Verbraucherschutz in SH

Erste Lebensmittelkontrolle: Minister Werner Schwarz lernt, worauf es ankommt

Erste Lebensmittelkontrolle: Minister Werner Schwarz lernt, worauf es ankommt

Erste Lebensmittelkontrolle: Lernen, worauf es ankommt

Kay Müller
Kiel
Zuletzt aktualisiert um:
Mittendrin in der kontrollierten Backstube: Konstantin Schaefer (l.) und Werner Schwarz. Foto: Marcus Dewanger/shz.de

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Bei einer Lebensmittelkontrolle auf dem Ferienhof Lafrenz auf Fehmarn schaut Verbraucherschutzminister Werner Schwarz (CDU) einem Kontrolleur über die Schulter und sieht, was Gastwirte alles beachten müssen warum jeder vierte kontrollierte Betr...

Werner Schwarz hat sein erstes Mal auf Fehmarn. Der CDU-Politiker steht in der Backstube des Ferienhofs Lafrenz auf der Ostseeinsel und für ihn ist die Lebensmittelkontrolle, die dort läuft, eine Premiere. „Ich bin als Landwirtschaftsminister auch für Verbraucherschutz zuständig“, sagt der 62-Jährige, der bis vor kurzem als Präsident des Bauernverbandes zwar mit der Produktion, aber nicht mit der direkten Verarbeitung von Lebensmitteln zu tun hatte. „Aber ich muss ja in meinem neuen Job wissen, wovon ich rede.“

Deswegen steht Schwarz an diesem Morgen auf Fehmarn neben Konstantin Schaefer, einem von sechs Lebensmittelkontrolleuren im Kreis Ostholstein. Und der 33-Jährige, der für die ganze Insel zuständig ist, sieht genau hin. „Das muss natürlich gemacht werden“, sagt der Kontrolleur und zeigt auf eine defekte Mückentür. Mit einem Thermometer checkt Schaefer, ob die Lebensmittel bei korrekter Temperatur gelagert werden. Das wird ebenso in seinem Prüfbericht auftauchen, wie die Kontrolle einer Mausefalle. Schaefer wischt über die Auffangschale für das Öl und sagt: „Die könnte auch mal erneuert werden.“

Dass die Besen nicht korrekt in dem dafür vorgesehenen Schrank stehen, stört ihn genauso wie das Mehl in den offenen Tüten. „Wenn hier nicht gearbeitet wird, müssen die verschlossen sein“, sagt Schaefer, der in diesem Moment keine Zeit hat, um den Duft von frischem Brot und Kuchen zu genießen.

Mängel beim Marzipan

Statt dessen deutet er auf eine Mülltüte, in der das Marzipan lagert, das in der Backstube verarbeitet wird. „Das geht gar nicht“, sagt er und schüttelt den Kopf. Werner Schwarz setzt seine Lesebrille ab und schaut Schaefer fragend an, der dem Minister erklärt, dass die Mülltüten Stoffe enthalten, die in die Lebensmittel gelangen könnten. „Das Marzipan muss bedarfsgerecht aufbewahrt werden“, erklärt Schaefer. Und: „Darüber wird noch zu sprechen sein.“

Und zwar mit Nico Lafrenz. Vor einigen Jahren hat der Landwirt seine Schweinehaltung aufgegeben und sich voll auf den Tourismus konzentriert. Er hat Ferienwohnungen und Häuser auf seinem Hof, betreibt einen Hofladen und ein Hofcafé, in dem er auch die selbstgebackenen Brötchen, Kuchen und Torten verkauft. Die Kontrolle an diesem Tag ist angemeldet, weil der Minister und die Presse dabei sind – normalerweise kommen die Kontrolleure unangemeldet. „Trotzdem ist man immer ein bisschen nervös“, sagt Lafrenz.

