Encrochat-Prozess am Landgericht

Bewaffneter Drogenhandel: Mehrere Jahre Haft für Dealer aus Flensburg

Mehrere Jahre Haft für Dealer aus Flensburg

Mehrere Jahre Haft für Dealer aus Flensburg

SHZ
Flensburg
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Der Angeklagte hatte unter anderem mit Kokain gehandelt. Foto: Christian Charisius/dpa

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Wegen Wiederholungsgefahr muss der Angeklagte seine Zeit bis zum Haftantritt weiterhin im Gefängnis verbringen.

Der 32-Jährige wirft ein lässiges „Peace“-Zeichen in Richtung voll besetzter Besucherränge, als er den Gerichtssaal im Flensburger Landgericht betritt. Oder meint er die Geste als Siegeszeichen? Später wird der Beschuldigte jedenfalls im Saal zu seinen Freunden sagen, dass das Urteil „das Beste ist, was wir hätten erreichen können.“

Am Montag wurde der Flensburger vor der Großen Strafkammer unter anderem wegen des bewaffneten Handels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und Hehlerei zu sechs Jahren Haft verurteilt. Als Beweise dienten für einige der angeklagten Taten die verschlüsselten Nachrichten über ein Handy des Anbieters Encrochat, die im vergangenen Jahr von französischen Behörden abgefangen wurden. Das Ergebnis sind Tausende Ermittlungsverfahren gegen Drogenhändler in der ganzen Bundesrepublik.

Auch am Flensburger Landgericht sind in diesem Jahr bereits einige Täter auf Basis dieser Nachrichten verurteilt worden: Viele von ihnen zu mehrjährigen Haftstrafen.

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Im Verfahren gegen den 32-jährigen Flensburger ordnete das Gericht zudem die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an: Sollte der Dealer, der laut Gutachten selbst drogensüchtig ist, die Therapie erfolgreich absolvieren, könnte er unter Umständen schon früher aus der Haft entlassen werden.

Drogenhandel um den Konsum zu finanzieren

Die Drogenabhängigkeit wertete die Kammer als einen Beweggrund für den Angeklagten, seine Straftaten zu begehen. „Wir haben das anfangs anders eingeschätzt. Wir haben gedacht, dass sie eher ein Party-Konsument sind“, sagte der Richter. Das Gutachten habe jedoch gezeigt, dass eine Suchterkrankung vorliege: „Das ist ein gewichtiger Gesichtspunkt.“

Der Flensburger hatte in den meisten Fällen einen Teil des erworbenen Kokains, Marihuanas oder Amphetamins gewinnbringend weiterverkauft und den anderen Teil zum Eigenkonsum behalten.

Bei einer Tat, bei der es um die Fahrt von 30 Kilo Amphetamin aus Flensburg nach Kopenhagen ging, wurde der 32-Jährige zudem nur wegen Beihilfe verurteilt: Der Angeklagte habe lediglich die Kuriertätigkeit ausgeführt und daher eine untergeordnete Rolle gespielt, so der Richter.

Drogen und Waffen als Zufallsfund

Ursprünglich waren die Drogen bei dem Flensburger eher zufällig im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens wegen Hehlerei entdeckt worden: Bei einer Wohnungsdurchsuchung im Jahr 2016 fanden die Polizeibeamten nicht die gesuchte Hehlerware, sondern unter anderem Amphetamin und diverse Waffen. Der Richter sprach von einem regelrechten Arsenal, dass der Angeklagte gepflegt habe: Die Rede war von einem Dolch, einem Schwert, einem Schlagstock und diversen Messern.

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Das Verfahren zog sich jedoch derart hin, dass das Gericht vier Monate der nun angeordneten Haftstrafe als bereits vollzogen wertete. „Wir müssen uns an die eigene Nase fassen und einräumen, dass es eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung gegeben hat“, erklärte der Richter.


Allerdings handelte der Flensburger auch 2020 und 2021 weiter mit Drogen, was schließlich im April dieses Jahres zur erneuten Wohnungsdurchsuchung (bei der wieder Waffen gefunden wurden) und zu seiner Verhaftung führte.

Das wertete die Kammer, neben dem Waffen-Arsenal, strafschärfend: „Das ist ein wesentlicher Punkt, der zu Ihren Lasten geht: Dass Sie die Taten begangen haben, als sie schon unter Anklage standen. Das sehen wir natürlich nicht so gerne“, so der Richter.

Bevor das Urteil rechtskräftig ist, hat der Angeklagte eine Woche Zeit, in Revision zu gehen. Bis zum Antritt seiner Strafe bleibt er jedoch wegen Wiederholungsgefahr weiter in Haft.

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