Pandemie-Ende in Dänemark

Extrem hohe Corona-Inzidenz schockt in Tondern kaum jemanden

Extrem hohe Corona-Inzidenz schockt in Tondern kaum jemanden

Corona-Inzidenz schockt in Tondern kaum jemanden

SHZ
Niebüll
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Die Tage der Maskenpflicht in Tonderns Geschäften sind wohl gezählt. Foto: Hagen Wohlfahrt/shz.de

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Die Inzidenz im benachbarten Königreich ist um ein Vielfaches höher als hierzulande, dennoch sollen die meisten Corona-Maßnahmen aufgehoben werden. Was sagen die Dänen dazu? Eine Momentaufnahme aus Tondern.

Die beachtliche Zahl von 3455 Neuinfektionen binnen sieben Tagen pro 100.000 Einwohner weist das Statens Serum Institut, die dänische Gesundheitsbehörde, am Mittwoch für Südtonderns Nachbarkommune Tondern (dänisch: Tønder) aus. Zum Vergleich: Im Kreis Nordfriesland beträgt die Inzidenz derzeit 817 (Stand Dienstag, 25. Januar).

Doch während hierzulande über Obergrenzen bei Großveranstaltungen gestritten wird, sollen im nördlichen Nachbarland fast alle Corona-Maßnahmen aufgehoben werden, und zwar schon in der kommenden Woche, zum 1. Februar. Mit Blick auf die Omikron-Variante wird das Virus nicht mehr als gefährlich eingestuft.

Mildere Maßnahmen

Im Nachbarland geht man schon fast über die gesamte Zeit der Pandemie entspannter mit der Lage um. Während südlich der Grenze 2G-Regeln eingeführt worden sind, reicht beim Restaurantbesuch und beim Shoppen in Tondern oder Sonderburg ein negativer Schnelltest.

Begründet wird dies meist mit einer höheren Impfquote in Dänemark. Sie liegt aktuell bei 81,1 Prozent, in Deutschland beträgt sie 73,6 Prozent.

Keine Euphorie

Eine Umfrage an diesem Mittwoch zur faktischen Aufhebung der Pandemielage unter Passanten und in Läden in Tondern kann man so zusammenfassen: Die Menschen sind wohl erleichtert, Euphorie lässt sich aber nicht beobachten.

„Das ist gut. Ich freue mich darauf“, sagt Alberte Karoline Harboe, die in einem Textilgeschäft in der Fußgängerzone arbeitet. „Ich mag die Maske nicht“, sagt die Geschäftsführerin. Die Menschen in ihrem Umfeld, die das Virus hatten, hätten alle nur leichte Symptome gezeigt. Mit Omikron gebe es weniger Krankenhaus-Einweisungen, weshalb sie die bevorstehende Aufhebung der Maßnahmen für sinnvoll hält.

Aber das Ende der Corona-Beschränkungen weckt auch Umsatz-Erwartungen. Manche Kunden seien während der Pandemie zum Online-Shopping abgewandert, so Alberte Karoline Harboe, die jetzt auf deren Rückkehr hofft.

Probieren geht über studieren

„Man muss es einmal ausprobieren“, sagt Heike Hertwig. Im schlimmsten Fall müsse man eben wieder zurückrudern. „Die Regierung hat Berater, die lange studiert haben“, vertraut sie den Entscheidungen in Kopenhagen. „Man fühlt sich hier enorm sicher“, findet Heike Hertwig, die aus Nordhessen stammt, seit etwa 30 Jahren im Königreich lebt und in Tondern arbeitet

Klischee mit hohem Realitätsbezug

Der dänische Pragmatismus ist wohl nicht nur ein Klischee. „Wenn du dich krank fühlst, bleibst du zu Hause“, sagt Bauarbeiter Bjarne, der mit seinem Kollegen Thomas beschlossen hat, dem Reporter nur den Vornamen zu nennen. Thomas sagt: „Ich denke nicht, dass die Leute hier mit dem Ende der Maßnahmen ein Problem haben werden. Jetzt heißt es nicht mehr Pandemie, jetzt ist es wie die Influenza.“

Leichtsinnig werden die Dänen trotz der Lockerungspolitik wohl nicht. „Die Plexiglasscheiben werden wir beibehalten“, erklärt Ib Schröder, der in einem Bekleidungsgeschäft arbeitet. „Man sollte noch vorsichtig sein“, sagt er.

Die Aufhebung der Restriktionen in seinem Land hält er für vertretbar, die Immunisierung der Bevölkerung für ausreichend. „Viele haben es gehabt, viele sind geimpft“, fasst der Einzelhändler die Corona-Lage im Königreich zusammen.

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