Kernkraft in SH

FDP will Wiederanfahren von Atomkraftwerk Brokdorf prüfen

FDP will Wiederanfahren von Atomkraftwerk Brokdorf prüfen

FDP will Wiederanfahren von Atomkraftwerk Brokdorf prüfen

SHZ
Kiel / Brokdorf
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Seit 31. Dezember vom Netz: das Kernkraftwerk in Brokdorf. Foto: Christian Charisius / SHZ

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Wegen der Ukraine-Krise denkt die FDP im Norden über den Ausstieg aus dem Ausstieg der Atomenergie aus, auch in Schleswig-Holstein. Dafür hagelt es Kritik vom Koalitionspartner.

Das kommt überraschend: Die FDP in Schleswig-Holstein, die schon vor Jahrzehnten und lange vor der Bundespartei den Ausstieg aus der Kernenergie gefordert hat, macht jetzt eine Kehrtwende. Angesichts des Krieges in der Ukraine und möglicher Engpässe bei der Energieversorgung sagt der energiepolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Oliver Kumbartzky: „Eine temporäre Aussetzung des Atomausstiegs sollte geprüft werden. Das betrifft zum einen die noch laufenden Kernkraftwerke, aber auch die erst vor wenigen Wochen vom Netz gegangenen Meiler, wie beispielsweise Brokdorf.“ Es dürfe keine Denkverbote und Tabus geben.

Grüne kritisieren FDP

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte das Thema aufgebracht. Seine Parteifreundin Monika Heinold sagt dazu jedoch: „Wir haben den Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen und dazu stehe ich. Es kann und darf keine Antwort auf eine internationale Krise sein, abgeschaltete Kernkraftwerke wieder ans Netz gehen zu lassen.“ Das sei aus sicherheits- wie umweltpolitischer Sicht unverantwortlich. Denn weil es immer noch kein Endlager für den strahlenden Müll gebe, verstärke jeder Tag, den die Atomkraftwerke länger am Netz blieben, das Problem.

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Hans-Jörn Arp sieht das differenzierter. Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion hatte vor zwei Jahren für Kopfschütteln bei seinen Koalitionspartnern gesorgt, weil er die Verlängerung der Laufzeit des Meilers in Brokdorf ins Spiel gebracht hatte – und war dafür von FDP-Fraktionschef Christopher Vogt gar als „Atom-Hansi“ bezeichnet worden. Jetzt sagt Arp: „Es geht darum, dass Deutschland sichere, verfügbare und bezahlbare Energie hat.“ Es müsse frei von Ideologien diskutiert werden, wie man dafür aus der Abhängigkeit von Russland heraus komme. Dazu gehört für Arp auch die Debatte um Brokdorf. „Wenn ein Wiederanfahren technisch möglich ist, sollte man darüber nachdenken.“

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Betreiber äußern Bedenken

Das könnte schwierig werden: Die Betreiber der drei noch laufenden Kernkraftwerke hatten schon nach Habecks Ansage, die Laufzeitverlängerung prüfen zu lassen, abgewunken: Die Vorbereitungen der Abschaltungen seien so weit fortgeschritten, dass die Kraftwerken nur unter höchsten Sicherheitsbedenken weiterbetrieben werden könnten.

„In dieser Ausnahmesituation sind wir von der Preussen Elektra bereit, darüber zu sprechen, unter welchen technischen, organisatorischen und regulatorischen Randbedingungen eine verlängerte Nutzung möglich wäre, sofern dies seitens der Bundesregierung ausdrücklich gewünscht ist“, sagt die Sprecherin des Betreibers des Kernkraftwerks Brokdorf, Almut Zyweck. „Technisch erfüllen unsere Kernkraftwerke – dazu gehören auch die jüngst abgeschalteten Anlagen Brokdorf und Grohnde – alle sicherheitstechnischen Anforderungen. Aber: Wir bereiten uns schon seit Jahren sowohl technisch als auch organisatorisch auf die Stilllegung unserer Anlagen vor. Dies hat zur Folge, dass wir nicht mehr über frische Brennelemente verfügen, die für einen Weiterbetrieb dieser Anlagen bräuchten.“ Für einen Leistungsbetrieb stünde auch nicht mehr genügend Personal bereit.


Kumbartzky will dennoch über Kernenergie sprechen, um die Abhängigkeit von Russland zu beenden – und auch aus klimapolitischen Gründen: „Eine temporäre Aussetzung des Atomausstiegs ist jedenfalls sinnvoller als das Hochfahren von Kohlekraftwerken.“

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