Brandserie in Flensburg

Experten ordnen ein: Wie tickt der Feuerteufel?

Experten ordnen ein: Wie tickt der Feuerteufel?

Experten ordnen ein: Wie tickt der Feuerteufel?

Annika Kühl/shz.de
Flensburg
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Vor wenigen Wochen sorgte ein verheerender Brand in einem Mehrfamilienhaus in der Duburger Straße in Flensburg erneut für Aufsehen. Foto: Heiko Thomsen/shz.de

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Einen mutmaßlichen Täter hat die Polizei inzwischen gefasst, doch trotzdem reißt die Brandserie in Flensburg und Harrislee nicht ab. Kriminologe Christian Pfeiffer erklärt, was sich am Verhalten des oder der Täter ablesen lässt.

Dutzende Male hat es seit Mitte Juni in Flensburg und Harrislee gebrannt. Ein mutmaßlicher Täter, der mehrere Autos und ein Baugerüst angezündet haben soll, sitzt inzwischen in Untersuchungshaft.

Doch die Brandserie reißt nicht ab. Immer wieder brennen Kinderwägen, Müllcontainer, Treppenhäuser.

Wer zündelt in Harrislee?

Das letzte Feuer liegt gut eine Woche zurück: Es brannte ein Kinderwagen im Treppenhaus eines Mehrfamilienhauses in der Mozartstraße, das in der Vergangenheit schon einmal Tatort des Brandstifters gewesen war.

Auch in Harrislee kommt es im Mehrfamilienhaus Hohe Mark 16 oder im nahen Umfeld weiter zu Bränden. Allerdings selten nachts. Ein Umstand, der Kriminalpsychologin Michaela Schätz in einem kürzlich ausgestrahlten RTL-Beitrag zu der Annahme bringt, es könne sich bei dem Täter möglicherweise um einen Jugendlichen oder ein Kind handeln. Eine Tätergruppe, die sich üblicherweise nicht nachts herumtreibt.

Auch Kriminologe Christian Pfeiffer hält diese Annahme für plausibel: „Die Überlegung von Frau Schätz kann ich sehr gut nachvollziehen“, sagt der Professor. „Wenn immer dasselbe Haus angegriffen wird und dies durchweg tagsüber geschieht, spricht im Übrigen viel dafür, dass es eine Vorgeschichte mit persönlichen Konflikten zwischen dem Täter und Menschen aus diesem Haus gibt.“

Das wiederum öffne der Polizei Ermittlungsperspektiven. Diese hält sich unterdessen mit Äußerungen zu den Bränden aus ermittlungstaktischen Gründen weiter zurück.

Problematische Rolle von Medien

Auf Anfrage von shz.de äußert sich der renommierte Kriminologe Christian Pfeiffer zur Psychologie des Täters – und zur Bedeutung von Medien bei Brandserien.

Bei den Feuerteufeln handele es sich in den meisten Fällen um Einzeltäter, die ihre Taten bewusst nachts begehen. „Und sich dann daran ergötzen, was für eine Aufregung sie hier ausgelöst haben, wenn die Menschen herbeiströmen, Feuerwehr und Polizei in Aktion geraten und sogar die Presse vor Ort das Inferno der Flammen fotografiert und mit den Geschädigten Interviews durchführt“, erklärt Pfeiffer.

Brandserie als außergewöhnliches Ereignis

Auch shz.de hat über fast jedes Feuer berichtet. Außergewöhnliche Ereignisse wie diese Brandserie erregen ein enormes öffentliches Interesse. In solchen Fällen ist die Berichterstattung für Journalisten eine Pflichtaufgabe. Sie klärt faktenbasiert auf, was sich vor Ort zugetragen hat, ordnet die Ereignisse für die Öffentlichkeit ein und informiert die Leser, was getan oder nicht getan wird.

Doch das führt unvermeidlich zu einem Dilemma.

Nur in seltenen Fällen geht es dem Täter darum, einer bestimmten Person Schaden zuzufügen oder sie gar zu töten.

Zwar kommt es weiter zu Bränden in und um Flensburg, allerdings hat die Frequenz der Taten etwas nachgelassen. „Eine generelle Aussage lässt sich im Hinblick auf die Frequenz der Taten leider erst entwickeln, wenn die Polizei den Täter gefasst hat“, stellt der Kriminologe fest.

Manche Brandstifter würden sich auf eine Nachbarstadt konzentrieren, um das Risiko, dabei erkannt zu werden, zu verringern. Dann aber könne die Frequenz der Taten auch Ausdruck davon sein, dass man zur Anreise Zeit investieren muss, die einem nicht an jedem Tag locker zur Verfügung steht.

„Die bei manchen Fällen hinzugezogenen Psychiater haben aber auch herausgefunden, dass manche der Täter, wenn sie einmal eingestiegen sind, zunächst einmal davon gar nicht lassen können, während andere durch die Angst vor dem Erwischtwerden erst einmal Zeit verstreichen lassen“, so Pfeiffer.

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