Prognosen für Weltklimareport

Neue Daten: Wie sich das Klima in Schleswig-Holstein ändern wird

Neue Daten: Wie sich das Klima in Schleswig-Holstein ändern wird

Wie sich das Klima in SH ändern wird

SHZ
Hamburg/Kiel
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Regen und Sturm an der Nordsee in Büsum: Das Klima in Schleswig-Holstein droht sich künftig zu verschlechtern. Foto: Daniel Reinhardt/shz.de

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Am Montag erscheint der neue Bericht des Weltklimarats. Eingeflossen sind auch regionale Projektionen für Bundesländer und Kreise. Demnach ist klar: Ohne ambitionierten Klimaschutz bekommt Schleswig-Holstein Probleme.

Die starken Regenfälle im Februar waren nur Vorboten im Norden: Ohne wirksame Schritte zum Abbau von Treibhausgas-Emissionen droht sich das Klima in Schleswig-Holstein in den nächsten Jahrzehnten deutlich zu verschlechtern. Es drohen mehr Niederschläge, mehr heiße Tage, mehr warme Nächte. Das ergibt sich aus regionalen Klimaprojektionen des in Hamburg angesiedelten, aber zum Geesthachter Helmholtz-Zentrum Hereon gehörenden Climate Service Centers Germany, kurz Gerics.

Die Temperatur im Norden droht um bis zu vier Grad zu steigen

Für insgesamt 85 verschiedene Klimamodelle hat das Institut Prognosen berechnet. Die Daten fließen in den neuen Bericht des Weltklimarats IPCC ein, der am Montag veröffentlicht wird. „Der Weltklimarat wird uns wieder eindrücklich vor Augen führen, welche Schreckensszenarien uns drohen, sollten wir es nicht schaffen, dem Klimawandel Einhalt zu gebieten“, mahnt der grüne Kieler Umweltminister Jan Philipp Albrecht.

Laut den Klimaprojektionen für Schleswig-Holstein droht sich die Jahresdurchschnittstemperatur im Land bis Mitte des Jahrhunderts im extremsten Klimamodell um zwei Grad gegenüber heute zu erhöhen, bis Ende des Jahrhunderts sogar um vier auf dann über 13 Grad. Im Sommer könnte sie von 17 Grad auf fast 22 steigen. Zugleich droht die Zahl der Hitzetage mit Höchsttemperaturen von über dreißig Grad von durchschnittlich 4 im Jahr bis Ende des Jahrhunderts auf ein Maximum von 26 steigen. Vor allem für ältere Menschen mit anfälligem Kreislauf ist das keine gute Nachricht.

Es wird tropische Nächte und deutlich mehr Regen geben

Auch gäbe es plötzlich bis zu 28 Nächte mit tropischen Temperaturen von durchgehend mehr als zwanzig Grad. Solche Nächte, in denen der Schlaf schwer fällt, kommen im Norden bisher so gut wie gar nicht vor. Die Zahl der unangenehmen, schwülen Tage könnte von 3 auf bis zu 51 steigen.

Eisige Tage mit durchgehenden Minusgraden, von denen es heute im Schnitt 14 pro Jahr gibt, drohen dagegen zu verschwinden, Schlittschuhlaufen auf gefrorenen Teichen wäre vorbei. Und die jährlichen Niederschläge könnten im ohnehin regenreichen Schleswig-Holstein um ein Drittel zuzunehmen – von heute 813 Millimeter pro Jahr auf 1047.

Im Vergleich zu den meisten anderen Bundesländern kommt das nördlichste dabei noch glimpflich davon. Vor allem im Süden steigt die Hitze noch kräftiger. So drohen in Baden-Württemberg bis Ende des Jahrhunderts im Extremfall jährlich sogar 65 Hitzetage und 57 Tropennächte. Ähnlich sieht es im Saarland aus. Aber auch in Brandenburg und Berlin müssen sich die Menschen im schlimmsten Fall auf rund 60 Hitzetage und 50 Tropennächte einstellen.

