Weihnachten

Driving Home for Christmas – Countdown mit Lkw-Fahrern auf einem A7-Rastplatz in SH

Countdown mit Lkw-Fahrern auf einem A7-Rastplatz in SH

Countdown mit Lkw-Fahrern auf einem A7-Rastplatz

Inga Gercke/shz.de
Flensburg
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Auf den Raststätten geht es derzeit vor allem darum: Rechtzeitig nach Hause kommen zum Fest. Foto: Michael Staudt

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Während es in den Innenstädten immer hektischer wird, kehrt auf den Rastplätzen neben der A7 langsam etwas Ruhe ein. Wo das ganze Jahr über Lkw dicht an dicht stehen, parken einen Tag vor Heiligabend nur noch vereinzelte Trucks. Wo müssen sie noch hin? Schaffen sie es bis Weihnachten rechtzeitig nach Hause? Wir haben nachgefragt.

Hält das Auto bis Paris? 1047 Kilometer und ein besonderer Wunsch zu Weihnachten 

Seit zwei Jahren lebt der Franzose Yohann in Norwegen. Er baut dort kleine und bewegliche Häuser – sogenannte Tiny Houses. Ursprünglich kommt er aus einem kleinen Ort in der Nähe von Paris: Cernay-la-Ville. Und das ist auch sein Ziel, denn Weihnachten feiert er dort zusammen mit seinen Eltern, seiner Oma und einer Schwester. Einen Zwischenstopp macht er später noch in Düsseldorf. „Dort habe ich Freunde und übernachte bei ihnen.“ Morgen früh geht es dann weiter Richtung Paris.

Die Betonung liegt auf wenn. Denn Yohann hatte schon bei seiner Fahrt durch Norwegen Glück. Eigentlich hätte er nämlich mit seinem alten Renault Master II – Baujahr 1998 – gar nicht mehr in Norwegen fahren dürfen. Zu alt, zu umweltschädlich. „Im schlimmsten Fall hätte ich ihn auf einem Anhänger aus dem Land fahren müssen, um dann weiterzufahren“, sagt der 31-Jährige. „Aber das hat ja schon einmal geklappt. Nun muss er noch bis nach Hause halten.“

Ein ganz besonderer Weihnachtswunsch

Zu Weihnachten wünscht er sich eine gemeinsame Zukunft mit seiner Freundin. Das Problem: Sie ist Russin und lebt in Moskau. „Erst konnten wir uns wegen Corona kaum sehen, nun wegen des Krieges. Wir sehen uns gerade wirklich so gut wie gar nicht“, sagt er. „Ich wünsche mir, dass wir bald eine Lösung finden, sie herkommen kann und wir gemeinsam leben. Das wäre das Wichtigste.“

Weihnachten in der Fahrerkabine – 0 Kilometer und ein Anruf nach Litauen

Ganz in Ruhe zieht Nikolajus die Plane seines Lkw fest. Er hat es nicht eilig – bis Weihnachten wird er es nicht mehr rechtzeitig nach Hause schaffen. Sein Dienstplan sieht das auch gar nicht vor. „Das ist schade. Schöner wäre es mit der Familie“, sagt er, „aber Arbeit ist Arbeit“.

Ein Wiedersehen erst im nächsten Jahr

Der 44-Jährige kommt aus Litauen und wird erst wieder Anfang Januar seine Frau und seine 14-jährigen Zwillingstöchter in die Arme nehmen können. Bis dahin liefert er Waren von Spanien aus nach ganz Europa.

Zu Weihnachten wird er es sich trotzdem gemütlich machen – in seiner Fahrerkabine. „Mit einem Glas Wein – immerhin.“ Auf eine Sache freue er sich aber trotzdem:

Der Wunsch nach einem gemeinsamen Weihnachtsfest

Weihnachten so ganz alleine stimme ihn zwar etwas traurig, aber er konnte sich auf die Situation einstellen. „Ich wusste ja, dass ich arbeiten muss.“

Außerdem ist es für Nikolajus nicht das erste Mal. Es ist bereits das dritte Weihnachtsfest, das er alleine in seiner Fahrerkabine verbringe, sagt er. Er wünscht sich, dass seine Lieben alle gesund bleiben – und vielleicht auch mal ein gemeinsames Weihnachtsfest.

Schnell nach Polen zur Familie – 948 Kilometer: Darek freut sich auf Frau und Sohn

Darek hat es eilig: „Ich muss noch schnell in Neumünster etwas abladen“, sagt der 45-Jährige. Wenn das erledigt ist, geht es schnurstracks zu seiner Familie. Der gebürtige Pole muss nach Marienburg.

Polische Tradition: 12 Gerichte ohne Fleisch

Wenn alles gut läuft, dann schafft er es auch rechtzeitig zur Bescherung. „Ich muss mich einfach etwas beeilen“, sagt er. Zu Hause warten seine Frau und sein Sohn auf ihn. „Auf die freue ich mich natürlich.“ Aber da gibt es noch etwas: „In Polen ist es Tradition, dass man Weihnachten zwölf fleischlose Gerichte isst. Meine Frau bereitet alles vor“, sagt er. Bis heute hat er es immer rechtzeitig nach Hause geschafft.

Bei der Frage nach seinen Wünschen zu Weihnachten lächelt er. „Gesundheit“, sagt Darek, zieht die Schultern hoch und steigt in seinen Truck. Er müsse nun wirklich los.

Ganz gemütlich nach Berlin – 404 Kilometer: Trucker-Ehepaar wechselt sich beim Fahren ab

„Kurze Pinkelpause“, sagt Christian Freier aus dem halb geöffneten Fenster seines Lkw. „Wir sind gleich wieder weg – Richtung Berlin. Bis morgen schaffen wir das locker.“ Neben ihm sitzt seine Frau Kerstin Freier. Seit zwei Jahren fährt das Paar gemeinsam durch Europa und transportiert Waren von A nach B.

Kein Streit beim Fahren

Christian Freier fährt schon seit 36 Jahren große Trucks, seine Frau seit zwei Jahren. „Streit gibt es nicht bei uns“, sagt sie. „Gab es zumindest noch nicht“, sagt er.

Ein kleiner Weihnachtsbaum aus Plastik und eine Lichterkette bringen einen Hauch von Weihnachten auf ihr Armaturenbrett. Und wartet in Berlin noch Weihnachtsstress auf das Trucker-Paar? „Wir gehen essen. Die Kinder haben den Tisch bestellt“, sagt Kerstin Freier. Und ihr Mann ergänzt: „Alles ganz entspannt bei uns.“

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