Sommerurlaub

Camping vor dem Citti-Park: Wer macht denn hier Urlaub?

Camping vor dem Citti-Park: Wer macht denn hier Urlaub?

Camping vor dem Citti-Park: Wer macht denn hier Urlaub?

Inga Gercke/shz.de
Flensburg
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Ein Wohnmobilstellplatz in Flensburg. Dicht an dicht stehen hier die Fahrzeuge. Foto: Inga Gercke/shz.de

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Immer mehr Wohnmobile sind in SH unterwegs. Eine beliebte Alternative zum Campingplatz ist ein Wohnmobilstellplatz. Die sehen nicht immer nach Urlaub aus. Warum wird neben Müllcontainern oder auf Parkplätzen trotzdem gecampt? Wir haben uns umgehört.

Jannie Nanninga macht einen langen Hals, kneift ihre Augen zusammen und versucht das Kennzeichen des vorbeifahrenden Wohnmobils zu erkennen: „Ah, ein Spanier“, sagt sie mit ihrem holländischen Dialekt zu ihrem Mann. Auch Ludwig Nanninga guckt dem Wohnmobil hinterher. „Ja“, sagt er, „jeder muss zuerst an uns vorbei. Wir haben einfach den besten Platz“. Gemeint ist damit die erste Parkbucht neben der Einfahrt zum Wohnmobilstellplatz in Flensburg, genau gegenüber vom Citti-Park. Egal wohin man sich dreht: überall nur Wohnmobile.

Die Nanningas kommen aus der Grafschaft Bentheim, direkt an der niederländischen Grenze. Nach einem vierwöchigen Trip durch Norwegen, Schweden und Dänemark sind sie nun in Flensburg gestrandet. Laut der App „park4night” stehen hier 50 Plätze zur Verfügung. Eingekesselt von Tankstelle, Einkaufszentrum und Industriegebiet reihen sich auf dem betonierten Platz zig Camper dicht aneinander, zwischen den Fenstern ist teilweise nur ein Meter Platz. Sieht Urlaub nicht irgendwie anders aus?

Camper spülen Geld in die Kassen

„Es ist wunderbar hier“, sagt der 71-Jährige – und er meint das ernst. „Wir shoppen gerne, und hier ist das wunderbar. Im Citti-Park kann man einfach alles kaufen. Von der Petersilie-Packung gibt es gleich drei verschiedene Größen und meine Frau hat heute eine neue Batterie in ihre Armbanduhr bekommen.“ 50 Euro pro Camper ließen Urlauber am Tag an dem Ort, wo sie gerade sind, sagt er. Die Nähe zum Citti-Park sei also keinesfalls zufällig.

Jannie Nanninga zieht die dunkle Fliegengittertür ran, „soll ja nicht jeder reingucken“, sagt sie. Die beiden aber haben durch ihre große Frontscheibe und den „besten Platz“ alles im Blick.

Und wie sind die Nachbarn so? „Das wissen wir nicht. Geht uns ja auch nichts an, was die so machen“, sagt Ludwig Nanninga. Auch die Chance, abends nett beisammen zu sitzen, sei auf einem Wohnmobilstellplatz nicht unbedingt gegeben. Es ist nämlich verboten, die Markise ausfahren oder Stühle rauszustellen.

Fremde klopfen ans Wohnmobil

Eine Kleinigkeit haben die beiden an ihrer Poleposition dann doch auszusetzen: „Es haben schon Leute geklopft und nach einem Corona-Test gefragt“, sagen sie. Denn genau vor ihrem Wagen und direkt an der Straße hängt ein großes Banner mit der Aufschrift „Kostenloser Covid-19 Schnelltest“.

Aber mit lauten Geräusche hätten sie kein Problem, sagen sie, als ein Krankenwagen mit Sirene vorbeifährt.

Ruhiger Stellplatz irgendwo im Nirgendwo

Über Lärm von vorbeifahrenden Fahrzeugen macht man sich auch 40 Kilometer weiter nordwestlich, in Süderlügum direkt an der dänischen Grenze, keine Gedanken. Hier steht Camper Klaus Henseliet. Sein Fahrzeug wirkt auf dem großen leeren Parkplatz fast etwas einsam, absolutes Kontrastprogramm zum Flensburger Stadtplatz.

