Mobilität

E-Auto, Wasserstoff oder Hybrid: Welcher Antrieb passt zu welchem Fahrer?

E-Auto, Wasserstoff oder Hybrid: Welcher Antrieb passt zu welchem Fahrer?

E-Auto, Wasserstoff oder Hybrid: Welcher Antrieb passt?

Marc Nasner/shz.de
Reußenköge
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Stefan Wenk, Johannes Brock und Finn Görrissen von GP Joule vertrauen auf Autos, die mit erneuerbaren Energien angetrieben werden. Foto: Marcus Dewanger/shz.de

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Durch hohe Spritpreise und dem Wunsch nach klimafreundlicher Mobilität ist die Nachfrage speziell nach E-Autos enorm gestiegen. Was können die Alternativen Wasserstoffauto und Hybrid? Shz.de macht den Test.

Windräder säumen das flache Land in Reußenköge. Hier an der nordfriesischen Westküste zwischen Husum und Dagebüll gehören erneuerbare Energien zum Alltag. „Die Pro Kopf-Dichte an Fahrzeugen, die mit erneuerbaren Energien angetrieben werden, ist hier enorm hoch“, berichtet Jennifer Buchner, Pressesprecherin von GP-Joule. Das dort ansässige Unternehmen entwickelt Konzepte für E-Mobilität und baut aktuell Wasserstoff-Tankstellen in Schleswig-Holstein. Gemeinsam mit den Mobilitäts-Experten von GP Joule hat shz.de den Test gemacht. Für welchen Autofahrer lohnt sich welcher Antrieb - E-Auto, wasserstoffbetrieben oder doch Hybrid?

E-Auto benötigt Carport oder Stellplatz

„Ein wichtiger Faktor ist die Wohnsituation“, sagt Finn Görrissen, Experte für E-Autos bei GP Joule. Wer ein Eigenheim oder zumindest einen Stellplatz mit Lademöglichkeiten hat, sei klar im Vorteil. Dabei, so rät es Görrissen, seien Wallboxen, die im heimischen Carport angebracht werden zeit- und materialschonender. Zum Vergleich: Ein Ladevorgang über eine Wallbox dauert zwei bis sechs Stunden. Autofahrer, die auf die herkömmliche Schuko-Steckdose zurückgreifen, müssten nicht nur bis zu 24 Stunden bis zur vollständigen Ladung warten, der Dauerbetrieb sei auch schädlich für das heimische Stromnetz.

Fünf Wasserstofftankstellen in ganz S-H

Ganz anders ist die Situation bei Wasserstoff-Autos: „Eine kleine Wasserstofftankstelle im privaten Raum ist technisch zwar möglich, jedoch sehr kostenintensiv“, sagt Johannes Brock, Key Account Manager Wasserstoff. Daher würde der Nachschub mit Wasserstoff nur an öffentlichen Tankstellen - das Tanken dauert wenige Minuten - sinnvoll sein. Fünf Stück gibt es davon bisher in ganz Schleswig-Holstein an den Standorten Husum, Niebüll, Handewitt, Westre und Brunsbüttel, eine Handvoll weitere im Hamburger Raum.

Wem unterwegs dagegen der Strom ausgeht, der kann auf rund 2500 öffentliche Ladesäulen in Schleswig-Holstein zurückgreifen - Tendenz weiter steigend. Das Tesla Model 3 berücksichtigt bei der Routenplanung diese Ladesäulen. Hier kommen allerdings erhebliche Preisunterschiede zum Tragen: Wer zuhause lädt, zahlt durchschnittlich 32 Cent pro Kilowattstunde, an der öffentlichen Ladesäule kosten die Kilowattstunde im Schnitt 55 Cent. Bei zirka 80 Kw/h bis zur vollständigen Ladung, die der im Test genutzt Tesla schluckt, entstehen so Kosten zwischen 25 und 44 Euro.

Mit einer Reichweite von gut 750 Kilometern lässt das Wasserstoff-Auto dennoch eine relativ sorglose Routenplanung zu, die zudem durch die App „H2“ unterstützt wird. „In den kommenden fünf Jahren wird sich die Situation massiv ändern. Fast jede Klein- oder Mittelstadt wird eine Wasserstofftankstelle bekommen“, ist sich Brock sicher. Für rund zehn Euro gibt es dann ein Kilo Wasserstoff, eine Tankfüllung kostet 60 bis 70 Euro

Hybrid als Übergangslösung

Und wer sollte sich ein Hybridauto kaufen? „Eigentlich heutzutage niemand mehr“, sagt Fuhrparkmanager Stefan Wenk. Autofahrer, die mit dem Umstieg von Verbrenner auf E-Auto liebäugeln, könnten sich vom Hybrid überzeugen lassen. „Im Schnitt treibt der Elektromotor die ersten 60 Kilometer das Auto an“, erklärt Wenk. Anschließend folgt der Wechsel auf den Verbrennungsmotor, während die Batterie wieder auflädt. So sei eine Eingewöhnung möglich.

