Sängerin Norma im Interview

Fering, Hochdeutsch, Platt: Norma über ihr neues Album, Föhr und Bauchgefühl

Fering, Hochdeutsch, Platt: Norma über ihr neues Album, Föhr und Bauchgefühl

Norma über ihr neues Album, Föhr und Bauchgefühl

SHZ
Föhr/Hamburg
Zuletzt aktualisiert um:
Am 25. März erscheint das neue Album der gebürtigen Föhrerin. Darauf sind ausschließlich plattdeutsche Lieder zu finden. Foto: Privat/Norma/shz.de

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Sie singt – und spricht – hochdeutsch, plattdeutsch und fering. Sängerin Norma bringt am 25. März ihr neues Album raus. Im Interview spricht die Föhrerin über Sprache, ihre Vorliebe fürs Radio und vegane Fischbrötchen.

„Ah ich hole noch kurz meinen Kaffee, Moment“, sagt Norma Schulz und verschwindet kurz aus dem Sichtfeld. Zu sehen bleibt ihre Hamburger Wohnung, ein gemütliches dunkelgraues Sofa, ein Vintagesessel vor dem Fenster, Grünpflanzen und ein Keyboard. Dann erscheint Norma, die in Wyk aufgewachsen ist, wieder im Bild, setzt sich. Das Du hat sie, typisch norddeutsch, zuvor schon angeboten.

Nach dem Abschluss hat die gebürtige Föhrerin die Insel verlassen, um zu studieren, Musikerin zu werden. Das ist jetzt 17 Jahre her. Am kommenden Freitag, 25. März, erscheint ihr neues Album – „Op Platt“ komplett auf Plattdeutsch. Ihre Liedtexte behält die Sängerin erstmal für sich, erzählt sie, ihre Mutter oder Schwester gehören meist zu den ersten, die sie zu lesen oder hören bekommen. Klar, den für einen Teil von Normas Musik ist es hilfreich, wenn man Fering und Plattdeutsch versteht. Ansonsten „testet“ sie die Lieder bei Konzerten, um zu gucken, „wie fühlt sich der Song auf der Bühne an“. Im Interview mit shz.de-Reporterin Anna Goldbach spricht die Föhrerin über Sprache, ihre Vorliebe fürs Radio und vegane Fischbrötchen.

Mit 17 hast du die Insel verlassen, um nach Hamburg zu ziehen. Fehlt dir das Inselleben manchmal oder genießt du den Trubel und die Vielfalt der Großstadt?

Ich bin super gerne auf Föhr und fahre immer gerne zurück, aber gerade ist es für mich Hamburg – vor allem die Kunst- und Kulturszene, Gastronomie, Dinge, die man hier erleben kann. Jeden Abend ist irgendwo irgendwas. Ich mag es gerne abends kleine Konzerte oder ein Theater zu besuchen, das würde mir fehlen. Vielleicht wird es irgendwann wieder Föhr, vielleicht brauche ich irgendwann wieder mehr Ruhe.

Wenn du auf Föhr bist – ist das Urlaub oder ein Heimatbesuch?

Vor allem Familienbesuch. Auch um den Kopf mal freizubekommen, runterkommen, sich klar werden. Wenn man sich das Lied dann runterlädt und es auf der Fähre hört, merkt man wo es hakt.

Nach dem Studium hast du als Musiklehrerin gearbeitet, mittlerweile machst du Musik.

Genau, das war ich ein paar Jahre. Hab ein bisschen Gesangsunterricht gegeben, Chöre geleitet, Klavier unterrichtet.

Vermisst du denn das Unterrichten manchmal?

Manchmal fragen mich Kollegen, ob ich Vertretung machen kann und wenn's passt mache ich das dann. Aber eigentlich war für mich immer klar: Ja, ich will irgendwas mit Musik machen, aber am allerliebsten möchte ich auf der Bühne stehen.

Lieber große oder kleine Bühne?

Jetzt gerade groß – mit dem neuen Album. Früher war ich eher so Singer-Songwriterin, habe auch gerne mal alleine irgendwo gespielt. Und jetzt haben wir es größer produziert, es ist eher als Band-Album gedacht und so plane ich jetzt auch die Bühnen.

Die Sprachen, auf denen du singst, vermitteln eine Verbundenheit zum Norden. Ist es denn dann ein anderes Gefühl in Hamburg oder auf Föhr zu spielen, also dort wo du zu Hause bist?

Es ist ein bisschen ein anderes Gefühl, wenn meine Familie da ist. Aber ob dann Föhr oder Hamburg ist egal. So oft spiele ich ja leider nicht auf Föhr. Hamburg, Ostsee, Ostfriesland – da bin ich dieses Jahr sehr viel, irgendwie sind die auf mich aufmerksam geworden. Das ist toll, weil die Gegend habe ich noch gar nicht so bespielt, aber klar durchs plattdeutsch geht’s auch dahin.

Wo Du gerade plattdeutsch ansprichst. Du singst ja auf Friesisch, Hochdeutsch und Plattdeutsch. Sprichst Du diese Sprachen auch – oder viel mehr: wann sprichst Du was?

Ich bin mit Friesisch aufgewachsen, also spreche es zu Hause oder mit meiner Schwester Levke, die auch hier in Hamburg wohnt. Das ist immer ganz lustig, weil die Leute glauben, wir sprechen Dänisch, wenn wir uns in der Bahn oder so unterhalten. Plattdeutsch war auch irgendwie immer da: Meine Großeltern haben mit meinem Vater Plattdeutsch geredet, aber mit uns wurde kein Platt gesprochen.

