Auswirkungen des Klimawandels

Meeresspiegelanstieg, Sturmfluten, Starkregen – so bedroht der Klimawandel Flensburg

Meeresspiegelanstieg, Sturmfluten, Starkregen – so bedroht ist Flensburg

Meeresspiegelanstieg – so bedroht ist Flensburg

SHZ
Flensburg
Zuletzt aktualisiert um:
Die blau eingefärbten Bereiche zeigen die Überschwemmungsgebiete einer möglichen Sturmflut bei einem Meeresspiegelanstieg von einem Meter. Foto: EVOKED/shz

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Dr. Jana Koerth untersucht die Folgen des Klimawandels für Flensburg. Die Fördestadt muss sich auf den Meeresspiegelanstieg sowie zunehmende Sturmfluten und Starkregenereignisse vorbereiten.

Der Kampf gegen den Klimawandel ist allgegenwärtig – auch in Flensburg. Nicht erst seit der Flutkatastrophe im Ahrtal, die ungeheure Zerstörung mit sich brachte und vielen Menschen das Leben kostete, fragen sich viele Menschen, wie stark sie persönlich von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen sein werden.

Meeresspiegelanstieg zwischen 28 cm und 1,10 Meter erwartet

Laut IPPC-Bericht der Vereinten Nationen ist bis zum Jahr 2100 mit einem Meeresspiegelanstieg zu rechnen, der in einer Spanne zwischen 0,28 und 1,10 Metern liegt. Geographin Dr. Jana Koerth hat im Rahmen des internationalen Projektes „Evoked“, das von 2017 bis 2020 die Auswirkungen des Klimawandels auf ausgewählte Städte analysiert hat, die Folgen des Meeresspiegelanstiegs für Flensburg untersucht. Koerth ist Teil einer Forschungsgruppe zu Küstengefährdung und Meeresspiegelanstieg an der Kieler Universität.


„Die Stadt Flensburg ist sehr exponiert, denn einerseits liegt sie direkt an der Förde und andererseits gibt es hier keine klassischen Küstenschutzmaßnahmen wie Deiche“, erklärt die Geographin, die selbst in Flensburg aufgewachsen ist. Was ein Meeresspiegelanstieg von 30 Zentimetern, einem halben Meter oder gar einem Meter für die Küstenlinie bedeuten würde, lässt schon ein Spaziergang am Hafen erahnen.

Überflutungskarten zeigen Ausmaß möglicher Sturmfluten

Das Projekt „Evoked“ hat Überflutungskarten erstellt, die die Auswirkungen des Meeresspiegelanstiegs in Kombination mit einer Sturmflut abbilden wie sie im Jahr 2017 auftrat, als ein Wasserstand von 1,78 Meter über dem mittleren Wasserstand der Flensburger Förde erreicht wurde.

Denn: Nicht nur der Anstieg des Meeresspiegels an sich ist ein Problem. Gefährlich ist auch, dass Extremwetterereignisse wie Sturmfluten, die künftig deutlich häufiger auftreten werden, auf einem höheren Ausgangsniveau aufbauen.

Weiterlesen:

Die betroffenen Flächen seien zwar vergleichsweise klein, meint Jana Koerth, aber diese umfassten zentrale Infrastrukturen und kulturelle Werte. „Die historische Altstadt könnte zukünftig im Überflutungsgebiet liegen“, prognostiziert sie. Bei einem Meeresspiegelanstieg von einem Meter könnte eine Sturmflut ein Gebiet über den ZOB bis hin zur Galerie überfluten. Zudem wäre das Gelände der Stadtwerke betroffen.

Extremwettereignisse werden zunehmen

Neben dem Meeresspiegelanstieg und der zunehmenden Häufigkeit von Sturmfluten stellen auch Starkregenereignisse eine Herausforderung dar. Seit den 1950er Jahren hat der Jahresniederschlag in Flensburg zugenommen. „Besonders auffällig dabei ist, dass die Zahl der Starkregentage in Flensburg signifikant zugenommen hat“, zitiert Koerth erste Analysen der Firma GreenAdapt, die Klimaprojektionen entwickelt.

Flensburg hat durch sein hügeliges Gelände die Besonderheit, dass Starkregen die Hänge herunterläuft. Dies führt zur Überschwemmung in flach liegenden Gebieten, besonders bei hoher Flächenversiegelung. Dann nämlich, erklärt die Geographin, kann das Wasser nicht versickern. Eine Folge von Überschwemmungen und davon verursachter Bodenerosion ist die Beschädigung von Infrastruktur.

Hitzewellen bedrohen Flensburg vergleichsweise wenig

Durch die maritime Lage und das damit verbundene gemäßigte Klima ist Flensburg vergleichsweise weniger stark von Hitzewellen betroffen, erklärt die Geographin. Inwiefern sich Hitze in der Stadt halten kann, hänge zudem mit Bebauung und Beschattung zusammen.

Durch die Zunahme der Jahresmitteltemperatur ist in Flensburg ein Rückgang der Frosttage zu erkennen. Seit den 1950ern hätten diese um 42 Tage abgenommen, so die Ergebnisse von GreenAdapt. Wie im Rest des Landes auch führe dies zu Veränderungen der Vegetation, was sich zum Beispiel daran zeige, dass Pflanzen früher blühen.

„Schutz, Anpassung und Rückzug“ als Reaktion

„Schutz, Anpassung und Rückzug“ – so fasst die Geographin mögliche Reaktionen auf den Meeresspiegelanstieg zusammen. Wie genau sich Flensburg auf den Klimawandel vorbereiten sollte, wird sie auch künftig beschäftigen. Seit September erarbeitet sie als Projektleiterin gemeinsam mit den Beratungsbüros SBB e:K:u Kiel, die den Dialog mit Akteuren vor Ort organisieren, und GreenAdapt, die Klimafolgen modellieren, ein Klimaanpassungskonzept für die Fördestadt.

Dass das alles andere als einfach ist, erklärt sie am Beispiel von Spundwänden. Diese könnte man als Schutz vor Überschwemmungen entlang der Hafenkante errichten. Allerdings taucht das Problem auf, dass fixierte Spundwände bei Starkregen kontraproduktiv wirken können, schneiden sie dem abfließenden Wasser doch den Weg in die Förde ab.

Dennoch sieht Jana Koerth Flensburg für die Anpassung an Klimafolgen gut aufgestellt: „Im Vergleich zu anderen Regionen auf der Welt haben wir hier die Möglichkeiten, gut mit den Folgen des Klimawandels umzugehen.“

Mehr lesen