Corona in Schleswig-Flensburg

Impfpflicht in Seniorenheimen? Schleswiger Pflegerin erzählt, warum sie sich nicht impfen lässt

Schleswiger Pflegerin erzählt, warum sie sich nicht impfen lässt

Pflegerin erzählt, warum sie sich nicht impfen lässt

SHZ
Schleswig
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Die Corona-Infektionslage spitzt sich zu. Wegen der vergleichsweise niedrigen Impfquote in Deutschland rückt zunehmend die Frage einer allgemeinen Impfpflicht in den Blick. Foto: Emilio Morenatti

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Diskussionen in den Pflegeheimen: Sollte es eine Impfpflicht für das Personal geben? Was Betreiber aus der Region und eine ungeimpfte Pflegerin aus Schleswig dazu sagen.

Mehr als zwei Drittel der Menschen in Schleswig-Holstein genießt einen vollständigen Impfschutz. Besonders Personen aus Berufsgruppen, die mit Risikogruppen zu tun haben, wird empfohlen, sich impfen zu lassen. Doch was bislang auf Freiwilligkeit beruhte, könnte für einige Arbeitnehmer bald Pflicht werden. Die Frage nach einer Impfpflicht sorgt für Diskussionen in den Pflegeheimen. Einige Betreiber befürchten, diese könnte zu noch mehr Personalmangel führen als es ohnehin schon.

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Seniorenheime in Schleswig und Kropp

Die Stiftung Diakoniewerk Kropp betreut im Kreis Schleswig-Flensburg mehrere Pflegeheime. Dazu zählen das Feierabendhaus, das Pflegeheim zum Öhr, das Alten- und Pflegeheim Am Rathausmarkt in Schleswig sowie die Pflegeheime Haus Nain, Haus Salem und Haus Eben Ezer in Kropp. „Circa 85 Prozent unserer Pfleger sind vollständig geimpft. Noch ist die Impfung freiwillig. Wir versuchen aber den Mitarbeitern das Angebot zu machen, sich impfen zu lassen“, sagt Sven Roßmann, Personalvorstand der Pflegeeinrichtungen. Er könne aktuell nicht einschätzen, ob einige Mitarbeiter durch eine Impfpflicht im kommenden Jahr womöglich kündigen würden.

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Seniorenheim am Danewerk

Im Seniorenheim am Danewerk fährt man in der Corona-Pandemie einen ganz klaren Kurs. Schon seit dem Sommer gilt für Besucher des Pflegeheims 2G Plus. Hinzu kommt, dass alle Mitarbeiter jeden Tag vor der Arbeit einen Test machen müssen – egal ob sie geimpft oder ungeimpft sind. Laut Einrichtungsleiterin Martina Schladitz sind inzwischen 89 Prozent der Mitarbeiter und 94 Prozent der Bewohner geimpft. Die Bereitschaft, sich weiterhin impfen zu lassen, sei in ihrem Pflegeheim gegeben: „Ich mache mir bislang noch wenige Gedanken, wohin die Reise im kommenden Jahr geht. Die Unsicherheit vor dem Impfen ist bei vielen wahrscheinlich nur so groß, weil wir noch nicht wissen, was die Impfung mit uns machen könnte. Es müsste jetzt jemand den Mut haben und aussprechen, dass wir Corona falsch eingeschätzt haben“, so die Inhaberin der Pflegeeinrichtung. Dass es zu Personalmangel im Seniorenheim am Danewerk durch die Impfpflicht kommen könnte, glaubt Martina Schladitz nicht. Regelmäßig führe sie mit Mitarbeitern Gespräche über die Zukunft. Bisher habe niemand angedeutet, den Job aufgeben zu wollen.


Ungeimfte Pflegefachkraft

An einer wie ihr entfacht sich indes der Streit über die Impfpflicht: Milena Meyer (Name geändert) ist examinierte Pflegefachkraft – und gilt als ungeimpft. Aus Angst vor Anfeindungen will sie ihren richtigen Namen nicht nennen, ihre Identität ist der Redaktion aber bekannt.

Das Jahr 2020 wird die Schleswigerin so schnell nicht vergessen. Als Pflegefachkraft hat sie in ihrem Beruf mit älteren Menschen zu tun, also der Risikogruppe, bei der Corona besonders schwere Auswirkungen haben kann. „Im Frühjahr bin ich selbst an Covid erkrankt“, erzählt die Schleswigerin. Das sei gewesen, nachdem sie ihre Erstimpfung bekam.

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Gesundheitliche Probleme

Kurze Zeit nach dem Impftermin hätte sie gesundheitliche Probleme wie Lungenschmerzen, Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen und Konzentrationsschwäche bekommen. Vier Wochen habe sie es nicht geschafft, das Haus zu verlassen. Sie sei zum Arzt gegangen und ein PCR-Test sei positiv ausgefallen. Ihr Arzt habe ihr dann eine 50/50-Chance prognostiziert, dass die Symptome sich durch eine zweite Impfung verschlimmern könnten. Also habe sie sich gänzlich gegen die zweite Impfung entschieden.

„Mein Arbeitgeber ist mir leider gar nicht entgegengekommen. Es wird stark darauf gedrungen, dass wir uns impfen lassen. Meine Arbeitskollegen, einige Freunde und sogar Teile meiner Familie möchten seitdem nichts mehr mit mir zu tun haben. Ich werde regelmäßig auf der Arbeit gemobbt und fühle mich wie eine Außenseiterin. Das Schlimmste ist, dass mir gesagt wird, es sei mein eigenes Verschulden.“

Die Schleswigerin findet, dass es 3G Plus statt 2G Plus geben sollte. Denn 2G Plus würden ihr Grundrechte nehmen. „Ich würde mich eher kündigen lassen, als mich zu impfen. Für einen Totimpfstoff wäre ich bereit, sonst ist meine Lunge nachher noch ganz kaputt. Ich habe immer noch Schlafprobleme, Konzentrationsschwächen und ständige Kopfschmerzen“, so Meyer. Bisher habe ihr Arbeitgeber allerdings noch nicht von Kündigung gesprochen, sagt sie.

Durch die 2G-Regelung in vielen Bereichen fühle sich die Schleswigerin nun noch mehr von der Gesellschaft ausgeschlossen. Daher hat sie ihre Weihnachts-Besorgungen noch schnell vor der Einführung der neuen Corona-Maßnahmen erledigt.

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