Mit ehrgeizigem Klimaschutz würde es im Land gar nicht wärmer

Realistischer als solch ein extremes Klimamodell sind zwar andere, nicht ganz so dramatische. Doch auch bei den vielen mittleren unter den 85 durchgerechneten Modellen wird in Schleswig-Holstein im Fall eines Weiter-so in den meisten Fällen die Temperatur um gut ein Grad bis Mitte des Jahrhunderts steigen und um gut zweieinhalb bis zum Ende. Auch wird der Regen weiter zunehmen. Und die Zahl der heißen und der schwülen Tage ebenso.

Deutlich besser sähe es dagegen aus, wenn ein ambitionierter weltweiter Klimaschutz den CO2-Ausstoß bis Ende des Jahrhunderts ganz verschwinden ließe und den Anstieg der globalen Mitteltemperatur auf unter zwei Grad hielte, wie im Pariser Klimaschutzabkommen vereinbart. Im günstigsten Fall bliebe die Temperatur in Schleswig-Holstein dann bei den heutigen neun Grad. Es gäbe auch künftig keine Tropennächte und fast keine Hitzetage. Der Regen würde so gut wie gar nicht zunehmen.

Es gibt auch Projektionen für die Landkreise in Deutschland

Die Projektionen hat das Gerics nicht nur für Deutschland und die einzelnen Bundesländer berechnet, sondern erstmals auch für die Kreise. „Wir wurden immer wieder aus Kreisen und Kommunen gefragt: Wie wirkt sich die Klimakrise bei uns aus?“, berichtet Daniela Rechid, Gerics-Abteilungsleiterin für regionalen und lokalen Klimawandel. Daher habe man auch kleinräumige Projektionen erstellt.

In Schleswig-Holstein allerdings weichen die Daten der Kreise höchstens mal in Nuancen vom Land ab. So wird es zum Beispiel in den dichter besiedelten Kreisen am Hamburger Rand ohne Klimaschutzmaßnahmen etwas mehr Hitzetage als im Landesdurchschnitt geben, im nördlichen Landesteil etwas weniger. Und der Regen wird an der Westküste etwas stärker zunehmen als im Rest Schleswig-Holsteins.

Keine Projektionen gibt es für die zuletzt häufig aufgetretenen stürmischen Tage. „Änderungen bei Stürmen sind aufgrund der hohen Variabilität des Windes nicht einfach zu analysieren, aus Forschungsarbeiten sind oft keine klaren Trends abzuleiten“, erklärt Klimaforscherin Rechid.

Umweltminister Albrecht fordert angesichts der Daten schnelles Handeln, um den Treibhausgas-Ausstoß zu senken. „Wir brauchen eine schnelle Energiewende, die niemanden zurücklässt und die von der Kommune bis zur Europäischen Union auf allen Ebenen zur Priorität gemacht wird“, sagt Albrecht gegenüber unserer Zeitung. Dazu sei unter anderem ein Investitionsprogramm für Treibhausgasneutralität nötig, um so „mit erneuerbaren Energien die Emissionen aus Heizungen, Verbrennungsmotoren und Industrie rasch zu ersetzen“.

Albrecht will Wiedervernässung von Mooren und Aufforstungen

Zudem setzt Albrecht auf „mehr natürlichen Klimaschutz“ – wie zum Beispiel auf die Wiedervernässung von Mooren oder Aufforstungen. „Das bringt eine doppelte Dividende, weil wir damit auch etwas zur Bekämpfung der zweiten Weltkrise, nämlich dem Artensterben tun würden“, sagt Albrecht.

Und weil wegen des Klimawandels ja nicht nur ein Anstieg von Flüssen bei Starkregenfällen droht, sondern auch ein Anstieg des Meeresspiegels nicht mehr zu verhindern ist, will der Minister zusammen mit dem Bund noch mehr für den Küstenschutz und Hochwasserschutz tun: „Das wird eine entscheidende Aufgabe für die anstehende Legislaturperiode sein.“

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