Öffentlicher Nahverkehr in SH

Darum ist das 9-Euro-Ticket schwer zu kontrollieren

Darum ist das 9-Euro-Ticket schwer zu kontrollieren

Darum ist das 9-Euro-Ticket schwer zu kontrollieren

SHZ
Kiel
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Zugschaffner und Busfahrer werden es im Sommer schwer haben, den Überblick zu behalten. Foto: DPA/shz.de

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Warum Busfahrer und Zugschaffner in Schleswig-Holstein in den nächsten drei Monaten großzügig sein werden. Und welche zusätzlichen Züge und Busse im Land geplant sind.

Wenn der Bundesrat am Freitag grünes Licht gibt und in den drei bevorstehenden Sommermonaten das Neun-Euro-Monatsticket für den bundesweiten Nahverkehr kommt, dann werden Busfahrer und Bahnschaffner im Urlaubsland Schleswig-Holstein vor einer großen Herausforderung stehen: Nicht nur ist auf einigen Linien ein stärkerer Andrang als sonst zu erwarten. Vielmehr wird auch die Ticketkontrolle komplizierter.

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Denn etliche Feriengäste werden das Neun-Euro-Ticket gar nicht haben, aber dürfen im Juni, Juli und August trotzdem kostenlos Bus und Regionalbahn fahren – wenn sie nämlich ohnehin schon eine Monats- oder Jahreskarte ihres heimatlichen Verkehrsverbunds oder ein Semesterticket ihrer Hochschule besitzen und vorzeigen.

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Für die Bus- und Bahnbetriebe ist das ein großes Problem, weil es allein rund 140 verschiedene Verkehrsverbünde in Deutschland gibt – vom Verbund Ems-Jade über den Aachener Verkehrsverbund oder den Verbund Oberlausitz-Niederschlesien bis zur Verkehrsgemeinschaft Garmisch-Partenkirchen. Hinzu kommen noch mal gut 100 verschiedene Semestertickets an Hochschulen. Da kann ein Busfahrer oder Zugschaffner kaum den Überblick behalten und feststellen, ob es sich gerade um ein gültiges, ungültiges oder gar falsches Ticket handelt.

Entschieden wird „im Zweifel für den Fahrgast“

„Unsere Leute können zwar eine Busfahrkarte von einem Hundepass unterscheiden – aber wir können ihnen nicht in der Kürze der Zeit beibringen, wie hunderte verschiedene Monatstickets aussehen“, sagt Paul Hemkentokrax, Vizechef des Verkehrsunternehmensverbands VDV Nord, zu dem die öffentlichen Busbetriebe und mehrere kleinere Bahnunternehmen gehören. Daher werde das Personal „im Zweifel für den Fahrgast entscheiden“, verspricht Hemkentokrax, der auch Chef von Aktiv Bus Flensburg ist.

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Ohnehin wird im Sommer für Kontrollen wegen des erwarteten Ansturms auf Busse und Bahnen noch weniger Personal zur Verfügung stehen als sonst. „Ein Bus mehr auf der Straße ist uns dann wichtiger als Fahrscheinkontrollen“, sagt Hemkentokrax. So wolle man diejenigen Busse öfter fahren lassen, die sonst nur als Schulbusse dienen – vorausgesetzt man finde Fahrer.

Ganz verzichten wollen die Betriebe auf Kontrollen nicht

Eine gewisse Großzügigkeit können sich die Verkehrsbetriebe auch deshalb leisten, weil der Bund ihnen im Sommer Einnahmen in Höhe des letzten Vor-Corona-Sommers garantiert. Soweit ihre Erlöse unter diesem Niveau bleiben, werden sie vom Staat aufgestockt. Ganz verzichten auf den Check von Fahrkarten wollen die Betriebe trotzdem nicht: „Wenn wir noch Personal übrig haben, werden wir auch kontrollieren – schon um zu wissen, wer da mit welchem Ticket unterwegs ist“, erklärt Hemkentokrax.

Die Deutsche Bahn antwortet nicht auf die Frage, ob und wie sie die vielen unterschiedlichen Tickets überprüfen will. „Die letzten Details zur Umsetzung des Neun-Euro-Tickets stehen erst am 20. Mai fest, wenn es im Bundesrat verabschiedet wird“, sagt eine Bahnsprecherin.

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Klar ist aber, dass auch das Angebot auf der Schiene im Land im Sommer etwas ausgeweitet wird. So soll nicht nur wie berichtet die Marschbahn zwischen Hamburg und Sylt mit einem Doppelstockzug verstärkt werden. Vielmehr will Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Bernd Buchholz auch an der Ostsee an Wochenenden einen Zug zusätzlich zwischen Lübeck und Scharbeutz einsetzen lassen und so einen Halbstundentakt schaffen. Zudem sollen ebenfalls sonnabends und sonntags zwischen Kiel und Lübeck, Kiel und Husum sowie Itzehoe und Hamburg in vielen Fällen Doppeltriebwagen fahren statt nur einfache.

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