Das heißt, du hast es nur durchs Hören gelernt?

Ja. Ich habe immer gesagt: Ich kann kein Plattdeutsch. Und irgendwann habe ich einfach angefangen, mich zu trauen. Und so schlecht war es dann gar nicht. Ja und dann habe ich mir gedacht, dass ich es gerne besser können würde – habe angefangen plattdeutsche Musik zu hören, bin ins Ohnsorg-Theater gegangen, habe plattdeutsche Podcasts gehört und eine Zeit lang mit meiner Mutter platt gesprochen.

Dein neues Album ist ja jetzt komplett auf Platt. Warum hast du dich dafür entschieden? Was macht den Reiz der Sprache für dich aus?

Ach bei mir ist alles kurzfristiges Bauchgefühl: Ach ich mach mal auf Plattdeutsch – das war so'ne spontane Idee. Dass es dann so wird und so lange dauert, war dann doch überraschend. Ich finde einfach die plattdeutsche Sprache ist sehr ehrlich, sehr direkt, hat sehr viel Witz. Auch negative Sätze hören sich nie so schlimm an wie im Hochdeutschen, es hat irgendwie was Herzliches. Auch die Phonetik ist dem Englischen ähnlich – sehr viele Vokale – daher ist es sehr dankbar auf dieser Sprache zu singen.

Du sagst, du hast sehr lange an dem Album gearbeitet, wie lange denn?

Wirklich intensiv daran gearbeitet, so zwei, zweieinhalb Jahre. Ich hatte schon ein paar Textzeilen, die ich mit mir rumgetragen habe. Aber das fertig zu machen dauert länger. Ich habe viel mit dem Plattdeutschzentrum in Leck zusammengearbeitet. Die haben im Nachhinein nochmal alles Texte und meine Aussprache korrigiert (lacht).

Da du ja viel aus dem Bauch heraus entscheidest: Ist es auch dein Bauchgefühl, das dir sagt, ob ein Song nun Hoch-, Plattdeutsch oder Friesisch wird? Oder ist das abhängig vom Inhalt?

Mhm, es ist eher eine Grundstimmung, die ich habe. Ich habe auch noch sehr viele hochdeutsche und friesische Zeilen in meinem kleinen Büchlein, an denen ich weiterarbeiten möchte. Von daher ist es eher die Stimmung, die vorgibt, in welcher Sprache ich gerade singen möchte.

Also bist du die, die immer ihr Notizbuch dabei hat oder muss auch mal das Handy herhalten?

Manchmal ist nur das Handy da, da sind auch einige Skizzen. Das ist ganz witzig, weil manchmal findet man da noch ganz alte Sachen.

Wie würdest du selbst deine Musik – auf dem neuen Album – beschreiben?

Plattdeutsch, modern und selbstbewusst. Plattdeutsch als alte Sprache, modern, weil wir viel Synthesizer und elektronische Drums eingebaut haben und selbstbewusst, weil's mein drittes Album ist. In einem Lied beschreibe ich meinen Weg – wie ich als Kind angefangen habe, vorm Spiegel gesungen und davon geträumt habe auch mal im Radio zu laufen, wie ich nach Hamburg gegangen bin und hier hat niemand auf einen gewartet… und da meinen Weg zu finden. Ich glaube, das ist der persönlichste Song auf dem Album.

In einem Interview 2014 sagtest du „Pläne habe ich noch nie gemacht“ – ist das noch immer so?

(lacht) Ja! Ich plane nicht lange voraus.

Weiterlesen: Sein Ziel sind die Charts – Dank Corona macht der Föhrer Bennet Christiansen jetzt Musik

Zu guter Letzt: Wir verbringen zwei Nachmittage miteinander und Du zeigst mir deine liebsten Orte. Einen auf Föhr, einen in Hamburg. Wo gehen wir hin, was machen wir?

Früher hat man den Strand gar nicht so geschätzt, mittlerweile muss ich, wenn ich auf Föhr bin, jeden Tag einmal an den Strand. Von daher: Strandspaziergang und anschließend würde ich dich zu uns nach Hause einladen, einen Kaffee machen. Dazu gäbe es selbstgebackenen Kuchen, weil ich gerne koche und backe. In Hamburg würden wir in ein Café gehen, weil ich da gerne sitze und gucke. In Winterhude bin ich gerne im Elbgold, vermutlich würden wir dahin gehen, aber Schanze ist auch gut. Dann kurz auf ein Fischbrötchen an den Hafen. Mittlerweile gibt es sogar vegane Fischbrötchen, hatte ich gestern.

Und, gut?

Schmeckt gut! Danach irgendwohin setzen und quatschen. Und abends dann vielleicht ins Theater oder kleine Clubs gehen, um neue Musik zu entdecken.

Was hörst du denn privat, wenn du morgens deine Playlist anschmeißt?

Tatsächlich bin ich Radio-Mensch. Mir gefällt, dass sich da jemand Gedanken über eine Reihenfolge gemacht hat. Gerne höre ich entspannte Sender, die auch alte Sachen spielen, wie Norah Jones.

Du hast einen Wunsch frei – für dich privat oder deine Karriere. Was wünschst du dir?

Erstmal natürlich Gesundheit für meine Familie. Mhm und ansonsten würde ich gerne mal im Fernsehen meine Musik machen. Obs jetzt bei Ina Müller oder im Morgenmagazin ist. Nicht viel schnacken, nur Musik machen.

Mehr lesen

Leitartikel

Gwyn Nissen
Gwyn Nissen Chefredakteur
„Zusammenhalt: Es geht noch viel mehr in Nordschleswig“