Flensburg

Eltern verzweifelt: Immer wieder Kita-Gruppen wegen Personalmangel geschlossen

Eltern verzweifelt: Immer wieder Kita-Gruppen wegen Personalmangel geschlossen

Immer wieder Kita-Gruppen wegen Personalmangel geschlossen

Ove Jensen/shz.de
Flensburg
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Personalmangel: Im Kindergarten Preesterbarg in Flensburg war in der vergangenen Woche eine Gruppe für drei Tage geschlossen. Foto: Staudt/shz.de

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In der vergangenen Woche traf es die Kita Preesterbarg in Adelbylund. Was die Eltern erlebten, ist in Flensburg kein Einzelfall mehr: Plötzlich müssen sie privat die Betreuung für ihre Kinder organisieren.

Die Nachricht kam am vergangenen Montag per Handy-Nachricht über die App von Adelby 1: Ab Mittwoch bleibt eine Gruppe der Kita Preesterbarg geschlossen. Den Eltern blieben nicht einmal zwei Tage, um für den Rest der Woche irgendwie eine Betreuung für ihre Kinder zu organisieren.

„Wir mussten versuchen, die Großeltern einzuspannen, die aber ebenfalls noch im Berufsleben stehen und ihre Arbeit entsprechend umorganisieren müssen“, berichtet eine betroffene Mutter eines sechsjährigen Sohnes. „Alle Pläne werden in der ganzen Familie von heute auf morgen über den Haufen geworfen.“

Eine andere Mutter berichtet:

Die Eltern fühlten sich alleingelassen. Was sie erlebten, ist in jüngster Zeit kein Einzelfall. Nicht nur die Kinder- und Jugenddienste Adelby 1, Betreiber von neun Kindertagesstätten in Flensburg und sieben weiteren im Umland, hat aufgrund von Personalmangel Kita-Gruppen zeitweise geschlossen. Auf Nachfrage von shz.de bestätigen die anderen großen Kita-Betreiber in der Stadt, dass die Situation bei ihnen nicht anders ist. Das gilt für die städtischen Einrichtungen ebenso wie für kirchlichen Kindergärten und die Kitas des ADS-Grenzfriedensbunds.

„Bei den Eltern führt das natürlich zu Unmut“, sagt ADS-Abteilungsleiterin Gesa Görrissen.

Personalbedarf enorm gestiegen

Katja Bär, Leiterin des Kitawerks im evangelischen Kirchenkreis, sieht mehrere Gründe für die angespannte Situation. Der Fachkräftemangel führt dazu, dass es oft nicht mehr gelingt, Vertretungen zu organisieren, wenn sich im Herbst vermehrt Erzieherinnen und Erzieher krank melden müssen.

Aus den Zahlen des Statistikamtes Nord geht hervor, dass die Kitas in Schleswig-Holstein heute nahezu doppelt so viel Personal beschäftigen wie noch vor 15 Jahren. Der gestiegene Personalbedarf habe mit dem Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz zu tun, sagt Katja Bär, aber auch damit, dass die täglichen Öffnungszeiten sich ausgedehnt haben. Viele Kindergärten bieten inzwischen Früh- und Spätbetreuung von morgens um 7 Uhr bis abends um 19 Uhr an. Natürlich bedeutet das nicht, das einzelne Kinder zwölf Stunden lang in der Kita sind, aber es wird für den gesamten Zeitraum Personal benötigt.

Die Kita-Betreiber sehen die Schuld für die angespannte Lage auch bei der Landesregierung. Da geht es zum einen darum, die Erzieher-Ausbildung attraktiver zu machen – und auch mehr Plätze an den Fachschulen zu schaffen. Die Träger wünschen sich aber auch mehr Flexibilität, um kurzfristige Personalausfälle auffangen zu können.

„Wir Eltern haben der Kita angeboten, unsere Kinder an möglichen Tagen eine anderweitige Betreuung zu organisieren um eine Schließung abzuwenden und für Entlastung zu sorgen“, berichtet eine Mutter, die namentlich ungenannt bleiben möchte. „Es gab auch Idee, Gruppen zusammenzulegen oder Kinder auf andere Gruppen der Einrichtung zu verteilen.“

Schleswig-Holsteins Kita-Gesetz in der Kritik

Das wurde aber abgelehnt. Nicht nur bei Adelby 1 haben solche Vorschläge offenbar keine Chance. Und zwar mit Hinweis auf die aktuelle Gesetzeslage. „Wir Kita-Träger kämpfen gerade darum, dass das Kindertagesstättengesetz überarbeitet wird“, sagt Gesa Görrissen vom ADS-Grenzfriedesbund. Die aktuellen Anforderungen an den Personalschlüssel machen es oft unmöglich, Gruppen zusammenzulegen oder zum Beispiel Eltern für die Betreuung mit einzuspannen.

Ungelernte Hilfskräfte anzuheuern, hält Adelby1-Chef Frost allerdings ohnehin für keine gute Idee. „Ich habe die Befürchtung, dass wir von unserem Bildungsanspruch wieder wegkommen hin zum reinen Verwahren der Kinder“, sagt er.

Die betroffene Mutter hätte sich trotzdem bessere Lösungen für die aktuelle Notsituation gewünscht. Man hätte die Schließungen tageweise auf verschiedene Gruppen verteilen können, sagt sie. Und dass eine der Erzieherinnen in Urlaub gehen würde, sei ohnehin schon länger bekannt gewesen.

Auch die Kommunikation zwischen Adelby 1 und den Eltern sei verbesserungswürdig. Nach der dürftigen Nachricht über die App habe die Kita-Leitung auf Fragen überhaupt nicht reagiert.

„Für unseren Sohn soll dieses letzte Kita-Jahr, nachdem sich die Corona Situation endlich etwas beruhigt hat, eine gute Vorbereitung für die Schule sein“, sagt die Mutter. „Aber wenn hier keine Abhilfe von Adelby1 und auch von der Stadt als Kostenträger geschaffen wird, um solche Schließungen zu vermeiden, wird sich das sehr schwierig gestalten.“

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