Fehlende Unterkünfte für Flüchtlinge: Amtsdirektorin schließt Beschlagnahme von Wohnraum nicht aus

Fehlende Unterkünfte für Flüchtlinge: Amtsdirektorin schließt Beschlagnahme von Wohnraum nicht aus

Fehlende Unterkünfte für Flüchtlinge: Amtsdirektorin schließt Beschlagnahme von Wohnraum nicht aus

Martin Engelbert
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Der ehemalige Schaalby Krog wurde zu einer Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge ausgebaut und bietet nun Wohnraum für etwa 20 Menschen im Amt Südangeln. Foto: Martin Engelbert

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Die aktuell wieder steigende Zahl an Flüchtlingen bereitet den Verantwortlichen im Kreis Schleswig-Flensburg, in den Städten und Gemeinden Sorgen. Wohnraum zur Verfügung zu stellen, wird zunehmend zur Herausforderung. Nun wird auch über die Er...

Nach dem Schlüssel, nach dem die Füchtlinge im ganzen Land verteilt werden, müsste Schleswig nach den geltenden Prognosen in diesem Jahr bis zu 309 Geflüchtete aus der Ukraine aufnehmen. „Derzeit sind in Schleswig zirka 205 Ukrainer und Ukrainerinnen offiziell untergebracht worden, somit muss noch in diesem Jahr für zirka 105 Personen Wohnraum beschafft werden“, erklärt Jane Dittmer, Sprecherin der Stadt. Hinzukommt Wohnraum für 48 Flüchtlinge, die nicht aus der Ukraine stammen und die noch kommen können.

Unterbringung in der Jugendherberge

Noch, so Dittmer weiter, bringe die Stadt Geflüchtete ausnahmslos dezentral in privatem Wohnraum unter. Doch die eigene Suche nach Wohnraum gestalte sich mittlerweile schwierig. „Zum jetzigen Zeitpunkt erhält die Stadt Schleswig noch punktuell Wohnungsangebote. Diese nehmen jedoch fortlaufend ab.“ Angesichts des massives Mehrbedarfs fehle Wohnraum für die Unterbringung der Vertriebenen.

Entlastung bringen soll die Anmietung der Jugendherberge in Kooperation mit dem DRK, die „zeitnah geplant“ ist. Zunächst werde sie mit 45, ab 2023 mit etwa 60 Personen belegt – und somit den voraussichtlichen Bedarf nicht decken. Deshalb werde auch die Errichtung von Wohncontainern auf städtischen Flächen oder Liegenschaften in Erwägung gezogen. Ab 2023 will die Stadt Schleswig selbst Wohnraum anmieten.

Wohnungsangebote werden weniger

Holger Weinert, Leiter des Ordnungsamts im Amt Arensharde, greift in Sachen Wohnraum für Flüchtlinge derzeit nahezu täglich zum Telefonhörer. Noch geht er davon aus, dass „wir bis Jahresende hinkommen, mit dem, was geplant war“. Die Vorgabe für sein Amt beträgt 169 geflüchtete Ukrainer, 124 davon sind bereits aufgenommen worden.

Doch Weinert geht davon aus, dass sie auch in seinem Amt an die Grenzen stoßen könnten, wenn die Flüchtlingszahlen weiter steigen. Weinert versucht deshalb auch Ferienwohnungen zumindest vorübergehend als Flüchtlingsunterkünfte anzumieten. „Aber das ist nicht mehr so wie früher“, sagt er. Viele Wohnungen seien heute um Weihnachten und den Jahreswechsel herum vermietet.

Kaum noch Wohnungen im Amt Südangeln

Als „schlecht“ bezeichnet Amtsdirektorin Svenja Linscheid die Verfügbarkeit von Wohnraum im Amt Südangeln. „Quotenmäßig müssten wir dieses Jahr etwa 160 Flüchtlinge aus der Ukraine“, berichtet sie. „Aufgenommen haben wir bisher etwa 120.“

Nach ihrer Beobachtung habe die Bereitschaft, privat Wohnraum für Geflüchtete zur Verfügung zu stellen, nachgelassen, so Linscheid weiter. „Ein Problem ist, dass es insgesamt zu wenig Wohnraum gibt.“ Selbst Einheimische schafften es derzeit ja kaum, eine Wohnung zu finden. Aber natürlich sei man dabei, Wohnungen zu akquirieren, so Linscheid. 

„Immerhin hat das Amt es hinbekommen, die Gemeinschaftsunterkunft im ehemaligen Schaalby Krog zu schaffen“, sagt Linscheid. „Wir versuchen nun im Austausch mit anderen Ämtern herauszufinden, ob wir eine gemeinsame Lösung schaffen können.“

Ferienwohnung als Zwischenlösung

Wenn partout nicht ausreichend Wohnraum für Flüchtlinge bereitgestellt werden könne, will Linscheid nicht ausschließen, „dass wir Wohnraum beschlagnahmen“. Hierfür kämen in den Wintermonaten in erster Linie Ferienquartiere in Frage. Doch auch das sei nur eine Zwischenlösung, denn spätestens Beginn der Touristensaison würden diese Wohnungen anderweitig gebraucht.

Beim Kreis, der für die Verteilung der Geflüchteten auf die Ämter, Gemeinden und Städte zuständig ist, arbeitet man mit Hochdruck daran, Lösungen zu finden, denn „es kommen wieder mehr Menschen in kürzeren Intervallen“, sagt Nils Wienke, Leiter des Fachdienstes Migrationsmanagement. Derzeit werde auch beim Kreis mit Höchstdruck daran gearbeitet, Wohnraum zu suchen, anzumieten und herzurichten.

Containerdorf als vorletzte Lösung

Auf der Suche nach Lösungen hatte der Kreis am Donnerstag die Kommunen zu einem Meinungsausstauch eingeladen. Dort habe man unter anderem diskutiert, was man gemeinschaftlich auf die Beine stellen kann, um Wohnraum für die Geflüchteten zu generieren, berichtet Wienke – und so zu vermeiden, sie in Turnhallen oder Gemeindehäusern unterbringen zu müssen. Dabei habe die Diskussion Fahrt aufgenommen, ob und wie man gegebenenfalls kurzfristig ein Containerdorf errichten kann.

Konkrete Verabredungen habe es zwar noch keine gegeben, es sei aber deutlich geworden, dass man alle Kräfte für gemeinsame Anstrengungen bündeln müsse, um nicht in eine Lage zu geraten, die nur noch schwer oder gar nicht mehr zu händeln sei, so Wienke. Sein Appell: „Wir brauchen Wohnungen, Wohnungen, Wohnungen. Wer eine anbieten kann, kann sich an seine Amtsverwaltung, die Gemeinden oder den Bürgermeister wenden. Es geht jetzt darum enger zusammenzustehen.“

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