Bürgersprechstunde in Flensburg

„Es war sehr nett“: Warum Vize-Kanzler Robert Habeck weiter geduzt werden möchte

„Es war sehr nett“: Warum Vize-Kanzler Robert Habeck weiter geduzt werden möchte

Vize-Kanzler Robert Habeck möchte geduzt werden

SHZ
Flensburg
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Robert Habeck im Gespräch in der Flensburger Innenstadt mit dänischen Medienvertretern. Foto: Michael Staudt / SHZ

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Am dritten Advent lud der Wirtschaftsminister zur Bürgersprechstunde auf dem Holm ein. Personenschützer und Polizei sicherten eine eilige Pressekonferenz in der Fußgängerzone ab.

In der Flensburger Innenstadt herrscht an diesem Sonntagabend wenig Betrieb. Die Punschbuden auf dem Holm haben bereits geschlossen. Ein dunkelgekleideter Mann mit Bart blickt suchend auf die Geschäftsgebäude. Vor der Hausnummer 64 bleibt er stehen. Er klingelt.

Er habe einen Termin bei Robert Habeck, sagt er in die Gegensprechanlage. Die Tür wird ihm geöffnet. Für die nächsten 20 Minuten ist der Mann, der seinen Namen nur ungern in der Zeitung lesen möchte, in der Grünen-Geschäftsstelle verschwunden. Während draußen die Journalisten der deutschen und dänischen Medien warten, hat der Flensburger ein persönliches Gespräch mit dem frischgebackenen Vize-Kanzler.

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„Es war ganz entspannt, sehr sympathisch, nett und auch inhaltlich gut, nicht oberflächlich“, berichtet er später. Über Mobilität, die Energieversorgung der Stadtwerke und internationalen Klimaschutz habe er mit dem neuen Bundesminister gesprochen. „Ich finde es besonders, dass er ein paar Tage nach dem Regierungswechsel diesen Termin in Flensburg macht, das ist nicht selbstverständlich.“

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Für Habeck ist es die erste Bürgersprechstunde als Bundestagsabgeordneter in Flensburg. Und seine erste als Minister für Wirtschaft und Klimaschutz. „Es hat mich fast überrascht, dass das Wochenende nicht belegt war mit Terminen“, sagt Habeck bei einer eiligen Pressekonferenz mitten in der Fußgängerzone. Bereits am Freitagnachmittag ging es für ihn nach der langen Regierungsbildung zurück in seine Heimat Flensburg, wo am Abend noch ein Treffen mit Vertretern der Industrie- und Handelskammer auf dem Programm stand.

Viel Freizeit am Adventswochenende

Anschließend folgte ungewohnte Freizeit, die am dritten Advent schließlich mit der Bürgersprechstunde beendet wurde. „Wenn ich ein solches Zeitfenster ermöglichen kann, will ich das gerne machen“, so Habeck. In rund 100 Minuten kam der Grünen-Politiker mit neun Bürgern ins Gespräch.

Worum es ging? „Viel Energiewende. Es gab gute Ideen, wie man Naturschutz und Energiewende vereinbaren kann. Es gab aber auch eine Reihe mit regionalpolitischen Themen. Ich bin nun vollgetankt mit regionalen Sichtweisen“, erklärt Habeck, der einen schwarzen Hoodie unter dem dunklen Sakko trägt. Während er mit der Presse spricht, stehen seine Leibwächter nur wenige Meter von ihm entfernt. Zwei Polizisten beobachten die Szenerie aus etwas Entfernung.


Richtig frei wird sich Habeck, der gerne mit Rad in Flensburg unterwegs ist, in seiner neuen Rolle nicht mehr bewegen können. Die Sicherheitsstufe wurde für den Vize-Kanzler erhöht. Und so wird der Grüne in den späten Abendstunden des dritten Advent auch nicht mit der Bahn nach Berlin fahren, sondern mit seinem Dienstwagen, ein schwarzer Mercedes mit Berliner Kennzeichen, der in der benachbarten Nikolaistraße geparkt ist.

Bürgersprechstunde kommt gut an

Und verhalten sich die Bürger gegenüber dem Vize-Kanzler Habeck nun anders? „Gott sei Dank nicht. Wir sollten uns nicht hinter verordneten Autoritäten verstecken“, sagt Habeck. Seinen Gesprächspartnern biete er weiterhin das Du an.

Bei der Bürgersprechstunde kommt dies gut an. „Es war sehr nett, offen, angenehm und informativ. Hut ab, wer sich dafür am dritten Advent Zeit nimmt, auch wenn man andere Dinge im Kopf hat“, sagt die Flensburger Gastronomin Ute Johannsen, die gemeinsam mit ihrer Tochter bei Habeck vorbeischaute. Sie habe mit ihm unter anderem über ihr Butterschiff MS Sonderborg gesprochen, das an der Flensburger Hafenspitze liegt und nicht in Dänemark anlegen kann.


Der Minister habe sich über die Gründe informiert, „Herr Habeck war ganz angetan“, so Johannsen. Apropos Dänemark. Mit einem Radioreporter aus dem Nachbarland spricht Habeck in fließendem Dänisch. Auch nördlich der Grenze hat sich inzwischen herumgesprochen, dass der neue deutsche Vize-Kanzler aus Flensburg kommt.

Wie oft Habeck künftig in seinem Heimat sein wird, kann er selbst noch nicht sagen. „Meine Hoffnung ist, dass ich jedes zweite, dritte Wochenende hier sein kann“, erklärt er. Die Zeit wolle er dann für weitere Sprechstunden in seinem Wahlkreis Flensburg-Schleswig nutzen.

Improvisieren sei hier auf beiden Seiten angesagt, so Habeck. „Sonntagabend um 19 Uhr sollte man eigentlich nicht Politiker besuchen, aber sie haben es trotzdem gemacht, so kommt man dann gut zusammen.“

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