In Hörnum auf Sylt

„Das geht an die Substanz“: Eltern von schwerkranker Anna (29) suchen Hilfe

„Das geht an die Substanz“: Eltern von schwerkranker Anna (29) suchen Hilfe

Eltern von schwerkranker Anna suchen Hilfe

SHZ
Hörnum
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Susanne Hübner und ihre 29 Jahre alte Tochter Anna im heimischen Wohnzimmer in Hörnum. Foto: Nils Leifeld /SHZ

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Anna Hübner (29) aus Hörnum ist schwer behindert und braucht Intensivpflege. Doch bietet das kein Sylter Dienst an.

Anna Hübner kam im Jahr 1992 zur Welt, als ältestes Kind ihrer Eltern Wolfgang und Susanne. Doch war sie ein Frühchen und kam bereits in der 26. Schwangerschaftswoche zur Welt. Durch eine schwere Hirnblutung erlitt sie schwere Behinderungen, kämpfte um ihr Leben. Sie überlebte, hatte aber von Anfang an geringe Chancen auf ein langes Leben. „Die Ärzte sagten uns damals, sie wird höchstens sieben, inzwischen ist sie 29 Jahre alt“, erzählt Wolfgang Hübner.

Angewiesen auf Intensivpflege

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Doch Anna Hübner ist ein Pflegefall und auf Intensivpflege angewiesen. Ein Problem auf einer Insel wie Sylt, auf der kein einziges Pflegedienst die Intensivpflege anbietet, die Anna benötigt. Es sind vor allem die Nächte, in denen auf Anna aufgepasst werden muss. Sie bekommt Sauerstoff, außerdem müssen ihre Bronchen abgesaugt werden wegen der starken Verschleimung. Zudem muss Anna mehrmals in der Nacht gelagert werden.


Da es auf Sylt keinen Intensivpflegedienst gibt, kümmert sich ein Pflegedienst aus Kiel: Teamwerk Pflege und Assistenz von Geschäftsführerin Bettina Krohn. „Unser Pflegedienst Teamwerk mit Sitz in Kiel versorgt Anna Hübner seit August 2020. Wir sind ein ambulanter Intensivpflegedienst und versorgen schwerkranke Patienten in ganz Schleswig-Holstein in ihrem Zuhause bei Bedarf rund um die Uhr am 365 Tagen im Jahr“, sagt Krohn gegenüber shz.de. „Bei Familie Hübner arbeiten wir nur nachts, das heißt zehn Stunden. Aufgrund der schwierigen personellen Situation arbeitet derzeit nur eine Pflegekraft, die auch von Sylt kommt, bei Frau Hübner. Sie deckt monatlich etwa 15 Nächte ab, wir benötigen aber mindestens noch ein bis zwei weitere Pflegefachkräfte, damit wir den kompletten Monat unsere Patientin versorgen zu können“, so Krohn weiter.

Eltern am Limit

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Seit 29 Jahren versorgen Susanne und Wolfgang Hübner ihre schwerbehinderte Tochter. Sie teilen sich die Nachtschichten untereinander auf. Ein Urlaub in trauter Zweisamkeit ist und bleibt für die 61-jährige Saisonkraft in der Kurverwaltung in Hörnum und den 55 Jahre alten Schornsteinfeger in Frührente auch nach vielen Jahren ein Wunschtraum. „Beide sind am Limit“, sagt Bettina Krohn.


„Ich schlafe seit 29 Jahren – wenn ich mit Nachtwache für Anna dran bin – im Grunde nur vier bis fünf Stunden pro Nacht und das nicht mal am Stück“, sagt Susanne Hübner. Allmählich, so die 61-Jährige, merke sie, dass sie das in ihrem Alter nicht mehr so einfach wegstecke wie früher. „Was ist in zehn oder 20 Jahren, wenn wir noch älter sind? Wer kümmert sich um Anna, wenn wir nicht mehr sind?“ Susanne Hübner plagen viele Fragen.


Ihr großer Traum ist es, eine bis zwei zusätzliche Pflegefachkräfte zu gewinnen, die sich um Anna kümmern und sie nachts versorgen. „Ich wünschte, ich könnte mal eine Woche am Stück durchschlafen“, so Susanne Hübner. Das Problem: Intensivpflegekräfte sind rar gesät. Gerade auf einer Insel wie Sylt.

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Wohnung für Pflegekraft wird gestellt

„Zum Leben ist Sylt für viele zu teuer, auf ewiges Pendeln haben die meisten keine Lust“, sagt Wolfgang Hübner. In ihrer Verzweiflung haben die Hübners nun sogar beschlossen, die Wohnung im ersten Obergeschoss ihres Hauses im Kressen-Jacobs-Tal für eine potenzielle Pflegefachkraft zur Verfügung zu stellen. Weitergekommen sind sie trotzdem noch nicht. Noch immer suchen sie jemanden für ihre Tochter Anna.

Nach all den Jahren der liebevollen und aufopfernden Pflege ihrer Tochter sind Susanne und Wolfgang Hübner inzwischen am Ende ihrer Kräfte angelangt. „Wir leben mit dem Gedanken, dass sie jeden Tag sterben könnte und das seit 29 Jahren“, erzählt Annas Mutter. „Das geht an die Substanz.“ Ihre Hoffnung auf Unterstützung wollen die Hübners dennoch noch nicht aufgeben. „Wir lieben unsere Tochter, wie alle Eltern ihre Kinder lieben, und wollen für sie nur das Beste“, so Annas Mutter.

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