Mobilität in Kappeln

Halbzeit beim E-Carsharing: Noch zögern die Kappelner beim Umstieg

Halbzeit beim E-Carsharing: Noch zögern die Kappelner beim Umstieg

Noch zögern die Kappelner beim E-Carsharing

Rebecca Nordmann/shz.de
Kappeln
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Auf dem Scheunenfeld an der Wassermühlenstraße in Kappeln stehen die beiden E-Autos an ihrer Ladestation. Foto: Rebecca Nordmann/shz.de

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Die Hälfte der Laufzeit des E-Carsharing-Projekts in Kappeln ist vorüber. Anbieter Cambio spricht davon, auf einem guten Weg zu sein, gleichzeitig aber noch Luft nach oben zu haben.

Seit Anfang Dezember 2021 ist Kappeln elektrisch unterwegs – zumindest besteht die Möglichkeit dazu. Auf dem Scheunenfeld sind seit etwas mehr als eineinhalb Jahren zwei Renault Zoe verfügbar, E-Autos, die jeder nutzen und so gleichzeitig einen Beitrag zum Klimaschutz leisten und mehr eigene Mobilität gewinnen kann.

Gemeinschaftsprojekt von Stadt, Kirche, Cambio

Das Gemeinschaftsprojekt von Stadt Kappeln, Kirchenkreis Schleswig-Flensburg und der Firma Cambio profitiert auch von einem jährlichen Maximal-Zuschuss der Stadt von 5000 Euro, der allerdings zunächst auf drei Jahre befristet wurde. Jetzt also ist die Halbzeit verstrichen – wie hat sich die Sache entwickelt?

Nutzerzahlen, Kilometerleistung, Fahrtdauer

„Die Parameter, die für eine Beurteilung wichtig sind, zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind“, sagt Carsten Redlich, Prokurist bei Cambio, auf Nachfrage unserer Redaktion, und nennt als Bezugsgrößen die Nutzerzahlen, die Kilometerleistung und die gebuchte Fahrtdauer.

Demnach haben sich seit Projektstart 50 Nutzer registriert, zwei Drittel davon seien Privatleute, die ihren Wohnsitz überwiegend im zentralen Bereich Kappelns hätten. Deren Buchungsverhalten reiche von „sehr regelmäßig“ bis „ein- bis zweimal in der ganzen Zeit“ – eine Streuung, die Redlich nicht ungewöhnlich nennt. Er weiß zudem: „Wer täglich fährt, ist kein Carsharing-Typ.“

20.500 zurückgelegte Kilometer in Kappeln und Umgebung

Seit Dezember 2021 haben beide Fahrzeuge nach Redlichs Worten zusammen 20.500 Kilometer zurückgelegt, jedes der Autos ist demnach etwa zweieinhalb Stunden täglich unterwegs – „unser Ziel“, sagt Redlich, „liegt bei sechs bis acht Stunden“.

Mitarbeiter im Rathaus Kappeln nutzen das E-Auto

Ein offenbar besonders regelmäßiger Nutzer sitzt im Kappelner Rathaus. Bürgermeister Joachim Stoll sagt: „99 Prozent meiner Dienstfahrten erledige ich mit dem E-Auto aus dem Carsharing, und ich bin sehr zufrieden.“ Auch im Ordnungsamt säßen Mitarbeiterinnen, die den Wagen regelmäßig buchen würden, zudem beschäftige man sich derzeit in der Verwaltung damit, die Frequenz weiter zu erhöhen.

„Wir denken gerade darüber nach, die Fahrten, die innerhalb der Verkehrsüberwachung nach Arnis oder ins Amt Geltinger Bucht anstehen, mit dem E-Auto zu erledigen“, sagt Stoll.

Videokonferenzen statt Dienstfahrten

Auch im Regionalzentrum des Kirchenkreises hat sich das E-Carsharing offenbar etabliert, Leiter Ingo Gutzmann jedenfalls spricht von acht bis zehn Nutzern, die die Fahrzeuge mal regelmäßig, mal vereinzelt buchen würden. Allerdings: „Es ist inzwischen so, dass aufgrund von mehr Videokonferenzen die Zahl der nötigen Dienstfahrten nachgelassen hat“, sagt er.

Alle drei, Carsten Redlich, Joachim Stoll und Ingo Gutzmann, wünschen sich daher für die zweite Halbzeit mehr private Nutzer. Dazu soll absehbar ein aktualisiertes Schreiben aufgelegt und an die Haushalte in Kappeln verteilt werden. Und Redlich ist überzeugt: „Wer zwei- bis viermal im Monat ein Auto braucht, aber kein eigenes zur Verfügung hat – für den ist Carsharing das Richtige.“

Zweitwohnungsbesitzer und Urlauber unter den Nutzern

Gleiches gelte etwa für Zweitwohnungsbesitzer und Urlauber in Kappeln, die nicht mit dem eigenen Auto anreisen, vor Ort aber beweglich sein wollen. „Und wir haben die ersten, die sich angemeldet haben“, sagt Redlich.

Verkehrswende und bessere Daseinsvorsorge

Auch Joachim Stoll erkennt in den privaten Buchungen das größte Potenzial: „Ihre Zahl soll gerne wachsen, um einen echten gesellschaftlichen Nutzen zu erzielen“, sagt er. Ziel des Carsharing sei nicht ein hoher monetärer Gewinn, sondern vielmehr eine Verkehrswende und eine bessere Daseinsvorsorge. „Gerade in dieser sozialen Komponente, mehr Mobilität im ländlichen Raum zu schaffen, sehe ich einen großen Wert.“

Insgesamt also soll die Idee des „Nachbarschaftsautos“, wie es die drei Projektträger getauft haben, deutlich weiter getragen werden, darunter mit Hilfe der Wirtschaft und Touristik Kappeln GmbH in die lokalen Betriebe. Carsten Redlich sagt: „Dass es keinen Boom geben würde, war allen klar. Aber wir möchten am Ende der vereinbarten Zeit des Zuschusses gerne alleine stehen können.“

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