neutraler Seife

Die Vorzüge der Folie für den Überwasserbereich liegen für ihn auf der Hand. Da sei vor allem der ökologische Aspekt. „Die Folien enthalten keine Lösungsmittel, man muss sie auch nicht polieren, die Pflege erfolgt mit Wasser und neutraler Seife“, erklärt er. Weder Oberflächenvorbereitung noch Trocknungszeiten seien nötig, mehrere Jahre Hochglanz gewährleistet.

Dann könne die Folie ohne Rückstände entfernt werden. Kelling: „Die landet in der gelben Tonne.“ Denn das gehöre natürlich auch zur Wahrheit: Die Folie ist aus PVC, einem weit verbreiteten Kunststoff von umstrittenem Ruf. Gesundheitsgefährdungen sind bei diesem Material heute nicht mehr zu befürchten, bei unsachgemäßer Entsorgung ist es allerdings erneut die Natur, die Schaden nimmt. „Deswegen sollten auch diese Arbeiten von einer professionellen Firma durchgeführt werden“, mahnt Kelling.

Ein klarer Vorteil sei der Kostenfaktor. „Da ist natürlich zunächst die Preiseinsparung von bis zu 50 Prozent im Vergleich zu einer konventionellen Lackierung“, rechnet Kelling vor. Zumal eine Rumpfbeschichtung je nach Schiffsgröße nur zwei bis vier Tage dauern würde. „Für eine 40-Fuß-Yacht haben wir zuletzt drei Tage gebraucht“, so Kelling. „Und ob wir fünf oder 5000 Quadratmeter folieren, das Prinzip bleibt das gleiche.“

Unterwasser-Folierungen sind teurer, aber auch langlebiger

Der Schutz der Umwelt beginnt dem Fachmann zufolge vor allem unter Wasser. Die sogenannte Antifoulingfolie garantiere keinerlei Abrieb und somit keinen Schaden für die Meere, „und zwar mindestens fünf Jahre lang“, berichtet Kelling. Zuvor sei einer einmalige Grundierung von Nöten.

Im Gegensatz zur kostengünstigen Überwasser-Folie sei dieses Produkt allerdings noch „sehr teuer“, räumt der Folierer ein. 120 Euro würden für den Quadratmeter fällig, selbst bei einer relativ kleinen Fläche von rund 15 Quadratmeter wären das 1800 Euro. Aufgrund der langen Lebensdauer würde sich die Technik trotzdem rechnen, erst recht im Industriebereich: „Spriteinsparungen wegen des besseren Gleitens und kürzere Docking-Zeiten sind klare Vorteile.“

Der Klebstoff steckt in kleinen Blasen in der Folie

Das Bekleben sei nicht einmal zwingend „Winterarbeit“, sondern könne jederzeit und überall erfolgen. „Der Markt wird nach vorne gehen“, ist Kelling darum überzeugt.

Und wie funktioniert das Prinzip generell? „Im Grunde in einem Schritt“, antwortet Kelling. „In der Folie sind kleine Blasen, gefüllt mit Kleber. Durch den Druck während der Applikation zerplatzen die Blasen, die Folie hält. Fönen, versiegeln, fertig.“ Klingt einfach, ist aber natürlich eine Arbeit für erfahrene Profis.

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