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Mathias Harreby-Brandt startet satirischen Podcast

Mathias Harreby-Brandt startet satirischen Podcast

Mathias Harreby-Brandt startet satirischen Podcast

Antje Walther/shz.de
Flensburg/Berlin
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Charlotte Bohning und Mathias Harreby-Brandt leben beide in Berlin. Foto: Bohning/Harreby-Brandt/shz.de

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Der Schauspieler aus dem Grenzland und seine Kollegin Charlotte Bohning nehmen mit ihrem „Plattcast mit Lotte und By“ Alltagsbanalitäten in sozialen Medien, vor allem sich selbst und ihre Gäste aufs Korn.

Wenn man sagt, Charlotte Bohning und Mathias Harreby-Brandt lernten sich vor etwa vier Jahren in einer Besenkammer kennen, entsteht vielleicht ein falscher Eindruck. Deshalb zur Erklärung: Diese Abstellkammer oder das Requisitenlager war Teil des Sets, an dem die beiden Schauspieler zusammen für die Comedy-Serie „Merz gegen Merz“ drehten.

Die beiden machten sich einen Spaß daraus, die Requisitenliste heimlich zu ergänzen – „um Mett-Igel“ zum Beispiel, erzählen sie und lachen. Beide stellten fest, dass sie „die gleiche Humor-Ebene“ haben. Und genau die ist goldrichtig für ihren neuen Podcast.

Der heißt „Der Plattcast mit Lotte und By“ und im Untertitel „Kollektives Scheitern am Medium“. Gerade sind die ersten beiden Folgen von sieben erschienen.

„Plattcast“ bezieht sich nicht auf Platt, sagt der Flensburger Mathias Harreby-Brandt, der erklärtermaßen Fan seiner Heimat und der Mundart ist und auch in Berlin lebt. Der Plattcast steht für die satirische Verballhornung der Inhaltslosigkeit vieler Podcasts.

Kritik an Banalitäten in den sozialen Medien und „flatrate Altruismus“

Dabei hat der Ursprungsgedanke Tiefgang: Angesichts der Wahrnehmung der sozialen Medien, stelle sie fest, dass „die Leute mit ihren privatesten Banalitäten und zum Teil hanebüchenen Themen“ in die Öffentlichkeit drängen, erklärt die Berliner Schauspielerin Charlotte Bohning. Die 47-Jährige beobachtet eine „immerwährende Einforderung von Applaus“.

Ihre Kritik richtet sich auch gegen „flatrate Altruismus“, wie Bohning das Phänomen tauft, wenn Leute glauben, einen Zettel in die Kamera zu halten, um auf ein Thema aufmerksam zu machen, sei genug, als engagiert zu gelten.

Zugleich werde niemand diskreditiert, betont die Schauspielerin. „Es geht uns darum, mit dem Finger auf Missverständnisse und nicht auf Menschen zu zeigen.“ Ihr Podcast-Partner Mathias Harreby-Brandt ergänzt, dass die beiden selbst „beim Austeilen viel einstecken und das meiste abbekommen“.

Profis wie sie sind, arbeiten sie mit einem Drehbuch. Das habe ebenso wie die Organisation der Gäste jeder Folge zwar Zeit gekostet, aber „Charlotte hat das wunderbar literarisch verwurstet“, lobt Harreby-Brandt.

Auf der Website „unbezahlte-werbung.de“ kann man die aktuellen Folgen anhören und in den Drehbüchern nachlesen. Der Umgang damit sei authentisch, und zwar, „vermeintlich frei zu sprechen, aber mit Vorlage“, verrät der 48-jährige Schauspieler aus Flensburg.

Um unabhängig und frei agieren zu können, haben Lotte und By bei der Produktion auf Werbepartner verzichtet. Oder um es mit Lotte zu sagen: „Um das zu machen, was wir wollen.“ Die beiden haben in Bohnings Arbeitszimmer in Berlin-Kreuzberg ihr Tonstudio aufgebaut.

Schauspieler-Kollege Kai Wiesinger zu Gast in der Podcast-Premiere

Laut Drehbuch übernimmt Lotte die Rolle der Podcasterin, die als „unwillig-intellektuell“ beschrieben wird. By bekommt als Charakterzeichnung „enthusiastisch-schlicht“ zugeschrieben. In Folge 1 ist Schauspiel-Kollege Kai Wiesinger zu Gast, der herrlich kooperiert und den „professionell-überheblichen“ Part übernimmt. „Die Gäste haben das tapfer mitgemacht“, resümiert Harreby-Brandt und findet: „Keiner kommt mit heiler Haut aus den Folgen raus.“ So auch die Schauspielerin Isabell Polak in Folge zwei; unter anderem Anna Maria Mühe wird in einer der nächsten Folgen auftreten.

Als Gast mischt sich Kai Wiesinger ständig ein in die Moderation und äußert Zweifel daran, dass dieser Podcast funktioniert. Noch vergnüglicher wird‘s, wenn Wiesinger Lotte fragt, ob sie überhaupt aus der Branche sei, die schnippisch wird und sich am Ende alle in der Wolle haben.

Drehbuch: Kostprobe aus der ersten Folge

Kostprobe? Kai Wiesinger fragt: „Ich habe nämlich noch nie von dir gehört. Hast du denn eigentlich auch einen Wikipedia-Eintrag?“ Lotte erwidert (leise): „Joa, reicht ja, wenn du einen hast, ne?“ By will schlichten und wirft ein: „Lotte, man muss schon mit der Zeit gehen.“ Sie bleibt schnippisch: „Jaja. Tempora mutantur et nos in illis.“ Daraufhin By: „Du musst jetzt hier nicht aus Frust den Bildungsbürger raushängen lassen...“ Lotte: „Nur weil du kein Latein kannst.“

Das sind nur wenige Beispiele urkomischer Dialoge und Trialoge, die zum Schlapplachen sind und zugleich sanfte Zeitkritik üben. Auch die Musik passe wie maßgeschneidert, finden Charlotte Bohning und Mathias Harreby-Brandt. Die Band „Von wegen Lisbeth“ war so freundlich, ihnen die Verwendung des Songs „Podcast“ zu gestatten. Zentrale Zeile: „Mach‘ bitte, bitte, bitte keinen Podcast“.

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