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Direkt, ehrlich, menschlich: Bernd Albig von der „Fährschenke“ in Kappeln

Direkt, ehrlich, menschlich: Bernd Albig von der „Fährschenke“ in Kappeln

Kappender Original: Bernd Albig von der „Fährschenke“

Doris Ambrosius/shz.de
Kappeln
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Foto: Doris Ambrosius/shz.de

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Von der kleinen Kneipe zum guten Restaurant am Hafen in Kappeln hat Bernd Albig seine „Fährschenke“ weiterentwickelt. Der beliebte Wirt ist in der Gastronomie ausgewachsen und hat viel erlebt, von Schlägereien bis zu Fußball-Festen.

Der 74-jährige Gastronom und Koch Bernd Albig von der „Fährschenke“ am Kappelner Hafen lebt seinen Beruf mit Herz und Seele und bereut nichts. „Nein, ich würde es immer wieder genauso machen“, sagt er nach rund 64 Jahren erfülltem Gastronomieleben. Mit 10 Jahren half er nämlich schon nach der Schule im elterlichen Betrieb „Engelsby“ in Flensburg mit. Damals eine Restaurantkneipe, heute ein Griechisches Restaurant.

Vater hatte „Strip-Schuppen“ in Kappeln

Als sein Vater später 1970 in Kappeln einen „Strip-Schuppen“ aufbaute, war er gerade 22 Jahre jung. „Alle waren davon begeistert“, erinnert er sich, „vor allem die Kappelner“, verrät er augenzwinkernd und erzählt, dass es heute noch Menschen gäbe, die ihn fragen, ob er nicht der von dem alten „Schweinekino“ wäre. „Ich musste damals immer aufpassen, nicht jemanden zu grüßen, den ich „eigentlich“ gar nicht kennen durfte“, ergänzt er mit einem spitzbübischen Lächeln.

Regelmäßige Schlägereien und zerstörtes Mobiliar

Um weitere Erfahrungen zu sammeln, arbeitete er auch in Sylt, in Düsseldorf oder Goslar, bevor er sich in Kappeln selbstständig machte. Seine Ausstrahlung und die Art und Weise, wie er spricht, lassen durchblicken, dass dieser Mann nicht nur viel gesehen, sondern vor allem viel erlebt hat, was nicht immer einfach war. Vor allem in Zeiten, in denen es nicht nur regelmäßig Schlägereinen in seiner Kneipe gab, sondern seine Einrichtung, Türen, Stühle, Tische, Fenster, Gläser und vieles mehr, hin und wieder erneuert werden musste.

Warum er selbst nie Schaden nahm, fasst sein langjähriger Mitarbeiter Gunnar Frye (54) zusammen:

Sein Chef und Freund gehe zum einen immer dazwischen, wenn es brenzlig werde, und zum anderen sei er sehr menschlich, so dass jeder zu ihm kommen könne. „Und er ist direkt, ehrlich und absolut vertrauenswürdig, vor allem dafür ist er bekannt und beliebt“, sagt Frye.

1980er-Jahre waren schönste Partyzeit

Trotz allem, was zu Bruch ging, seien die zehn Jahre zwischen 1981 und 1991 mit die schönste Partyzeit gewesen, da sind sich beide einig. Vor allem zur Weltmeisterschaft 1990, als man die einzige Kneipe war, die aufhatte. „Die Menschen standen auf der Brücke und vor unserem Laden. Geld wurde über viele Hände rein getragen und das Bier ging auf gleichem Weg hinaus. „Nichts ging verloren“, ist Bernd Albig heute noch fasziniert von dieser Nacht.

Aber die Zeiten änderten sich, die Konkurrenz schlief nicht. Um auf dem Markt weiterhin gut bestehen zu können, musste man sich vergrößern. „Wir pachteten zwei Räume drumherum dazu und so wurden aus 56,7 plötzlich über 100 Quadratmeter .“ 14 Tage machte die „Fährschenke“ für den Umbau zu und die urige kleine Kneipe wurde zu einem großen Kneipenrestaurant mit einem guten Speisenangebot. Doch erstmal kam die Ernüchterung. „Die alten Gäste fanden es nicht mehr gut, und neue gab es noch nicht“, sagt Albig und kann sich noch gut erinnern, dass es bis zur Annahme seine Zeit brauchte.

Neuer Erfolg mit richtig guter Küche

Er selbst hatte sich seitdem auf die Küche spezialisiert und nach und nach aus dem Kneipenschuppen ein richtig gutes Restaurant gemacht. „Aber drinnen am Tresen sitzen immer noch gerne viele Menschen“, erklärt er. Und das findet er auch gut, zapft gerne selbst und hat so immer noch persönlichen Kontakt zu seinen Gästen.

Privat sei er ein sehr ruhiger Mensch, denn Party hätte er im Beruf genug. Viel Zeit nur für sich selbst hatte der zweifache Vater kaum, denn sein Tag endete oft erst morgens um 11, „und um 17 Uhr stand ich schon wieder im Laden.“ Dieser wundervolle Kontakt zu den Menschen jeden Alters, ist das, was ihm soviel Freude schenkt. Ausgleich findet er in Spaziergängen, beim Fahrradfahren und Angeln. „Das war etwas Gutes, was Corona mit sich brachte: Man hatte einfach mal mehr Zeit für sich selbst“, meint er, und erzählt auch, wie der Laden durch den außer Haus Verkauf trotz der Lockdowns weiterlief.

Dankbar für treue Gäste in Kappeln

„Das muss ich den Kappelner lassen und herzlich dafür danken, denn die haben uns nicht im Stich gelassen und weiter bei uns bestellt, so dass wir diese Zeit überleben konnten.“ Und ganz besonders möchte er auch Familie Sachser, seinen Vermietern danken. „Das sind die besten Vermieter, die man haben kann und die sich jeder wünscht.“

Immer wieder tauchen Gerüchte auf, dass er den Laden abgibt, welche er in den letzten Jahren immer dementiert hat. „Aber so langsam darf gerne jemand kommen, und mich ablösen“, gibt er zu und sagt, dass es vielleicht doch langsam Zeit sei, sich auf die Rente vorzubereiten.

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