Menschen mit Handicap

Husums Behindertenbeauftragter Erich Jacobsen erklärt, wo es noch viel zutun gibt

Behindertenbeauftragter Erich Jacobsen: Wo es in Husum holpert

Behindertenbeauftragter in Husum sagt, wo es holpert

Annika Jensen/shz.de
Husum
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Erich Jacobsen, Husum Beauftragter für die Belange von Menschen mit Behinderung: „Es muss sich in den Köpfen verankern“. Foto: Annika Jensen/shz.de

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Menschen mit Handicap müssen in Husum mehr berücksichtigt werden. Das findet Erich Jacobsen, der Beauftragte für Menschen mit Behinderung. Besonders bei drei Projekten in der Stadt fordert er das.

Einzelne Projekte in der Stadt für Barrierefreiheit funktionieren, sagt Erich Jacobsen. Er ist Husums Beauftragter für die Belange von Menschen mit Behinderung. Aus seiner Sicht brauche es allerdings mehr, damit Menschen mit Einschränkungen sich gut in der Stadt bewegen können, damit sie wirklich am öffentlichen Leben teilhaben können und sich tatsächlich als zur Gesellschaft dazugehörig fühlen. Und dafür seien mehr als einzelne erfolgreiche Maßnahmen nötig.

„Es muss sich in den Köpfen verankern“, so Jacobsen. „So dass die Thematik grundsätzlich da ist und in allen Bereichen mitgedacht wird.“ Also bei Neuem, das in der Stadt entsteht und bei Anpassungen, die anstehen. Oder sogar deswegen anstehen, damit Menschen mit Einschränkungen teilhaben können. Einzelne gelungene Maßnahmen seien etwa die Absenkungen einiger Bürgersteige in der Innenstadt, wie zum Beispiel gegenüber der Gaststätte „Blinkfüer“, vor der Berufsschule und vor dem Nissenhaus. Auch die barrierefreie Toilette am ZOB und die App-gesteuerte Ampelanlage an der Ludwig-Nissen-Straße/Ecke Plan seien Beispiele für Maßnahmen.

Doch Erich Jacobsen brennen vor allem drei Themen besonders auf der Seele, bei denen er sich deutlich mehr Berücksichtigungen von Menschen mit Behinderungen wünscht. Da ist zunächst die Schiffbrücke. In diesem Jahr ist sie zum Versuchsfeld geworden. Die Stadtpolitik wollte herausfinden, ob sie sich als Fußgängerzone eignet. Noch bis nach den Herbstferien, Ende Oktober ist dort regulärer Autoverkehr verboten. „In den 50.000 Euro, die für die Umsetzung dieses Versuches vorgesehen waren, sollte auch Geld für eine Machbarkeitsstudie eingeplant werden“, sagt Erich Jacobsen. „Um zu eruieren, wie dort weitestgehende Barrierefreiheit geschaffen werden kann. So hatten es die Stadtverordneten Ende März beschlossen.“

Diesen Beschluss habe die Stadtverwaltung nicht umgesetzt. Es habe keine Machbarkeitsstudie gegeben, so Jacobsen. „Bauamtschef Schlindwein antwortete auf meine Nachfrage nach der Studie, dass sie keinen Sinn ergeben würde. Ich sehe das anders.“ Er habe durch die ablehnende Haltung der Verwaltung den Eindruck bekommen, dass „wohl Kriterien für Barrierefreiheit nicht so ernst genommen werden. Das finde ich kein gutes Signal.“

Verwaltung: Langfristiges Ziel auf der Schiffbrücke in Husum steht noch nicht fest

Auf Nachfrage von shz.de in der Verwaltung teilte Sprecherin Simone Mommsen zu dem Thema mit: „Ja, den Beschluss gab es, die zur Verfügung stehenden Mittel anteilig für die Planung von Barrierefreiheit zu nutzen. Aber das endgültige Ziel, was langfristig tatsächlich in der Schiffbrücke passieren soll, fehlt noch.“ Eine Planung zur Barrierefreiheit könne „erst erfolgen, wenn das langfristige Ziel definiert ist“, so Mommsen.

Das zweite Thema, das Erich Jacobsen und viele Menschen mit Behinderung in Husum beschäftigt, sind die fehlenden barrierefreien Toiletten am Dockkoog. Er habe mehrfach Beschwerden bekommen, so Jacobsen. „Schon seit Jahren fehlt dort eine Toilette für Menschen mit Einschränkungen. Jedes Jahr haben wir eine Badesaison und jedes Jahr besteht das Problem wieder.“ Er fordert eine mobile Lösung für die Dauer der Saison, außerhalb der Sturmsaison.

Auch hier habe er den Eindruck, dass den Entscheidungsträgern die Tragweite des Problems nicht bewusst ist. Deshalb habe er sich im letzten Bauausschuss Ende August dazu genötigt gesehen, in einem emotionalen Appell zu ermahnen, dass die Politiker und Verwaltungsmitarbeiter sich des Problems endlich annehmen. Jörg Schlindwein entgegnete, dass die barrierefreien Toiletten Teil der Planung zur Umgestaltung des Dockkoogs seien. Außerdem sagte Sprecherin Simone Mommsen: „Der Auftrag lautet, dass Kosten für eine mobile Lösung im Haushalt 2023 zusammengestellt werden.“

Das dritte größere Thema für Erich Jacobsen ist das Vorhaben der Stadt, die Alte Landstraße in Schobüll als Fahrradstraße auszuweisen. Also eine Straße, in der die Radfahrer Vorrang haben. Dort wünscht er sich, dass „andere Verkehrsteilnehmer, vor allem Fußgänger und mobilitätseingeschränkte Menschen, diese Straße auch sicher nutzen können.“ Seine Idee: Ein barrierefreier Gehweg.

Kommt barrierefreier Gehweg in der Alten Landstraße in Schobüll?

Die Planungen für die Alte Landstraße laufen derzeit. Einzelheiten stehen noch nicht fest, etwa, ob ein ein Fußweg mit Bordstein entstehen soll. „In den künftigen Beratungen gehört allerdings zwingend dazu, an Barrierefreiheit zu denken“, betont Erich Jacobsen.

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Gwyn Nissen
Gwyn Nissen Chefredakteur
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