Der 81-jährige Rentner wohnt in seinem Wohnmobil, kennt viele Stellplätze in Schleswig-Holstein. „Den hier mag ich sehr, weil es so schön ruhig ist.“ Ab und an komme die Müllabfuhr, das war es aber, so Henseliet. „Ich bin oft hier. Manchmal kommen auch Leute vorbei, die dann kurz schnacken wollen, man kennt mich halt schon.“

Da rollt plötzlich ein neues Wohnmobil auf (s)einen Parkplatz. Eine Frau und ein schwarzer Hund steigen aus. Der Hund pinkelt auf ein Grasstück. „Da“, sagt er und zeigt mit dem Finger auf das Duo, „das geht gar nicht. Es wird immer schlimmer. Die Leute lassen auch oft ihren Müll einfach liegen“.

Ruhiger Stellplatz an der Grenze zu Dänemark

Die Frau heißt Almuth Facius. Mit ihrem Mann ist die 65-Jährige bereits seit sechs Wochen unterwegs. Wie auch das Ehepaar Nanninga waren sie in Norwegen. Nun sind sie auf dem Heimweg Richtung Harz. „Wir haben überlegt, wo wir heute Nacht schlafen könnten, und da ist mir dieser Platz direkt wieder eingefallen“, sagt Horst Facius. Vor zwei Jahren hätten sie schon einmal hier übernachtet. „Wirklich, das fiel mir direkt wieder ein, das war so schön ruhig hier“, so der 67-Jährige.

Auf der gegenüberliegenden Seite des großen Parkplatzes steht das Wohnmobil von Klaus Henseliet. Dazwischen, es hat ein bisschen was von Gartenzaun, ein Grünstreifen. Trotz oder gerade wegen der Weitläufigkeit hat hier jeder jeden im Blick.

Der Platz in Süderlügum ist offiziell für fünf Wohnmobile ausgeschrieben, aber das Schild ist irgendwie abhandengekommen. Kostenlos ist er auch, dafür gibt es hier im Gegensatz zum Flensburger Stadt-Stellplatz keine Möglichkeit, sein Dreckwasser loszuwerden. „Das ist halt kein Campingplatz“, sagt Horst Facius.

Campingplatz und Wohnmobilstellplatz – der Unterschied

Der Unterschied zwischen so einem Stellplatz und einem Campingplatz ist, dass Stellplätze häufig kostenlos, zumindest aber günstiger als Campingplätze sind. Allerdings muss man dafür auch Abstriche machen. Keine Sanitäranlagen, keine Rezeption, Strom und Wasser sind nicht immer vorhanden, auch das Loswerden des Abwassers ist nicht immer gegeben.

Und: „Man muss auch Glück haben, wenn ein Platz voll ist, dann hat man Pech.“ Für die Facius aber kein Grund, auf einen Campingplatz zu fahren. Seit 36 Jahren fahren sie campen und nur einige Male waren sie auf einem Campingplatz. „Wir mögen es einfach in der Natur“, sagt Almuth Facius. So dicht an dicht, das wäre nichts für sie.

Immer mehr Wohnmobile unterwegs

So unterschiedlich Jannie und Ludwig Nanninga, Almuth und Horst Facius sowie Klaus Henseliet auch sein mögen, sie alle sind überzeugte Wohnmobilisten. Und von denen gibt es immer mehr – vor allem die Deutschen haben die bewohnbaren Fahrzeuge für sich entdeckt. Dem Statistik-Portal Statista zufolge gab es 2020 bundesweit rund 78.000 Neuzulassungen von Reisemobilen. Allein im vergangenen Mai wurden rund 8.900 Reisemobile zugelassen, dagegen nur 3.200 Wohnwagen.

Und verstehen sich die Wohnmobilisten mit den Wohnwagen-Campern? Oder sind das zwei unterschiedliche Communitys? Bei der Frage fängt Ludwig Nanninga verdächtig laut anzulachen. „Nein“, sagt er. Wirklich? „Ne ne, so ist das nicht.“ Wie auch immer, am Ende gehe es allen ums Campen, und das kann ganz unterschiedlich aussehen. So unterschiedlich wie die Stellplätze und ihre Gäste.

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