Imland-Klinik in Rendsburg

Intensivpfleger über das Corona-Jahr 2021: „Plötzlich starben auch junge Menschen“

„Plötzlich starben auch junge Menschen“

„Plötzlich starben auch junge Menschen“

SHZ
Rendsburg
Zuletzt aktualisiert um:
Steve Koop, Pflegeleiter der Intensivstation in Rendsburg lässt das Corona-Jahr 2021 Revue passieren. Foto: Yannik Burgemeister/shz.de

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Corona hat 2021 den Alltag in der Imland-Klinik geprägt. Höhere Belastung für die Belegschaft, mehr Kontakt mit dem Tod – aber auch ein größerer Zusammenhalt. Der Leiter der Intensivpflege gibt persönliche Einblicke.

Zweite, dritte und vierte Welle, Delta-Variante und zuletzt Omikron: Das Corona-Jahr 2021 war ein ständiges Auf und Ab. An keinem Ort im Kreis Rendsburg-Eckernförde sind die Auswirkungen der Corona-Pandemie deutlicher zu spüren als in der Imland-Klinik. Und dort vor allem auf der Intensivstation. An vorderster Linie: Ärzte und Pfleger. Steve Koop ist Leiter der Pflege auf der Intensivstation im Standort Rendsburg. Er berichtet von einem kräftezehrenden Jahr.

„Der Winter 2020 hat seine Spuren hinterlassen“, sagt er. Die zweite Welle sei arbeitsreich, die dritte Welle anschließend emotional belastend gewesen – mit Auswirkungen auf die Stimmung in der Belegschaft. Einen starken Abgang von Pflegekräften hatte die Imland-Klinik dennoch nicht zu verzeichnen. Von derzeit 70-80 Angestellten auf der Station sind im vergangenen Jahr zehn Beschäftigte gegangen, so Koop. Die übliche Fluktuation läge zwischen sieben und fünf Abgängen pro Jahr.

Das Team in der Intensivstation ist in der Pandemie zusammengerückt, sagt Steve Koop. Anders seien die Strapazen kaum zu bewältigen. „Die, die bleiben, bleiben aus Überzeugung“, da ist er sich sicher. Ein größeres Problem sei vielmehr, dass kaum neues Personal verfügbar ist. „Weniger Personal verursacht Stress und negativen Druck.“


„Im Frühling und Sommer ging es viel darum, das erlebte aus dem Winter aufzuarbeiten“, so der Intensivpfleger. Ende Juli hat er sich jedoch die Frage gestellt, wie es weitergehen wird: „Ich hatte ein schlechtes Gefühl, dass da etwas auf uns zukommt.“ Gleichzeitig habe die Belegschaft jedoch gemerkt, dass ihnen die Energie ausgehe. Auch in der Imland-Klinik ist man auf Extremsituationen vorbereitet, wie sie in Thüringen oder Bayern zum Teil herrschen. Die Anstrengungen hierfür bekäme jedoch kaum jemand mit, beklagt Koop: „Dieses immer bereit, immer vorbereitet zu sein, das erschöpft und ist anstrengend. Die Pro-Kopf-Belastung ist hier genau so hoch wie in München.“

Im vergangenen Sommer wurde sich vorbereitet in der Imland-Klinik – auf den „Worst Case“. An ein Zurücklehnen war nicht zu denken. Und das zurecht: die vierte Welle kam. Doch die Imland.Klinik war vorbereitet, sagt Koop: „Wir haben es geschafft, in unruhigem Fahrwasser nicht vom Kurs abzukommen. Das war ein schönes Erlebnis.“

Dennoch gab es auch in Rendsburg Todesfälle durch Corona. 53 Menschen sind in diesem Jahr verstorben, 72 waren es seit Beginn der Pandemie. Normalerweise würde das Thema Tod innerhalb des Teams „aufgefangen“, erklärt Koop, der seit mehr als 20 Jahren Intensivpfleger ist. Dies ist in der Pandemie jedoch nicht mehr möglich gewesen. „Plötzlich starben auch junge Menschen. Die waren gesund, sind erkrankt und dann bei uns verstorben. Und das in einer Häufigkeit, die weit über das Normale hinausging.“


Ein Großteil der Belegschaft sei unter 30 und hätte noch nicht so viel Berufserfahrung, berichtet Koop. „Plötzlich war der Tod ein Thema in der Belegschaft. Die Mitarbeiter waren teilweise so tiefgehend betroffen, dass ein Gespräch unter Kollegen dann nicht mehr ausreicht.“ Die Imland-Klinik habe den Angestellten psychologische Unterstützung zur Seite gestellt, um in Gruppengespräche die erlebten Schicksale aufzuarbeiten. Eine wichtige Hilfestellung für die Pflegekräfte, betont Koop.

Die Feiertage auf der Intensivstation liefen verhältnismäßig ruhig ab: „Es blieb Zeit, um kurz innezuhalten.“ Auf die Frage, worauf er im neuen Jahr hoffe, entgegnet Steve Koop: „Dass die Impfquote steigt und wieder Normalität herrscht. Das wünsche ich mir, vor allem für die Kinder. Die sind nach meiner Auffassung die großen Verlieren dieser Pandemie.“

Mehr lesen