Lübeck/Ostholstein

Handwerk in Sorge wegen zunehmender Konjunktur-Risiken

Handwerk in Sorge wegen zunehmender Konjunktur-Risiken

Handwerk in Sorge wegen zunehmender Konjunktur-Risiken

SHZ
Lübeck
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Das Handwerk sieht zwar eine durchweg positive Entwicklung nach der Corona-Hochphase, jedoch gibt es auch sorgenvolle Blicke in die Zukunft. Foto: Christoph Schmidt/dpa/shz

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Handwerkskammer Lübeck sieht stetigen Erholungsprozess nach der Corona-Pandemie, hat aber Bedenken ob der Zukunftsaussichten.

Dunkle Wolken sieht die Handwerkskammer Lübeck am Horizont aufziehen – trotz aktuell stabiler Lage der Betriebe nicht in der Region. Der im Frühjahr begonnene Erholungsprozess im schleswig-holsteinischen Handwerk habe sich auch im dritten Quartal fortgesetzt, hieß es laut Mitteilung.

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Aber: Anhaltende Preissteigerungen und Lieferengpässe bei wichtigen Materialien sowie die sich eintrübende Gesamtkonjunktur würden die Aufwärtsentwicklung verlangsamen. So berichteten zahlreiche Betriebe im Kammerbezirk Lübeck, der die kreisfreien Städte Kiel, Lübeck und Neumünster sowie Kreise Herzogtum Lauenburg, Ostholstein, Pinneberg, Plön, Segeberg, Steinburg und Stormarn umfasst, weiterhin von Beschaffungsproblemen und Preissteigerungen bei Rohstoffen, Baumaterialien und anderen Vorprodukten, die auch zu höheren Verkaufspreisen im Handwerk führen. „Das bremst derzeit eine noch bessere Entwicklung im Handwerk ab“, sagte Ralf Stamer, Präsident der Handwerkskammer Schleswig-Holstein, der sorgenvoll auf diese Entwicklung blickt. Zudem stelle sich die Frage, „wie sich die insgesamt deutlich anziehende Inflationsrate sowie die ebenfalls durch Zulieferprobleme bedingten Produktionsprobleme der Industrie auf die Gesamtwirtschaft und damit auch auf das Handwerk auswirken werden“.

Lageeinschätzung meist positiv

Die Auftragslage, die Umsätze und den Investitionen im Handwerk bewegten sich hingegen weitgehend auf dem Niveau des Vorquartals. Auch die Beschäftigtenzahl der schleswig-holsteinischen Handwerksbetriebe blieb weiter stabil. In der aktuellen Konjunkturumfrage der Handwerkskammer Schleswig-Holstein für die Monate Juli, August und September meldeten 62 Prozent der Mitgliedsbetriebe eine gute, 30 Prozent eine befriedigende und acht Prozent eine schlechte Geschäftslage. Gegenüber dem Vorquartal bedeutet dies eine weitere Zunahme der Betriebe, die ihre Situation als gut einschätzen (II. Quartal: 55, 36 und neun Prozent).

Zum Vergleich: Im Kammerbezirk Lübeck berichteten im dritten Quartal 59 Prozent der Betriebe von einer guten, 32 Prozent von einer befriedigenden und neun Prozent von einer schlechten Geschäftslage (II. Quartal 2021: 54, 37 und neun Prozent). Auftragsbestand, Umsätze, Investitionen und Beschäftigtenzahlen blieben gegenüber dem Vorquartal weitgehend konstant. Allerdings meldeten 42 Prozent der Betriebe steigende Verkaufspreise.

Unter den einzelnen Gewerbegruppen wurden die positivsten Lageeinschätzungen aus dem Bauhauptgewerbe (78, 22 und null Prozent) und aus dem Ausbauhandwerk (77, 17 und sechs Prozent) gemeldet. Gegenüber dem Vorquartal verbessert hat sich die Geschäftslage im Handwerk für den Gewerblichen Bedarf (63, 21 und 16 Prozent). Im Nahrungsmittelhandwerk halten sich Meldungen einer guten und einer befriedigenden Geschäftslage die Waage (46, 46 und acht Prozent). Überwiegend als befriedigend wurde die Geschäftslage im Kraftfahrzeughandwerk (26, 58 und 16 Prozent), im personenbezogenen Dienstleistungshandwerk (35, 55 und zehn Prozent) sowie im Gesundheitshandwerk (36, 43 und 21 Prozent) eingeschätzt.

Konjunkturelle Situation verschieden

Aber: In den einzelnen Gewerbegruppen war die konjunkturelle Situation indes nicht einheitlich. Aus dem Bauhauptgewerbe und dem Ausbauhandwerk wurde wie in den Vorquartalen eine ganz überwiegend gute Geschäftslage gemeldet. Im Handwerk für den gewerblichen Bedarf (Metallbau, Feinwerkmechanik, Landmaschinenmechanik, Gebäudereinigung) hat sich die Situation insgesamt verbessert, insbesondere handwerkliche Zulieferer der Industrie bewegen sich aber weiterhin in schwierigem Fahrwasser. Im Nahrungsmittel-, im Gesundheits-, im Kraftfahrzeug- sowie im personenbezogenen Dienstleistungshandwerk (u.a. Friseurhandwerk, Kosmetikgewerbe, Maßschneiderhandwerk, Fotografenhandwerk) wird die Lage weiterhin überwiegend als befriedigend eingeschätzt.

Erwartungen an die nächsten Monate

Für das vierte Quartal 2021 erwarten die meisten Handwerksbetriebe in Schleswig-Holstein eine gleichbleibende Entwicklung. 20 Prozent rechnen mit einer Verbesserung, 69 Prozent mit keiner Veränderung und elf Prozent mit einer Verschlechterung der Geschäftslage. Aufträge, Umsätze, Investitionen und Beschäftigtenzahlen werden voraussichtlich auf dem bisherigen Niveau bleiben. Der Großteil der Betriebe geht aber von einem weiteren Anstieg der Preise aus – das bekam die Lübecker Kammer kürzlich selbst zu spüren: Der im Süden der Hansestadt geplante „Trave-Campus“, auf dem die Lehrlingsausbildung gebündelt werden sollte, erfuhr eine Kostenexplosion; die Kammer musste nun Abstand von einem Großteil der Pläne nehmen.

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