Tierquälerei in Niebüll

Hochzeitstauben nach Trauung in Deezbüller Kirche gestrandet – Tierschützer schlagen Alarm

Hochzeitstauben nach Trauung in Deezbüller Kirche gestrandet

Hochzeitstauben nach Trauung in Kirche gestrandet

Anja Werner/shz.de
Deezbüll
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Zwei der vier an der Deezbüller Kirche gestrandeten Hochzeitstauben, mit einer Futterschüssel auf dem dortigen Friedhof. Foto: gesche iben-hebbel/shz.de

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Vier weiße Tauben sind nach einer Trauung in einer Niebüller Kirche nicht zu ihrem heimischen Hort zurück geflogen. Der Besitzer hat offensichtlich kein Interesse mehr an den Tieren, die alleine in der Natur nicht überleben können.

Für viele gehören sie zu einer romantischen Trauung einfach dazu – die weißen Hochzeitstauben, die in die Luft flattern, wenn das Brautpaar die Kirche verlässt. So auch geschehen Anfang September an der Deezbüller Kirche in Niebüll. Doch vier dieser zwölf weißen Tauben haben nicht den Weg zurück zu ihrem Besitzer nach Kiel angetreten. Dadurch besteht gleich mehrfach Grund zur Sorge.

Zum einen um das Leben der Tauben. „Der Tierschutz sieht das Freilassen von Hochzeitstauben als Aussetzen und damit als Tierquälerei an“, sagt Gesche Iben-Hebbel vom Tierschutzverein Niebüll und Umgebung, die das Schicksal der Tauben schon seit einigen Wochen beobachtet. Anders als Brieftauben würde es bei der Zucht dieser Tiere nicht auf den Orientierungssinn, „sondern vorrangig auf das schöne weiße Gefieder ankommen“, sagt Gesche Iben-Hebbel.

Diese Priorität würde dazu führen, dass viele Hochzeitstauben den Weg in ihren heimischen Taubenschlag nicht mehr zurück finden, dadurch würden sie für ihren Besitzer wertlos. „Das weiße Gefieder macht sie zudem zu einer gut erkennbaren Beute für Bussarde, Falken und andere Greifvögel, die im Winter auch in Ortschaften auf Beutefang gehen“, sagt Gesche Iben-Hebbel.

Ein weiters Problem ist, dass diese Tauben es gewohnt seien, gefüttert zu werden und nicht fit sind im Futtersuchen. Daher wurde den Niebüller Hochzeitstauben zunächst Futter und Wasser bereits gestellt. Mittlerweile scheinen sich die Tiere selbst geholfen zu haben. „Sie haben mehrere Gärten in der Umgebung entdeckt, in denen Wildvögel ganzjährig gefüttert werden“, sagt die Tierschutzexpertin.

Das Brautpaar, das die Tauben durch seine Trauung nach Niebüll gebracht hat, habe sicher nicht gewusst, dass die Tiere nicht mehr zurück nach hause finden. Auch der Pastorin Sylvia Kilian-Heins habe der Taubenhalter versichert, dass die Vögel in einer Stunde wieder zurück in Kiel sein würden. Dieser Taubenhalter sei laut Gesche Iben-Hebbel nun schon seit Wochen auf keinem Weg erreichbar, offensichtlich möchte er seine Tiere nicht wieder haben.

„Solche Tiere bezeichne ich als Einwegtauben. Sie sind nicht beringt und scheinen für ihren Besitzer nach dem bezahltem Hochzeitseinsatz keinen Wert mehr zu haben“, sagt Sylvia Kilian-Heins. Die Pastorin möchte bei künftigen Trauungen den Einsatz von Hochzeitstauben zumindest in Niebüll möglichst verhindern.

„Doch oft haben wir gar keinen Einfluss darauf, da Hochzeitstauben von Verwandten oder Freunden als Überraschung für das Brautpaar einfach bestellt werden“, sagt die Pastorin. Falls sie aber künftig in einem Vorgespräch von einem Brautpaar selbst auf das Thema Hochzeitstauben angesprochen werden würde, würde sie dringend davon abraten.

Falls die Tauben den Winter in Niebüll doch überstehen, so sei ab kommenden Frühjahr mit mehreren Bruten pro Jahr, also mit einer fleißigen Vermehrung zu rechnen. Und schon jetzt verursacht der Kot der weißen Tauben Schäden am alten Mauerwerk der Deezbüller Kirche. „Wildtauben sitzen in Bäumen, diese Tauben sitzen auf oder im Mauerwerk, zum Beispiel auf den gemauerten Fensterbänken“, sagt Gesche Iben-Hebbel.

Handzahm durch Fütterung

Einige Niebüller Tierschützer wollen nun versuchen, die weißen Tauben durch regelmäßige Fütterung möglichst handzahm zu bekommen und sie auf diese Weise einzufangen. Damit die Tiere dann sicher den Winter überleben können. „Und dann ein besseres Zuhause finden als sie es bisher gehabt haben“, hofft Gesche Iben-Hebbel. Und mit ihr viele weitere Tierschützer aus der Region Niebüll, die das Schicksal der gestrandeten Hochzeitstauben mittlerweile verfolgen würden.

 

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