Gesundheit

Kieler-Woche-Effekt: Warum die Corona-Lage jetzt eskaliert

Kieler-Woche-Effekt: Warum die Corona-Lage jetzt eskaliert

Kieler-Woche-Effekt: Warum die Corona-Lage jetzt eskaliert

Margret Kiosz/shz.de
Kiel
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Im UKSH steigen die Coronazahlen, auch in der Belegschaft. Foto: Universtitätsklinikum Schleswig-Holstein/shz.de

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Nach der Kieler Woche kommt in Kiel und Umgebung wieder die Pandemie ins Rollen. Warum die Lage auch in den Kliniken angespannt ist.

Drei Millionen Kieler-Woche-Besucher, die sich auf Uferpromenaden, vor Riesenrädern und Schwenkgrills auf die Pelle rückten – das war für das Virus ein gefundenes Fressen. Jetzt liegen Tausende, die in der vergangenen Woche feierten, flach. Bis zuletzt hatte man im Kieler Rathaus gehofft, mit einem blauen Auge davonzukommen.

Doch am Mittwoch strich man die Segel und bestätigte offiziell und leicht verklausuliert, dass die „Corona-Sommerwelle“ sogar in Kliniken, Arztpraxen und beim Rettungsdienst für Personalmangel sorgt. Operationen müssen verschoben werden, ganze Krankenstationen sind geschlossen. Die Lage sei „sehr angespannt“, gab die Stadt zu. Die Notfallversorgung sei aber gewährleistet.

Alle Kliniken riefen dazu auf, erprobte Schutzmaßnahmen gegen die Infektion wieder sehr ernst zu nehmen und mit jeder nicht hochbedrohlichen Erkrankung die Notaufnahmen zu meiden. „Wir brauchen in den Kliniken und Notaufnahmen derzeit alle Kapazitäten, um relevante akute Erkrankungen und Unfälle mit dem vorhandenen Personal versorgen zu können“, so das UKSH. Für Mitarbeiter wurde ein Dienstreise-Verbot erlassen.

Die Infektionswelle sorgte auch für den ersten amtlichen Auftritt der neuen Gesundheitsministerin des Landes. „Wer krank oder infiziert ist, sollte zu Hause bleiben, um die Weitergabe der Infektion zu bremsen. Übernehmen Sie Verantwortung und schützen Sie so auch die, die schwere Krankheitsverläufe haben könnten“, appellierte Kerstin von der Decken an die Bevölkerung. Zuvor hatte sie in einer Telefonschalte mit Kliniken im Norden die Covid-19-Lage besprochen.

Kiel bundesweit auf Platz 2

Neben dem Hotspot Kiel mit einer Inzidenz von 1488,6 (Mittwochmittag) sei landesweit eine Zunahme der Fälle zu verzeichnen: „Auch wenn die Anzahl der Intensivpatienten mit 28 derzeit noch überschaubar ist, steigen die Zahlen deutlich“, so von der Decken. Massiv überlastet sind auch Kassenärzte durch Corona-Patienten. Da eine telefonische Krankschreibung nicht mehr zulässig ist und eine positive Testbestätigung als Nachweis für die fünftägige Isolation nicht ausreicht, müssen Patienten in Infektionssprechstunden angesehen werden, was Zeit und Arbeitskraft bindet.

Fickenscher: Kein reiner Kieler-Woche-Effekt

Der Kieler Uni-Virologe Helmut Fickenscher will das Infektionsgeschehen nicht auf den Kieler-Woche-Effekt reduzieren: Bundesweit gebe es einen Anstieg der Infizierten. Allerdings geht er davon aus, „dass der Gipfel der Sommerwelle bald erreicht ist“.

Zudem gehören die Ansteckungen für ihn zur Normalität und sorgen dafür, „dass wir mit einer erfreulich hohen Infektionsquote in den Winter gehen“. Ob dass für die, die jetzt das Bett hüten, ein Trost ist? Versöhnlich stimmt sie eher die Erinnerung an tolle Konzerte auf der Kiellinie und feuchtfröhliche Abende im Bayernzelt.

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