Schleswig-Holstein

Deutschlands Kühe belasten das Klima weniger mit Methan als gedacht

Deutschlands Kühe belasten das Klima weniger mit Methan als gedacht

Kühe belasten Klima weniger mit Methan als gedacht

Torsten Roth
Flensburg/Flensborg
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Hinterlassen einen kleineren Treibhausgasfußabdruck als angenommen: Nutztiere in Deutschland (Symbolbild) Foto: Boris Roessler/dpa

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Die Klimabelastung der deutschen Viehwirtschaft ist niedriger als bisher angenommen. Was die Wissenschaftler Björn Kuhla und Gunther Viereck aus Dummerstorf herausgefunden haben.

Entwarnung im Kuhstall: Die von Nutztieren freigegebene klimaschädliche Methanbelastung fällt in Deutschland niedriger aus als bisher angenommen. Berechnungen zweier mecklenburgischer Wissenschaftler zufolge stoßen die bundesweit gehaltenen Rinder und Schweine sogar weniger Methan aus als vor Beginn der Erderwärmung vor mehr als 100 Jahren.

Von den Forschern Björn Kuhla und Gunther Viereck vom mecklenburgischen Forschungsinstitut für Nutztierbiologie Dummerstorf (FBN) im Landkreis Rostock gerade in der internationalen Fachzeitschrift Science of the Total Environment veröffentlichten Untersuchungsergebnissen zufolge sind die Emissionen nicht größer als am Ende des 19. Jahrhunderts. Die Analyseergebnisse räumten mit dem Trugschluss auf, die Tierbestände in Deutschland seien Klimasünder oder gar -killer, erklärte Kuhla. Methan ist nach Kohlendioxid (CO2) das zweitschädlichste Treibhausgas und für die Erderwärmung mitverantwortlich. Methan entsteht bei der Verdauung der pflanzlichen Nahrung. Rinder rülpsen und pupsen es buchstäblich in die Atmosphäre.

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Klimaziele in greifbarer Nähe

Die Analyseergebnisse lassen aufhorchen: Seit 2003 sind die Methan-Emissionen in der deutschen Nutztierhaltung geringer als 1892. Kuhla und Viereck haben auf der Grundlage von Viehzählungen in der Vergangenheit und mit Hilfe von standardisierten Schätzgleichungen die Methanemissionen von Nutztieren im Deutschen Kaiserreich mit heutigen Werten vergleichbar gemacht.

„Unsere Studie zeigt, dass die von der Bundesregierung angestrebten Klimaziele im Nutztierbereich in greifbarer Nähe sind“,

meinte Kuhla. Die jährlichen Methanemissionen aus der Viehhaltung betrugen 1892 ganze 1.060.000 Tonnen. Das Emissionsziel von 853.000 Tonnen für 2030 liegt damit 207.000 Tonnen unter dem Niveau von 1892. Von 1990 bis 2021 gingen die Methanemissionen In Deutschland aus der Verdauung von Nutztieren um 390.000 Tonnen auf 930.000 Tonnen zurück.

Mehr Menschen mit weniger Tieren versorgt

Einen Grund dafür sehen die beiden Forscher in der starken Abnahme der Tierzahlen bei Rindern, Schafen und Ziegen. Die Versorgung der in den vergangenen 130 Jahren von 35 auf 85 Millionen gewachsenen Bevölkerung auf deutschem Gebiet sei durch höhere Leistungen der Tiere und mehr Effizienz in der Tierhaltung mit einer geringeren Anzahl an Tieren gewährleistet worden, erklärte Kuhla. Dadurch seien die Methanemissionen gleichzeitig zurückgegangen. Deutschland verfolgt in seinem Klimaschutzgesetz das Ziel, bis 2045 Treibhausgasneutralität zu erreichen. Dafür müssen die Emissionen aller Bereiche bis 2030 um 65 Prozent gegenüber 1990 reduziert werden.

Großer Fußabdruck in Viehstall

Die beiden mecklenburgischen Forscher sehen vor allem im Abbau von Überbeständen in der Tierhaltung Chancen, die Emissionen weiter zu senken – vor allem in der überlasteten Schweinehochburg Niedersachsen und in den vollen Kuhställen in Bayern. Derzeit wird den Angaben zufolge jedes fünfte Schwein in Deutschland nicht für die Ernährung der Bevölkerung gebraucht.

Mit einer Reduzierung der Schweinebestände um 20 Prozent könnten 5000 Tonnen Methan pro Jahr eingespart werden, rechneten die Wissenschaftler vor. In den Schweineställen würde für den Export produziert. „Damit hinterlässt Deutschland einen großen Fußabdruck an Emissionen, ohne dass die Produktion der Ernährung der Bevölkerung im Land zugutekommt“, meinte Kuhla.

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Effizienzsteigerung an der Sättigungsgrenze

Bestände, die für die eigene Ernährung nicht gebracht werden, müssten abgebaut, die für die Landschaftspflege und die Versorgung der Bevölkerung notwendigen hingegen erhalten bleiben. Auch bei den Rindern gebe es Möglichkeiten, die Methanemissionen zu verringern. Der Selbstversorgungsgrad mit Milch betrage in Deutschland 112 Prozent. Eine Reduzierung der Bestände würde weder die Ernährungssicherheit gefährden, noch Ernährungsgewohnheiten in Frage stellen. Eine weitere Steigerung der Effizienz in den Ställen hätte hingegen nur wenige Effekte. Da sei eine Sättigungsgrenze erreicht, sagte Kuhla. Eine weitere Steigerung ginge nur auf Kosten der Emission anderen Sektoren in der Landwirtschaft.

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