Terrorübung im Marinestützpunkt

Explosion und Blockade: Reservisten proben den Ernstfall in Kiel

Explosion und Blockade: Reservisten proben den Ernstfall in Kiel

Reservisten proben den Ernstfall in Kiel

SHZ
Kiel
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Ein Boot ist in den Kieler Stützpunkt eingedrungen: Auch das war Teil der Übung Foto: Michael Kierstein/shz.de

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Ziel der Übung war es, zu erfahren, ob Reservisten den Stützpunkt verteidigen können. Dazu gab es eine Großübung.

Eine Frau liegt am Boden. Sie ist blutverschmiert. Bei jeder Berührung durch die Soldaten schreit sie auf und schluchzt. „Ich brauche hier Hilfe“, ruft einer der Soldaten.

Die Frau gehört zur Besatzung eines Tenders, der im Kieler Marinehafen liegt. Wie mindestens fünf weitere Besatzungsmitglieder wurde sie bei einer Explosion schwer verletzt. Rettungskräfte versuchen einen Überblick über die Lage zu bekommen und die verwundeten zu versorgen. Gleichzeitig fallen auf der anderen Seite der Mole Schüsse. Aufgebrachte, durch ein Megafon verzerrte Stimmen, schallen über die Förde.

Boot im Hafen

Ein Boot ist in den Hafen eingedrungen. Dieses wird von einem Boot der Marine abgedrängt. Ein Soldat fordert die Besatzung lautstark zum Verlassen des Hafens auf. Trotzdem kommen die Eindringlinge beunruhigend nah an die Kaikante, bis die Manöver der Soldaten ihre Wirkung entfalten und die Eindringlinge aus dem Hafen geleitet werden.

Die dramatischen Szenen waren jedoch nicht real. Sie waren teil einer Großübung, die gestern im Kieler Marinehafen stattfand. Es gab keine Explosion, keine Eindringlinge und auch keine Schwerverletzten. Das schauspielerische Talent der Besatzung, die die Verletzten spielte, verdient dennoch besondere Anerkennung. Es trug seinen teil dazu bei, dass den etwa 200 eingesetzten Feuerwehrleute, Soldaten und Reservisten der Stress deutlich ins Gesicht geschrieben stand.

Ziel der Übung

„Es geht hier darum, zu erfahren, ob unsere Reservisten den Stützpunkt bei einer Bedrohung schützen könnten“, erklärt Patrick Voß. Er ist Projektleiter der Übung, die aus zwei Teilen besteht. Neben dem Großeinsatz rund um die simulierte Explosion ging es um die Abwehr von terroristischen Angriffen und eine mögliche Blockade von Zivilisten.


Grundlage der Übung war die hypothetische Annahme eines Nato-Einsatzes im Ostseeraum mit Kiel als Stützpunkt der Kräfte. Da der Terrorismus zudem die Technik erkannt hat, ging es nicht ausschließlich um die Übung an der konventionellen Waffe. Ein besonderes Augenmerk werden in Zukunft Abwehrmöglichkeiten von Drohnen bilden.

Abwehr von Drohnen

Dazu wurden sogenannte „Jammer“ ausprobiert. Diese schultergestütze Technik ist in der Lage, die Verbindung von Drohne und Pilot zu stören. Es ist sogar möglich, die kleinen Fluggeräte zur Landung zu zwingen.

Wie gut das funktioniert, erfuhr dann auch die Landespolizei von Nordrhein-Westfalen, die die Drohnen mitbrachte. Eine von ihnen stürzte ins Hafenbecken und musste von Tauchern wieder herausgefischt werden. „Technik kann uns immer unterstützen. Wir werden aber nie um den Menschen herum kommen“, betont Voß.

Lob für Reservisten

Mit dem Einsatzwillen der Reservisten war er außerordentlich zufrieden. „Alle 80 sind freiwillig da und das merkt man. Es ist eine Freude mit ihnen zu arbeiten. Die Reserve hat absolut zu Unrecht einen schlechten Ruf“, sagt Voß. Das zeige auch ein Blick auf die Zahlen. „Normalerweise kommen so 20 Prozent der Reservisten zu Übungen. Hier waren es 80 Prozent“, sagt er sichtlich stolz.

Die Organisation der aufwendigen Übung übernahm dabei die Einsatzflottille 1, die unter anderem vom Seebataillon unterstützt wurde. „Für uns geht es bei solchen Übungen darum, den Reservisten die Nato-Konzepte näher zu bringen“, erklärt Voß.

Der Projektleiter war auch so ziemlich der einzige, der einigermaßen entspannt war. Um ihn herum wuselten Soldaten, die ihre Aufgaben erledigten, und Führungskräfte, die den Überblick behalten wollten. Wie in der Realität.

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