Landwirtschaft in Schleswig-Flensburg

Explodierende Preise für Dünger, eine Gefahr für die Ernte – Was Landwirte tun können

Explodierende Preise für Dünger, eine Gefahr für die Ernte – Was Landwirte tun können

Explodierende Preise für Dünger, eine Gefahr für die Ernte – Was Landwirte tun können

SHZ
Fahrdorf/Böel
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Angesichts der explodierenden Preise für Dünger könnten Gülle, Mist und Gärsubstrat aus Biogasanlagen Alternativen sein - doch auch sie sind teurer geworden und nur begrenzt verfügbar. Foto: Jens Büttner/dpa Foto: 90037

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Die Preise für Dünger sind explodiert. Nicht absehbar ist, ob nächstes Jahr genug bezahlbarer Dünger verfügbar sein wird. Worauf sich die Landwirte in Schleswig-Flensburg einstellen müssen.

Die stark gestiegenen Energiepreise schlagen sich auch in der Landwirtschaft nieder. Vor allem der sprunghafte Anstieg des Gaspreises hat starke Auswirkungen auf die Preise für Stickstoffdünger, denn Erdgas liefert den Grundstoff. Wegen der stark gestiegenen Preise für Gas haben einige Düngemittel-Hersteller schon im vergangenen Jahr ihre Produktion gedrosselt – was das Problem weiter verschärft, denn weniger verfügbarer Dünger treibt die Preise weiter, innerhalb des letzten Dreivierteljahres um das Vierfache. Der Krieg in der Ukraine verschärft die Lage zusätzlich. Wie gehen die Landwirte im Kreis Schleswig-Flensburg mit dem zu erwartenden Mangel um? Ist die Ernte in Gefahr?


Der Preisanstieg bei Dünger sei schon enorm, meint Landwirt Sönke Reimers aus Loopstedt. Im Sommer letzten Jahres habe der Doppelzentner noch 20 Euro gekostet, sei dann auf zunächst 30, dann für eine Weile auf 65 bis 70 Euro je Doppelzentner gestiegen. „Jetzt liegt er bei 100 Euro“, so Reimers. Er baut auf rund 60 Hektar Land Roggen, Gerste, Raps und Mais an.

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Preisanstieg trifft alle Produkte

Kurzfristig kämen sie noch klar, sagt Sönke Reimers. „Einige Landwirte haben das Glück gehabt, günstig Dünger eingekauft zu haben, als er noch nicht so teuer war, andere nicht“, sagt er. Wer jetzt allerdings teuren Dünger kaufen müsse und sein Getreide vielleicht sogar schon verkauft habe, als die Preise noch unten waren, habe ein schlechtes Geschäft gemacht. Was Reimers etwas Hoffnung macht, ist, dass derzeit alle Preise anziehen. „Solange die Preise für unsere Produkte mit steigen, verdienen wir ja noch Geld“, sagt der Landwirt.

Schweine und Pferde liefern Dünger

Karsten Rothberg, Biolandwirt vom Böelschubyhof, hat vor fünf Jahren seinen Hof auf Bioland-Anbau umgestellt. Er darf nach den Vorgaben seines Verbandes gar nicht so intensiv düngen wie konventionell wirtschaftende Landwirte. Das was er braucht, produziert er überwiegend selbst. „Ich habe auf meinem Hof einen Misthaufen. Die Gülle meiner Schweine und der Mist meiner Pferde – das ist mein Dünger.“ Auf 40 Prozent seiner Fläche baut er Leguminosen an, die Stickstoff aus der Luft binden.

Nicht alle können Bio produzieren

Rothberg hält 300 Schweine und betreibt Ackerbau auf 170 Hektar Land, auf dem er auch eigenes Saatgut herstellt. Sein Ziel ist, möglichst viel von dem, was benötigt wird, im Kreislaufbetrieb selbst zu produzieren. „Wenn es uns gelingt, die Produktion auf regional und saisonal umzustellen, dann haben wir viel erreicht und damit auch noch etwas für das Klima getan.“ Doch, schränkt er ein, „das ist aber nicht die Lösung für das Problem, denn das können nicht alle machen. Wir können nur soviel Bio produzieren, wie die Verbraucher auch kaufen.“ Und das sei begrenzt.

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Was wird im nächsten Jahr?

Jens Rosenplänter, Geschäftsführer des Kreisbauernverbands Flensburg, sieht die Entwicklung auf dem Düngermarkt für dieses Jahr noch einigermaßen gelassen, denn „manch einer hat sich noch rechtzeitig eingedeckt. Die Frage ist aber: Wie wird es nächstes Jahr? Kriegen wir die Mengen, die wir brauchen? Wenn wir zu wenig Dünger haben, werden wir die zu erwartenden Erträge nicht einfahren können“, sagt Rosenplänter. Wie stark die Folgen sein werden, hänge davon ab, was tatsächlich gedüngt werden könne.

Mit Ernteeinbußen ist zu rechnen

„Ein Patentrezept habe ich auch nicht“, sagt der Agrarexperte. Die Fruchtfolge zu ändern, um etwa Leguminosen zur Anreicherung von Stickstoff anzubauen, sei jedenfalls keine kurzfristige Lösung. „Die Anbauplanung würde frühestens für 2023 greifen. Was jetzt in den Boden kommt, ist fest eingeplant.“ Er rät dazu, eigene organische Düngemittel wie Gülle, Mist oder Gärsubstrat aus Biogasanlagen zu verwerten oder zu versuchen, diese vom Nachbarn zu beziehen. „Das reicht aber sicherlich nicht, um alles zu bekommen, was gebraucht wird.“

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Für dieses Jahr sieht Rosenplänter die durch Düngermangel zu erwartenden Mindererträge noch als „nicht völlig dramatisch“ an. „Kommendes Jahr müssen wir gucken.“ Bei anhaltend hohen Düngerpreisen und verringerter Produktion und wenn die Russen gar kein Gas mehr liefern würden, sei zu befürchten, dass die Landwirte erhebliche Ertragseinbußen hinnehmen müssten.

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