Sauberkeit steht an erster Stelle

Er achte sehr auf Hygiene. „Die Leute können doch in die Backstube gucken“, sagt der 48-Jährige. Und die Konkurrenz auf Fehmarn sei groß. „Die Leute bewerten einen ruckzuck im Internet. Ich kann es mir gar nicht leisten, Mist zu bauen.“

Und doch gebe es immer etwas zu verbessern. „Durch die Kontrolle bleiben wir wachsam“, sagt Lafrenz – ein Argument, das auch Werner Schwarz einleuchtet, der selbst jahrelang einen Bauernhof betrieben hat.

Kontrolleur Konstantin Schaefer gibt die Gesamtnote Zwei

An diesem Tag findet Konstantin Schaefer zwar eine Menge kleiner Mängel, aber eben nichts Gravierendes. „Das kann man alles leicht beheben“, sagt der Kontrolleur. „Schulnote?“, will Werner Schwarz wissen. „Na ja“, antwortet Schaefer und zögert. „Ich würde eine Zwei geben“, was Nico Lafrenz erleichtert.

Neben ihm steht Angela Sus, die an diesem Tag mit auf den Hof gekommen ist. Die Vorsitzende des Verbands der Lebensmittelkontrolleure in Schleswig-Holstein hat schon ganz andere hygienische Zustände gesehen. „Wir wissen schon, wo wir häufiger vorbei schauen müssen.“ Bei rund einem Viertel ihrer Besuche verhängt der Kreis anschließend ein Verwarn- oder Bußgeld – und sie muss nochmal zur Nachkontrolle kommen. Rund fünf Prozent der kontrollierten Betriebe müsse sie sogar schließen – zumindest bis der Betreiber alles wieder so hergestellt hat, dass es den gesetzlichen Bestimmungen entspricht. „Dass Problem ist, dass praktisch jeder ohne Vorkenntnisse einen gastronomischen Betrieb aufmachen kann“, sagt Sus. Die meisten Verstöße geschähen aus Unwissenheit. „Deswegen fordere ich auch seit langem einen Hygieneführerschein, damit nicht einfach Leute einen Imbiss aufmachen und die Leute vergiften können.“

Gelegentlich preisen Gastronomen Strafen schon mit ein

Manche Betreiber kalkulierten das Bußgeld sogar schon mit ein. „Wenn wir das merken, handeln wir allerdings sofort“, sagt Sus, die einen einheitlichen Bußgeldkatalog für alle Kreise fordert, die bisher die Strafen in Eigenregie festlegen. Als einziges Bundesland habe Sachsen das umgesetzt.

Je mehr Kontrolleure desto weniger Vergehen

Vor allem aber brauche es mehr Kontrolleure, um die hygienischen Zustände in Geschäften und Restaurants zu verbessern. Je höher der Kontrolldruck desto weniger Verstöße. Das unterscheidet Lebensmittelkontrolleure von Steuerfahndern, die ihre Jobs durch die verhängten Strafen praktisch selbst finanzieren.

Doch was rät Angela Sus einem Gast, der nicht sicher ist, ob er in ein Lokal kommt, in dem die hygienische Zustände okay sind. „Schauen Sie sich aufmerksam im Gastraum um, gucken Sie, ob die Gläser Schlieren haben. Und gehen Sie auf die Gästetoilette“, sagt die Lebensmittelkontrolleurin. „Wenn die okay ist, ist das meist auch beim Rest der Fall.“

Das leuchtet Werner Schwarz ein, der sich nach seiner ersten Lebensmittelkontrolle beeindruckt zeigt. „Schon gut, dass es Leute gibt, die für uns genau hinschauen.“ Deswegen sieht er Lebensmittelkontrollen auch als staatliche Aufgabe der Daseinsvorsorge – und will als Fachaufsicht mit den Kreisen reden, wie man die besser ausstatten kann.

Denn die Kontrolleure machten einen wichtigen Job, erklärt der Minister und blickt zu Angela Sus. Die nickt und sagt: „Wir finden überall was.“

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