Jahresabschluss 2021

Fernwärme bald noch teurer? Das sagt Flensburgs Stadtwerke-Chef Dirk Wernicke

Fernwärme bald noch teurer? Das sagt Flensburgs Stadtwerke-Chef Dirk Wernicke

Das sagt Flensburgs Stadtwerke-Chef zur Fernwärme

Ove Jensen/shz.de
Flensburg
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Die Stadtwerke haben beim Heizen in Flensburg eine Monopolstellung. Foto: Michael Staudt/shz.de

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Die Fernwärme-Versorgung für fast alle Haushalte in Flensburg ist für die Stadtwerke derzeit ein Verlust-Geschäft. Geschäftsführer Dirk Wernicke erklärt, warum das kommunale Unternehmen 2021 dennoch Gewinn gemacht hat.

Heizen wird immer teurer. Das spüren auch die Fernwärme-Kunden in Flensburg – und das sind aufgrund des Anschlusszwangs fast alle Bürger der Stadt. Erst zum 1. April hatten die Stadtwerke den Arbeitspreis für die Fernwärme um 18,7 Prozent angehoben. Bereits im September 2021 war der Preis um durchschnittlich 12,8 Prozent gestiegen. Selbst für ein kleines Reihenhaus kommen inzwischen schnell 2000 Euro im Jahr zusammen.

Geht es nun alle paar Monate in so großen Schritten weiter nach oben? Stadtwerke-Geschäftsführer Dirk Wernicke beruhigt. Für dieses Jahr seien keine weiteren Preisrunden zu erwarten, sagte er am Donnerstag, als er den Jahresabschluss 2021 der Flensburger Stadtwerke vorstellte. 2023 kann das allerdings schon wieder anders aussehen. Allerdings schränkt er alle Aussagen zum Thema Energiepreise ein mit dem Hinweis, dass verlässliche Vorhersagen gegenwärtig kaum möglich seien.

Klar ist aber: Der Fernwärme-Preis in Flensburg ist auch ein politischer. Die Stadtwerke gehören zu 100 Prozent der Stadt Flensburg. Im Aufsichtsrat sitzen Vertreter der Ratsparteien. Dort entscheiden sie nicht nur über die langfristige Unternehmensstrategie, sondern reden auch mit bei der Frage, auf wie viel Stadtwerke-Gewinn der städtische Haushalt verzichtet, damit das Heizen bezahlbar bleibt.

Dabei dürfte Flensburg aber keine Insel der Glückseligen bleiben, wenn im Rest der Welt die Energiepreise weiter ansteigen. In der offiziellen Stadtwerke-Strategie ist lediglich von „fairen und marktvergleichbaren Preisen für die Region“ die Rede.

Genaue Zahlen haben am Donnerstag weder Wernicke noch Aufsichtsratschef Thorsten Kjärsgaard (SSW) genannt. Manche Bemerkungen lassen aber durchblicken, dass es beträchtliche Beträge sind, die die Stadtwerke im vergangenen Heizperiode mit der Fernwärme verloren haben.

„Der Kälte-Einbruch im Dezember hier in der Region hat uns Geld gekostet“, sagte Wernicke.

Gewinn schrumpft auf 4,6 Millionen Euro

Dabei macht die Fernwärme-Sparte überhaupt nur elf Prozent des Stadtwerke-Geschäfts aus. Dennoch reichte ein einziger besonders kalter Monat aus, um den ohnehin schon stark eingebrochenen Unternehmensgewinn noch einmal spürbar zu verringern.

Der Gewinn vor Steuern belief sich 2021 im Energiegeschäft auf 4,6 Millionen Euro. Nach Steuern sind es 1,9 Millionen. Zum Vergleich: 2020 betrug der Gewinn vor Steuern 27,5 Millionen Euro. 2019 waren es 23,1 Millionen.

Anders als manche andere Energieversorger schreiben die Stadtwerke zumindest keine roten Zahlen. Dennoch: Das Ergebnis sei deutlich unter Plan geblieben, sagt Wernicke, und das bei einem stark gestiegenen Umsatz. 701,4 Millionen Euro Umsatz bedeuten ein Wachstum von 33 Prozent.

Den Löwen-Anteil bildet dabei das überregionale Stromgeschäft. Es macht inzwischen 73 Prozent aus. Strom von den Flensburger Stadtwerken kann man in ganz Deutschland beziehen. Nur zwölf Prozent der Stromkunden kommen aus Flensburg.

Bundesweit mehr als 250.000 Stromkunden

Die Stadtwerke haben bundesweit über zwei Terrawattstunden an Stromkunden abgesetzt. Das entspricht einem Wachstum von 37 Prozent zum Vorjahr und bezieht sich auf den Privat- und Geschäftskundenbereich. Insgesamt beliefert das Unternehmen fast 256.000 Haushalte in ganz Deutschland mit Strom.

Als der Strommarkt Ende 2021 aus den Fugen geriet, galt bei den Stadtwerken ein Neukunden-Stopp. „Inzwischen können Sie uns auf den Vergleichsportalen wie Verivox oder Check24 wieder finden“, sagt Wernicke. Allerdings agiere man dort noch sehr zurückhaltend. Und neue Erdgas-Kunden nehmen die Stadtwerke weiterhin nicht auf.

Keine Prognose für 2022

Für das vergangene Jahr war eigentlich geplant, dass die Stadtwerke vier Millionen Euro Gewinnausschüttung an die Stadt Flensburg überweisen. Auf diese Summe muss Kämmerer Henning Brüggemann nun komplett verzichten.

Im Moment deutet wenig darauf hin, dass die Zahlen 2022 besser aussehen werden. Wernicke: „Die Ausnahme-Situation an den Energiemärkten hat sich mit dem Angriffskrieg auf die Ukraine seit dem 24. Februar noch einmal verstärkt.“

Zudem waren die ersten Monate dieses Jahres überdurchschnittlich kalt, was weitere Verluste im Fernwärmegeschäft bedeutet.

Zur gegenwärtigen wirtschaftlichen Situation des Unternehmens sagt der Geschäftsführer: „Es sieht momentan vernünftig aus.“

Sollten die Zeiten der sprudelnden Stadtwerke-Gewinne für längere Zeit vorbei sein, hätte das Auswirkungen nicht nur auf den Kern-Haushalt der Stadt Flensburg, wie Kämmerer Henning Brüggemann gegenüber shz.de betont. Die Stadtwerke gleichen mit ihren Gewinnen aus dem Energiesektor auch Verluste von defizitären Betrieben wie Aktivbus oder dem Hafen aus.

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