Fahrtwind übertönt Elektromotor

Optisch sind kaum Unterschiede zwischen E-Auto, Wasserstoff-Pkw und Hybrid zu erkennen. Alle fahren mit dem E-Nummernschild, der Hybrid darf allerdings nicht mehr als 50 Gramm Co2 pro gefahrenem Kilometer ausstoßen. Und auch im Auto sind die Unterschiede klein: Ist das Interieur von E-Autos häufig bewusst modern inszeniert, sehen auch Wasserstoffwagen „beinahe wie ein Raumschiff“ aus, wie Stefan Wenk sagt. „Allerdings werden auch Verbrenner immer moderner und erinnern optisch an E-Autos“, meint der Fuhrparkmanager.

Gravierender ist der Unterschied beim Fahrgefühl. Alle drei Modelle, die mit erneuerbaren Energien angetrieben werden, gleiten nahezu lautlos über die Straße. Bei starker Beschleunigung rauscht eher der Wind als der Motor. Fast als störend empfindet Wenk das Motorengeräusch eines Verbrenners. „Wer auf ein Elektro oder Wasserstoff umsteigt, ist meist schnell überzeugt“ sagt er.

Batterien immer nachhaltiger

Ökologisch seien die Fahrzeuge schwer zu vergleichen, bemerkt Finn Görrissen. „Die Batterien für E-Autos sind aber längst nicht mehr so schädlich, da weniger Kobalt verwendet wird.“ Die Fortschritte, die die Batterie-Forschung - auch in Schleswig-Holstein - aktuell mache, seien groß. „Auch der Bedarf an Lithium wird geringer“, erklärt er. Beim Wasserstoffauto sei entscheidend, woher die Energie komme. Wird dieser zum Beispiel mit Windenergie hergestellt, ist sie besonders nachhaltig.

Keine Klarheit bei der Prämie

Die alles entscheidende Frage: Was kostet der Spaß? Vorweg: Verbrenner kosten zwischen einem Drittel und einem Viertel weniger als vergleichbare, ökologische Modelle. Zuletzt klaffte die Lücke noch weiter auseinander. Mit einem Listenpreis von 77.290 Euro sticht der Hyundai Nexo deutlich heraus. Dem Tesla Model 3 attestiert Finn Görrissen bei einem Preis von 55.480 Euro, eine echte Alternative zu Verbrenner-Sportwagen zu sein.

Generell gilt: Autos, die mit erneuerbaren Energien angetrieben werden, müssen regelmäßig genutzt werden. Erst dann komme die Ersparnis zum Tragen. Da momentan allerdings auch der Strompreis schwankt, seien Kostenprognosen schwierig.

Als problematisch erweist sich zudem die staatliche Förderung: Ab 2023 sinkt die Fördersumme auf maximal 4.500 Euro für einen Neuwagen. Aktuell gibt es bis zu 6.000 Euro. „Entscheidend für die Prämie ist der Tag der Auslieferung, nicht der Bestellung“, gibt Stefan Wenk zu bedenken. Bei stark variierenden Lieferzeiten von zehn Monaten bis zu zwei Jahren könne es passieren, dass am Tag der Lieferung die Förderung nicht mehr gilt.

Ähnlich diffus ist die Lage bei Wasserstoff-Autos: Ein hoher Listenpreis wird zwar von einer Prämie von bis zu 21.000 Euro abgefedert, allerdings übersteigen beide Wasserstoff-Pkw, die aktuell in Deutschland erhältlich sind, preislich die Obergrenze für förderbare Autos. Zudem stünde die Prämie ohnehin nur gewerblichen Kunden zu Verfügung. Dem entgegen stehen kurze Lieferzeiten. Für beide gilt: Genutzte Fahrzeuge können auf dem Gebrauchtmarkt hochpreisig verkauft werden.

Elektromobilität ist was für das größere Portemonnaie

Wer sich für den Kauf eines emissionsarmen Autos entscheidend, sollte das nötige Kleingeld mitbringen und gegebenenfalls über ein Eigenheim mit Anschlussmöglichkeit verfügen. Zudem muss das Auto regelmäßig rollen. Der hohe Anschaffungspreis wird erst durch regelmäßige Nutzung kompensiert.

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