Schleswig-Holstein

Flemming Meyer verlässt nach 11 Jahren den Landtag

Flemming Meyer verlässt nach 11 Jahren den Landtag

Flemming Meyer verlässt nach 11 Jahren den Landtag

Dieter Schulz/shz.de
Schafflund
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Flemming Meyer bleibt bis 2021 Landesvorsitzender seiner Partei. Foto: dpa/shz

Am kommenden Sonnabend verlässt Flemming Meyer, Vorsitzender des Südschleswigischen Wählerverbandes (SSW), den Landtag.

„So manches Schulkind, das sich die Füße in Klanxbüll festgefroren hatte, weil der Zug nicht kam, studiert mittlerweile.“  oder „Stell dir vor, es gilt Rauchverbot und niemand weiß es.“ Wenn Flemming Meyer ans Rednerpult des Kieler Landtages trat, erklang Klartext. Elf Jahre lang stritt der SSW-Abgeordnete für die Interessen der dänischen Minderheit ebenso leidenschaftlich wie für die Interessen aller Schleswig-Holsteiner.

Allerdings: Oberlehrerhaft  wirkte der ehemalige Lehrer dabei selten. Nun, mit Wirkung zum kommenden Sonnabend, legt der 68-Jährige sein Mandat nieder. „Aus meiner Sicht ist jetzt der richtige Zeitpunkt für einen Generationswechsel beim SSW im Landtag gekommen“, erklärt Meyer seine Entscheidung.

Der im dänischen Sonderburg Geborene möchte mehr Zeit für seine Frau und seine vier Kinder haben. „Ich bin seit über elf Jahren Mitglied des Landtags und habe ein Alter erreicht, in dem es Sinn macht, sich über einen neuen Lebensabschnitt Gedanken zu machen“, so Meyer. Allerdings: So ganz von 100 auf Null kann das SSW-Urgestein nicht von der Politik lassen. Bis 2021 will er Landesvorsitzender seiner Partei bleiben.

Wie der Vater so der Sohn

Meyer bekam die Politik im wahrsten Sinne des Wortes bereits in die Wiege belegt. Schon sein Vater Karl Otto spielte eine wichtige Rolle in der dänischen Minderheit und in der schleswig-holsteinischen Landespolitik: Karl Otto Meyer war ebenfalls SSW-Landesvorsitzender und insgesamt 25 Jahre Landtagsabgeordneter. In seiner Zeit als Parteivorsitzender machte KOM aus der reinen Minderheiten-Partei als Pro-Dänemark-Bewegung eine südschleswigsche Regionalpartei und lieferte damit auch die Grundlage dafür, dass der SSW unter Nachfolgerin Anke Spoorendonk den nächsten Schritt machen konnte – hin zu einer Landespartei, die nach einer Wahlgesetzänderung nun auch in Holstein wählbar wurde.

Und mit Spoorendonks Ernennung zur Ministerin in der Küstenkoalition unter Torsten Albig (SPD) ging für Karl Otto Meyer verspätet sogar dessen Traum der vollen Gleichberechtigung in Erfüllung. Sein Sohn Flemming gehört seit 1966 dem SSW an, war Kreisvorsitzender für Flensburg-Land, ist seit dem 10. September 2005 Parteivorsitzender. 1989 rückte Meyer in den Kreistag Schleswig-Flensburg nach, wurde 2009 in den Landtag gewählt.

Kampf um Berlin

Flemming Meyer war nicht nur wie sein Vater Politiker und Lehrer, sondern kämpfte wie er auch um ein Comeback des SSW bei der Bundestagswahl. Bei der ersten Bundestagswahl 1949 gelang dem SSW mit 75.000 Stimmen der Sprung ins Bonner Parlament, und der Abgeordnete Hermann Clausen – zuvor SPD-Bürgermeister in Schleswig – war sogar Zünglein an der Waage bei der Wahl des ersten Bundeskanzlers. Konrad Adenauer erhielt nur dank der eigenen Stimme die absolute Mehrheit; SSW-Clausen hatte sich damals enthalten – 1953 ging das Mandat dann verloren.

Nun hat sich der Landesvorstand einstimmig für eine „kleine Revolution“ – aber nur auf dem Stimmzettel – ausgesprochen. Wer allerdings für den SSW als Bundestagskandidat  antreten wird, ist noch offen. Als heißer Kandidat gilt der Flensburger Christian Dirschauer, der Meyer im Kieler Landtag ablöst und der bereits als Partei-Vize für den Bundestag plädiert hatte.

Damit könnte der Meyer-Nachfolger ausgerechnet zum Spielverderber für einen Mann werden, dem auf beiden Seiten der Grenze viele Sympathien entgegenschlagen: Robert Habeck. Wer wie der Grünen-Parteichef Kanzlerkandidat seiner Partei werden will, sollte seinen Wahlkreis gewinnen. Und gerade da könnten ihm die befreundeten Stammwähler des SSW im Wahlkreis 1 Flensburg-Schleswig einen Strich durch die Rechnung machen.  

Gleichberechtigte Minderheit

Aber das wird dann nicht mehr die Sorge von Flemming Meyer sein. Der fühlte sich besonders durch den Besuch der dänischen Königin  Margrethe II. im vergangenen Jahr  in seiner Politik  bestärkt. Die Kernbotschaft der Monarchin sei klar und deutlich gewesen, bilanziert der SSW-Chef anschließend: „Deutschland und Dänemark haben nach Jahrhunderten des Konflikts einen Konsens gefunden, der nachhaltigen Frieden und eine fruchtbare Zusammenarbeit über die Grenze hinweg ermöglicht. Und dieser Konsens besteht ganz entscheidend aus dem Bestreben, eine Politik zu führen, die es den Minderheiten ermöglicht, ein gleichberechtigter Teil der Bevölkerung zu sein ohne ihre Identität aufgeben zu müssen.“

Und noch eine wichtige Erkenntnis habe Margrethe II. am Beispiel der dänischen Südschleswiger unterstrichen, so  Meyer: „Dass man problemlos ein loyaler Staatsbürger in einem Land sein kann, obwohl das Herz für ein anderes schlägt. Weise Worte in diesen Zeiten, in denen der Nationalismus europaweit wieder aufkeimt.“

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