Nordfriesland

Muss Husum 71 Millionen Euro in den Wind schreiben?

Muss Husum 71 Millionen Euro in den Wind schreiben?

Muss Husum 71 Millionen Euro in den Wind schreiben?

Stefan Petersen/shz.de
Husum
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Im Husumer Rathaus macht man sich Sorgen um den Etat 2022. Foto: Stefan Petersen/shz.de

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Der erste Nachtragsetat für 2022 ist beschlossen. Fast wäre der Etat bei einer „schwarzen Null“ gelandet. Weil aber Grundlagenbescheide für die Gewerbesteuer angefochten wurden, kann es eine böse Überraschung geben.

Der Herbst ist traditionell der Zeitpunkt, wo der erste Nachtragshaushalt seinen Weg zur Beratung und Beschlussfassung in die Stadtvertretung findet. So auch dieses Jahr: Bürgermeister Uwe Schmitz brachte die Vorlage der Verwaltung wie gewohnt ein, musste aber zugleich feststellen: „Eine Haushaltsplanung, so wie wir sie kennengelernt und praktiziert haben, findet zur Zeit nicht statt – weder im öffentlichen noch im privaten Bereich.“ Um gleich eine ganze Liste an Planungs-Unsicherheiten aufzuzählen.

Gewerbesteuer-Einnahmen als „Wundertüte“

Da seien zunächst die Gewerbesteuer-Einnahmen. „Zur puren Wundertüte mutiert“, so Schmitz. Einerseits, weil 12,5 Millionen Euro an zusätzlichen Gewerbesteuern für nachträgliche Veranlagungen der Jahre 2012 bis 2016 – zuzüglich 1,7 Millionen Euro Nachzahlungszinsen – vereinnahmt werden konnten. „Nur sind die Grundlagenbescheide angefochten worden. Und niemand kann sagen, ob die Stadt das Geld behalten darf.“ Zudem seien mittlerweile 57 Millionen Euro an Gewerbesteuererträgen wegen der Anfechtung der Grundlagenbescheide ausgesetzt – „zwei Drittel des kompletten Etat-Volumens“.

Wenn die Anfechtung der Grundlagenbescheide Erfolg habe, müsse Husum die 14 Millionen bereits vereinnahmten Gewerbesteuern zurück zahlen. „Und die weiteren 57 Millionen können wir dann auch in den Wind schreiben.“ Damit betrage das Risiko für den städtischen Haushalt mittlerweile 71 Millionen Euro. „Und niemand kann sagen, wie die Verfahren ausgehen“, so der Verwaltungschef.

Großteil der Mehreinnahmen durch kommunalen Finanzausgleich abgeschöpft

Sollten die 57 Millionen Euro nach Abschluss des Rechtsverfahrens endgültig auf der Habenseite verbucht werden können, hätte Husum mit der Finanzierung seiner Investitionen absehbar keine Probleme. Insofern wäre der Nachtragshaushalt ein Segen. Aber in jedem Fall auch ein Fluch: „Weil zwei Drittel bis drei Viertel der Gewerbesteuer-Mehrerträge im nächsten Jahr erst einmal an Kreis und Land weitergereicht werden müssen.“ Es wäre schön, wenn man sich über diese Mehrerträge einfach freuen könnte. „So einfach ist das aber leider nicht, wenn der kommunale Finanzausgleich den größten Teil von Mehreinnahmen, die nicht durch eine Hebesatzerhöhung verursacht wird, abschöpft.“

Ein weiterer Fluch des Nachtragshaushalts sei, dass 3,2 Millionen Euro Investitions-Auszahlungen zurückgemeldet werden mussten: „Weil die Bauvorhaben dieses Jahr nicht planmäßig umgesetzt werden können.“ Dafür würden die Verpflichtungs-Ermächtigungen vom ursprünglich ohnehin schon ungewöhnlich hohen Niveau von 17,4 Millionen Euro auf 29,3 Millionen Euro ansteigen.

Verwaltung soll bei der Zeitplanung von Bauvorhaben besser werden

Für die fehlende Umsetzung seien mehrere Gründe ursächlich: Hier führte der Bürgermeister die immer größer werdenden bürokratischen Hemmnisse sowie die Knappheit von Ressourcen am Markt sowie innerhalb der Verwaltung selbst an, räumte aber ein, dass die in den Ausschüssen häufig vorgebrachte Kritik an der mangelnden Umsetzung zu Recht erfolge. „Unumwunden zugeben muss ich, dass die Verwaltung bei der Zeitplanung besser und transparenter werden muss“, so Uwe Schmitz.

Es gebe leider oftmals gute Gründe für Verzögerungen. Diese müssten der Stadtpolitik und den Bürgern aber auch „nachvollziehbar“ vermittelt werden, um die Verwaltung vor „Schimpfe“ und die Stadt selbst vor Image-Schäden zu bewahren, sagte der Bürgermeister. Er gab zu, dass hier „Optimierungsbedarf“ bestehe, und kündigte an, dass neue Vorgaben von ihm zeitnah für Verbesserung sorgen sollen.

Statt 11,8 Millionen nur drei Millionen Euro minus

„Im Ergebnisplan sah der ursprüngliche Etat ein Minus von 11,8 Millionen Euro vor. Im Wesentlichen durch die Gewerbesteuer-Mehrerträge liegen wir nun nur bei drei Millionen Euro minus“, schloss Uwe Schmitz. Eigentlich wäre man sogar bei einer „Schwarzen Null“ gelandet, wenn nicht ein Teil der mit den Mehrerträgen verbundenen Umlagen als Rückstellung an Kreis und Land gegangen wären. „Das belastet dieses Jahresergebnis, entlastet uns allerdings in gleicher Höhe im nächsten Jahr.“

Die Stadtvertreter waren mit dieser Erklärung des Bürgermeisters offenbar zufrieden, denn aus keiner Fraktion kamen Wortmeldungen zum Thema. Der erste Nachtragshaushalt fand Billigung – einstimmig.

 

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