Zuwanderung

Corona-Krise hält Flüchtlinge in Schleswig-Holstein

Corona-Krise hält Flüchtlinge in Schleswig-Holstein

Corona-Krise hält Flüchtlinge in Schleswig-Holstein

SHZ
Kiel
Zuletzt aktualisiert um:
Das Landesamt für Ausländerangelegenheiten hält trotz Corona an Abschiebungen fest, verzeichnet aber eine sinkende Erfolgsquote. Foto: dpa/shz.de

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Die Zahl der eigentlich sofort ausreisepflichtigen Flüchtlinge in Schleswig-Holstein ist während der Pandemie gestiegen. Freiwillige Rückreisen finden seltener statt, die Quote gescheiterter Abschiebungen nimmt zu.

Die Zahl abgelehnter Flüchtlinge, die Schleswig-Holstein wieder verlassen, ist durch die Corona-Krise deutlich zurückgegangen. Das geht aus einer Antwort des Innenministeriums auf eine Kleine Anfrage des AfD-Landtagsabgeordneten Claus Schaffer hervor.

Auch interessant: Flüchtlingszahlen in SH steigen sprunghaft an – Unterkünfte am Limit

Waren 2019 noch 757 Personen freiwillig in ihr Herkunftsland ausgereist, taten das 2020 nur noch 325 und in diesem Jahr bis Ende September ganze 170. Das Ministerium erklärt das mit der „weltweiten Pandemie und den damit verbundenen Einschränkungen“. Insbesondere betreffe das fehlende Flugverbindungen „und/oder eine mangelnde Aufnahmebereitschaft der Zielländer“.

Zwar mehr Abschiebungen, aber mit weniger Erfolg

Zwar stieg wiederum die Zahl der Abschiebungen moderat von 206 im Jahr 2020 auf 385 in den ersten neun Monaten 2021 – zugleich nahm die Quote der fehlgeschlagenen Versuche zu – von 37,4 auf 50 Prozent. Erfolgreich durchgesetzt wurden im vergangenen Jahr 129 und bis einschließlich September des laufenden Jahres 192 Abschiebungen.

Auch interessant: 451 neue Geflüchtete als Asylsuchende in SH registriert

Als Ursachen für vielfaches Scheitern listet das Ressort von Sabine Sütterlin-Waack (CDU) „vielfältige“ Faktoren auf: das Untertauchen von Personen, gefolgt von medizinischen Gründen und aktivem oder passivem Widerstand oder auch hier Corona-bedingt der Streichung von Flügen.

12.739 Flüchtlinge müssten eigentlich sofort ausreisen

Alles in allem hielten sich Ende September 2021 in Schleswig-Holstein 400 mehr Flüchtlinge mit einer sofort vollziehbaren Ausreisepflicht auf als Ende des Vorjahres: insgesamt nach den jüngsten Angaben 12 739.

Landesregierung hält an Rückkehrpolitik fest

Ungeachtet der anhaltenden Verwerfungen durch die Pandemie will die Landesregierung sich „auch weiterhin für eine nachhaltige Rückkehrpolitik starkmachen“, wie das Innenministerium in seiner Antwort auf die Anfrage des Parlamentariers erklärt. Dazu gehöre neben der Förderung der freiwilligen Rückkehr auch „die nachhaltige Reintegration im Herkunfts- bzw. Aufnahmeland“. Dies sei „zukunftsorientiert zu betrachten und nicht auf die Zeit der aktuellen pandemischen Lage zu beschränken“.

Der Landesbeauftragte für Flüchtlinge, Stefan Schmidt, betont nach Rückmeldungen aus Beratungsstellen, dass nicht nur gestrichene Flüge und eine gesunkene Aufnahmebereitschaft der Herkunftsländer Rückreisen bremsen, sondern „dass nachvollziehbarerweise die Covid-19-Pandemie auch die Motivation der Betroffenen senkt, freiwillig auszureisen“.

Auch interessant: Mehr Flüchtlinge erwartet: Amt Eiderstedt sucht Wohnungen und startet Aufruf an Bürger

Wenn es so sein sollte, dass auch von behördlicher Seite in Schleswig-Holstein Ausreisen in der Pandemie weniger stark betrieben werden, hielte Schmidt das „zur Eindämmung der globalen Krise für sinnvoll“. Es müsse aber auch berücksichtigt werden, dass sich die Gefährdungslage in einigen Herkunftsländern verschlechtert habe: neben Afghanistan etwa im Nordirak oder Armenien.

Nach Einschätzung des Innenministeriums sind ausreisepflichtige Personen angesichts der weltweiten Verbreitung der Pandemie „nicht zuletzt angesichts der aktuellen bundesweiten Infektionszahlen in ihrem Herkunftsland grundsätzlich keinem höheren Infektionsrisiko ausgesetzt“ als in der Bundesrepublik. Zudem stehe es den Betroffenen frei, sich vor ihrer Ausreise impfen zu lassen.

Flüchtlingsbeauftragter setzt auf Koalitionsvertrag im Bund

Der Flüchtlingsbeauftragte findet es angesichts der Corona-Lage „umso wichtiger, die Menschen, die eine Möglichkeit zur legalen Aufenthaltsverfestigung haben, darin zu unterstützen“. Deshalb begrüßt er es, dass der Koalitionsvertrag der künftigen Bundesregierung eine deutliche Erleichterung des Bleiberechts vorsieht. Er spricht sich dafür aus, dass bei Personen, auf die die neuen Regeln absehbar zutreffen, Abschiebebehörden nicht „noch im Vorwege Tatsachen geschaffen werden“.

Im welchem Umfang die Behörden Sanktionen ergreifen, wenn sich Ausreisepflichtige einer Abschiebung entziehen, ließ das Kieler Innenministerium auf redaktionelle Nachfrage hin offen. Es erklärte lediglich, dass in diesen Fällen eine Kürzung von Sozialleistungen in Betracht kommt oder die Betroffenen in Ausreisegewahrsam zu nehmen. Abschiebehaft ist möglich, sofern Fluchtgefahr besteht.

Mehr lesen