Zunehmender Radverkehr in Schleswig

Neue Fahrrad-Schutzstreifen im Straßennetz: Wer muss wie fahren?

Neue Fahrrad-Schutzstreifen: Wer muss wie fahren?

Neue Fahrrad-Schutzstreifen: Wer muss wie fahren?

SHZ
Schleswig
Zuletzt aktualisiert um:
Auf den ersten Blick verwirrend: Neue Fahrrad-Furten auf der Kreuzung Königstraße/Plessenstraße. Foto: Joachim Pohl / SHZ

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Die Stadt hat eine Reihe von Schutzstreifen und roten Fahrrad-Spuren markiert. Der ADFC begrüßt das – sehen bei vielen Verkehrsteilnehmern aber noch Nachholbedarf bei den Regeln.

Von einer richtigen Fahrradstadt ist Schleswig immer noch weit entfernt. Aber auch hier nimmt der Fahrradverkehr merklich zu. „In den zehn Jahren, die ich in Schleswig lebe, hat er sich verdoppelt“, schätzt Oliver Kopp aus der Ortsgruppe des ADFC. Das führt er nicht zuletzt auch auf die deutliche Zunahme der E-Bikes an der gesamten Fahrradflotte der Schleswiger zurück.

Weiterlesen: Schutzstreifen und Fahrradständer: Kleine Verbesserungen für Radfahrer

Dieser Trend ist auch der Stadtverwaltung nicht entgangen. Der Beschluss, dass Schleswig eine fahrradfreundliche Stadt werden soll, liegt mittlerweile drei Jahre zurück. Wirklich bahnbrechende Maßnahmen, um dieses Ziel zu erreichen, wurden bisher jedoch nicht umgesetzt. Aber die Stadt ist nicht untätig geblieben. An mehreren Stellen in der Innenstadt ist zu sehen, wie mit Pinsel und Farbtopf Verbesserungen erreicht werden sollen. Am auffälligsten ist dies an einer der verkehrsreichsten Kreuzung in der Stadt zwischen Königstraße und Plessenstraße. Diese Kreuzung ist seit einigen Wochen von mehreren rot markierten Fahrrad-Spuren und gestrichelten weißen Linien gekennzeichnet.


Die Schleswiger ADFC-Aktiven begrüßen das. Sie haben jedoch beobachtet, dass es zunehmend Unsicherheiten darüber gibt, wer wann welche Flächen und Routen im weit verzweigten Straßennetz zu benutzen hat. „Darauf würden wir gerne aufmerksam machen“, sagt etwa Henning Düsterhöft. Da die ADFC'ler als Berufstätige und Familienmenschen nahezu täglich mit dem Rad in der Stadt unterwegs sind, kennen sie neuralgische Punkte und auch Konfliktlinien zwischen den verschiedenen Verkehrsteilnehmern nur zu gut.


Beispiel Schutzstreifen: Die finden sich in der Regel dort, wo es keinen Platz für echte Radwege oder kombinierte Rad- und Fußwege gibt. Sie sind durch unterbrochene Linien vom Rest der Fahrbahn getrennt und dürfen von Autofahrern befahren werden – aber nur wenn es notwendig ist, etwa wenn ein Bus oder Lkw von vorn kommt und es zu eng wird. Ist das nicht der Fall, müssen Autofahrer den Schutzstreifen frei lassen, auch wenn dort kein Radler unterwegs ist. „Nicht alle Radfahrer fühlen sich auf den Schutzstreifen sicher“, hat Henning Düsterhöft beobachtet. Sie würden dann – verbotenerweise – auf den Gehweg ausweichen. „Bleiben die Schutzstreifen jedoch immer frei, könnte das dazu führen, dass sich hier mehr Radfahrer sicher fühlen.“


Oliver Kopp erinnert daran, dass auch bei Schutzstreifen der von der StVO vorgeschriebene Abstand von 1,50 Meter beim Überholen gilt. „Manch ein Autofahrer meint, der Radler ist ja auf seinem Streifen und fährt dicht an die gestrichelte Linie ran. Einige Schutzstreifen sind aber nur 1,25 Meter breit. Wenn da ein Radfahrer in der Mitte fährt, ist der Mindestabstand locker unterschritten.“ Wichtig auch: Seit 2020 dürfen Kraftfahrzeuge laut StVO nicht mehr auf dem Schutzstreifen halten. Neue Schutzstreifen gibt es unter anderem an der Berliner Straße, an der Bismarckstraße, an der Brockdorff-Rantzau-Straße und im Bereich Stadtfeld/Kattenhunder Weg.


Aber was ist mit einstigen Radwegen, die vor Jahrzehnten angelegt wurden und heute viel zu schmal und auch oft in einem erbärmlichen Zustand sind? Die müssen Radfahrer trotzdem dann benutzen, wenn dort das übliche blaue Schild mit dem Radfahrersymbol steht. Das ist aber vielerorts entfernt worden, eben um die Benutzungspflicht aufzuheben. Dann dürfen Radfahrer auf der Straße fahren, zum Beispiel auf der Flensburger Straße oder an der Bahnhofstraße. Die drei ADFC'ler Kopp, Düsterhöft und Nicole Teichert werden aber regelmäßig von gestikulierenden Autofahrern angehupt, weil sie meinen, Radfahrer gehören selbst auf noch so schmale und schlechte Ex-Radwege. Diese Leute irren, erläutern die Fahrrad-Experten.

Die Radfahrer fassen sich auch an die eigene Nase.

Aber sie fassen sich auch an die eigene Nase beziehungsweise an die anderer Radfahrer. Beispiel Gehwege mit dem Zusatzschild „Radfahrer frei“: Da dürfen diese tatsächlich fahren, „aber Fußgänger haben da absoluten Vorrang“, mahnt Oliver Kopp. Da müssten Radfahrer Rücksicht nehmen, und das bedeute im Zweifel Schrittgeschwindigkeit.

Gut findet Henning Düsterhöft die neuen Fahrrad-Piktogramme auf dem Asphalt der Knud-Laward-Straße, auch wenn diese keine offiziellen Verkehrszeichen seien. „Die erinnern die Radfahrer daran, wo sie fahren sollen und es ist eine Botschaft an die Autofahrer, dass hier Radler unterwegs sind.“ Gerade in dieser Straße radeln viele Schleswiger und Stadtbesucher immer noch häufig auf dem Gehweg, zum Beispiel zwischen Holm und Stadthafen.

Weiterlesen: Vorletzte beim Fahrradklimatest: ADFC plädiert für eine Verkehrswende

Düsterhöft macht auf eine lauernde Gefahr aufmerksam, die droht, wenn Radfahrer aus vermeintlichen Sicherheitsgründen auf dem Gehweg fahren: „Die Ein- und Ausfahrten sind das Gefährliche, nicht das Fahren auf der Fahrbahn!“ Kommen Autofahrer aus einer Einfahrt, erwarten sie keine Radler auf dem Gehweg und sehen diese im Zweifel erst zu spät. Nichtsdestotrotz ist auch den Rad-Aktiven, die selbst Kinder haben, bewusst, dass viele Kinder ab zehn Jahren, die eigentlich auf der Straße fahren müssten, dies aus Sicherheitserwägungen nicht tun.

Mehr lesen