Kolumne „Eine Welt“

Die große Sommerdepression: Darf man sich noch über gutes Wetter freuen?

Die große Sommerdepression: Darf man sich noch über gutes Wetter freuen?

Darf man sich noch über gutes Wetter freuen?

Miriam Scharlibbe/shz.de
Flensburg
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Die Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein rechnet mit Ernteeinbußen durch die anhaltende Trockenheit. Foto: Joerg Boethling via www.imago-images.de/shz.de

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„Eine Welt”: Sommer, Sonne, Sonnenschein – wir feiern die warmen Tage und das Leben, während Landwirte mit der Trockenheit kämpfen und Klimaforscher ernste Gesichter machen. Darf man sich im Jahr 2023 überhaupt noch über gutes Wetter freuen?

Die Welt ist nicht schwarz-weiß. Wir Menschen lieben Party und Protest, wollen die Erde retten und trotzdem online shoppen. Dabei setzen wir den Planeten in Brand. Die Klimakrise ist DAS Thema unserer Zeit. Miriam Scharlibbe legt den Finger in die Wunde und schaut dorthin, wo es wehtut: in den Spiegel. Sie kritisiert Verschwendung und Verwerfungen des Kapitalismus, Gedankenlosigkeit und mangelnde Nachhaltigkeit - und hadert dabei ständig mit sich selbst.

Wenn ich mit dem Zeigefinger meiner rechten Hand ganz leicht meinen linken Arm drücke, kann ich es noch erkennen – den flüchtigen hellen Fleck, der sich binnen Sekunden ins Rot zurückzieht, von dem ich mir einbilde, es sei ein gesundes Sommerbraun. Dass es gesunde Bräune nur aus der Tube gibt, ich einmal mehr die Sonne im Park unterschätzt und die guten Ratschläge ignoriert habe, will ich natürlich nicht hören.

Ein Sommer wie vor Corona

Es ist endlich Sommer. So wie früher. Vor der Pandemie und dem ganzen Stress. Sommersprossen tanzen auf der Nase, Kinder ungeduldig vor dem Eiswagen auf und ab und der Meckerkopp des Büros stimmt sein traditionelles Gestöhne an. Winter, Krieg und Coronasorgen haben uns so lange beschwert, jetzt kommt der Lebenshunger zurück. Einfache Leichtigkeit, das wäre es doch jetzt. Aber ist das überhaupt noch möglich, wo wir doch jeden Tag neu lernen, wie dicht wir vor einer Klimakatastrophe stehen?

Allerorts lesen wir gerade, wie sich die Trockenheit auf unser Leben auswirkt. Die Bauern merken es zuerst. Wenn die Maisblätter spitz werden und sich anschließend wegen des zu geringen Wassergehalts kräuseln, weiß der erfahrene Landwirt, es ist einfach zu trocken.

Kreative Lösungen gegen die Trockenheit

Die Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein beispielsweise geht von etwa zehn Tagen mit nur wenig Regen im nördlichsten Bundesland aus. Wie Pressesprecherin Isa-Maria Kuhn mitteilt, dürfte dies auf sandigen, leichten Boden vermutlich zu Ertragseinbußen führen. Insbesondere bei Sommerweizen, Sommergerste, Winterweizen und Ackerbohnen kann es an solchen Standorten geringere Erträge geben.

Die betroffenen Branchen antworten zunehmend mit Kreativität. Hitzebeständigere Maissorten werden immer beliebter. Landwirte planen den Anbau von Hirse und selbst kleine Städte testen alternative Bepflanzungen im öffentlichen Raum. Olivenbaume mögen die Sonne eben besonders gerne. Mit Blicke auf den Dürremonitor des Helmholtz Zentrum für Umweltforschung werden alternative Lösungen vor allem im Osten Deutschlands immer wichtiger.

Ein nachhaltiges Super-Sommer-Wochenende

Mit Blick auf die Wetter-App im eigenen Handy heißt es besonders für das bevorstehende Super-Sommer-Wochenende, neben der Sonnencreme bitte auch an die Menschen zu denken, die sich nicht ausschließlich über den Sommer freuen. Sparsam mit dem eigenen Wasserverbrauch umzugehen, die Waldbrandgefahr und den eigenen Holzkohlegriff im Blick zu behalten, sind da nur die ersten Schritte.

Dann lässt sich das Bad in der Sonne gleich auch viel besser genießen.

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