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Kostenexplosion im Bund, Sparsamkeit in SH: Das geben Politiker für Visagisten & Co aus

Kostenexplosion im Bund, Sparsamkeit in SH: Das geben Politiker aus

Teurer Bund, sparsames in SH: Was Politiker ausgeben

Inga Gercke/shz.de
Kiel
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Politiker lassen sich heutzutage für viel Steuergeld von Visagisten und Fotoprofis ins rechte Licht rücken.  Foto: imago stock&people/shz.de

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Kosmetik, neue Haarschnitte, schöne Fotos: Politiker lassen sich den perfekten Auftritt einiges kosten. Wer besonders viel ausgibt und wer gar keinen Friseur braucht. Kleiner Spoiler: Annalena Baerbocks Visagistin bekommt ein sehr hohes Gehalt...

Bundesminister lassen sich heutzutage für viel Steuergeld von Visagisten und Fotoprofis ins rechte Licht rücken. Es kommt eben nicht nur auf politische Inhalte an, sondern auch auf richtige Bilder und Narrative. In Kiel hat sich das noch nicht rumgesprochen.

Ein gemeinsamer Fototermin in Schleswig-Holstein

Ausgaben wie für die Außenministerin, die 137.000 Euro für eine Visagistin zahlte, gebe es im Norden nicht. Nur zu Beginn jeder Legislaturperiode finde ein Fototermin statt, bei dem ein Gruppenbild der Ministerriege samt Ministerpräsident angefertigt werde. Dann entstehen auch Porträts für den Webauftritt der Ministerien. 

TV-Sender bezahlen das Abpudern vor dem Auftritt

Natürlich sorgt man laut Höver vor Fernsehauftritten dafür, dass Nase und Stirn des Dienstherrn nicht wie Speckschwarten glänzen. „Das Abpudern übernehmen meist die TV-Sender, dafür bestellen wir keine Maskenbildner.“

Visagistin aus dem Agrar-Etat bezahlt

Selbstverständlich ist das nicht. Auch Landespolitiker wie die Berliner Senatorin Bettina Jarrasch nehmen auf Staatskosten Schminke und Bildexpertise in Anspruch, wie kürzlich die Berliner Zeitung berichtete. Auch ist „Eitelkeit“ nicht Markenzeichen allein der Ökopartei. So bezahlte Ex-Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) ihre Visagistin aus dem Agrar-Etat und Angela Merkel zog ebenfalls Experten zu Rate, um ihr Haupthaar in Fasson zu bringen und Fotos von ihrer „Sahneseite“ schießen zu lassen.

Kosten um 80 Prozent gestiegen

Einzig die Explosion der Kosten ist überraschend. So sind die Ausgaben für Fotografen, Friseure und Visagisten im ersten vollen Regierungsjahr der Ampel deutlich gestiegen – auf 1,5 Millionen Euro. Das seien 80 Prozent mehr als 2021, kritisiert der Bund der Steuerzahler. 

Spitzenreiterin ist Annalena Baerbock, die ihrer Visagistin im Monat 7500 Euro plus Reisekosten zukommen lässt (Alle Daten aus Bundestagsdrucksache 20/5286). Erklärung der Bundesregierung: „Die Kosten spiegeln wider, dass die Dienstleistung mit zeitaufwändiger Reisetätigkeit verbunden ist und auch ad hoc an Wochenenden und zu besonderen Tageszeiten erbracht werden muss“.

Wie eitel ist Robert Habeck?

Wirtschaftsminister Robert Habeck gab 83.000 Euro für Kosmetik, neue Haarschnitte und schöne Fotos aus, eine Steigerung um 161 Prozent im Vergleich zu Vorgänger Peter Altmaier (CDU). Der kam mit 32.000 Euro für Fotografen aus. Kosten für Stylisten: null – kein Wunder, bei ihm gab es auch nicht viel zu kämmen.

Zum Jahresende sorgte dann eine Ausschreibung für Aufsehen, als Habecks Ministerium einen Fotografen suchte. Salär: 350.000 Euro für vier Jahre. Neben der Reisebegleitung von Habeck gehört auch Auftragsfotografie für die Öffentlichkeitsarbeit des Ministeriums zum Profil, teilt letzteres mit. 

Innenministerin Nancy Faeser (SPD) gab 2022 über 7400 Euro für Visagisten aus - achtmal so viel wie ihre Vorgänger Heiko Maas. Bescheiden bleiben Finanzminister Christian Lindner (FDP), der 650 Euro Steuergeld in Schminke investierte und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD), der die Ausgaben für Fotografen, Friseure und Visagisten im mit 4800 Euro angibt. 

Sozialministerin Aminata Touré macht Werbung für ihr Buch

Die Macht der Bilder hat auch Kiels Sozialministerin Aminata Touré entdeckt, die kürzlich für das Titelbild der Vogue posierte. Auch sie hat Fotos von einer professionellen Fotografin machen lassen und auf ihrer eigenen Minister-Website veröffentlicht. Auf der Seite wurden bis vor Kurzem ihr Büro und der Pressesprecher als Kontakt angegeben, im Impressum als Adresse ihr Ministerium. Nur die Fotos sind anders als auf der offiziellen Regierungshomepage, weniger „spießig“: Touré sitzt auf dem Teppich, wirbt für ihr Buch und mit der Trennung von Amt und Partei nimmt sie es nicht so ernst. 

Fragliche Anzeige auf Tourés Homepage

Sogar ein kostenpflichtiger Anwaltsdienst darf inserieren. Am Montag wurde die Seite überraschend umgebaut. Staatskanzlei und Ministerium schweigen zu den Gründen. Tourés Sprecher Patrick Tiede versichert aber: „Wir haben für diese Seite nie bezahlt, es sind keine Steuergelder geflossen“.

Dann ist ja alles gut.

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