Kreisjägerschaft Nordfriesland

Neue Gefahr für Schafe & Co.: Darum gilt der Goldschakal als der neue Wolf

Neue Gefahr für Schafe & Co.: Darum gilt der Goldschakal als der neue Wolf

Darum gilt der Goldschakal als der neue Wolf

Birger Bahlo/shz.de
Nordfriesland
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Der Goldschakal mit Beute im Maul. Betrachten wir die Größe, liegt er zwischen Fuchs und Wolf. Erkennbar ist er unter anderem am gelbgrauen Fell und den rötlichen Flanken. Foto: Ondrej Prosicky/imago-images.de/shz.de

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Nach dem Wolf breitet sich auch der Goldschakal aus. Erkennbar ist die Furcht nicht nur bei Nutztieren, sondern bereits auch beim Wild. Das erklärte der Wiener Wildtierbiologe Gästen der Kreisjägerschaft Nordfriesland.

Jäger werden bald ihre Hochsitze abbauen können und sich stattdessen wieder verstärkt auf die Pirsch begeben müssen. Das Wild ist aufmerksamer als früher, meide längst Freiflächen und bevorzuge das Dickicht. Es habe größere Fluchtdistanzen und nutze unregelmäßiger als früher Räume und Uhrzeiten – und das aus Furcht vor dem Wolf. Der streife inzwischen stärker in Richtung menschlicher Siedlungen.

So beschrieb Klaus Hackländer, Professor für Wildtierbiologie und Jagdwirtschaft an der Universität für Bodenkultur Wien, die Auswirkungen der exponentiellen Zunahme der Wolfpopulation auch in Deutschland. Rund 250 Gästen der Kreisjägerschaft Nordfriesland führte er in der Koogshalle anhand verschiedener Studien vor Augen, dass sich der Bestand an Wölfen alle drei Jahre verdoppele und bereits im Jahr 2030 in Deutschland die Kapazitätsgrenze erreicht sei. „Dann ist der Platz voll.“ Für einen Schutz weiteren Zuwachses gebe es dann keinen Grund mehr. Schweden hätten mit 300 und Frankreich mit 500 Tieren eine klare Obergrenze beschlossen.

Jagdwirt Karl-Peter Tadsen stellt Verbindung her

Wie kam es dazu, dass dieser europaweit anerkannte Wildtierbiologe den Weg in den Norden gefunden hat? Karl-Peter Tadsen, der beruflich durch seinen Getränkegroßhandel bekannt wurde, hat ihn eingeladen. Tadsen ist Vorsitzender des Vereins für Naturschutz und Landschaftspflege Mittleres Nordfriesland und hat bei Hackländer ein Studium zum Jagdwirt abgeschlossen. Im Gespräch mit shz.de begründete Tadsen das Studium mit seinem Wissensdurst. Nach seiner Jagdprüfung habe er noch mehr erfahren wollen über das Leben der Wildtiere.

In der Diskussion nach dem Vortrag waren in der Koogshalle atmosphärisch zwei Lager auszumachen. Auf der einen Seite die hochemotionalen, teils bitter-bösen Wortmeldungen betroffener Landwirte und Schäfer, die nicht verstehen können, warum sich der Schutzstatus nicht ändern lasse, und die auf den Kosten fürs Einzäunen oder für Hütehunde sitzen gelassen würden. Auf der anderen Seite der nüchtern argumentierende Forscher, der Schutzpflichten aus Berner Convention und Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie herleitete. Er konnte auch die ebenfalls exponentiell anwachsenden Kosten für Prävention sowie Ausgleichszahlungen für Wolfsrisse präzise vortragen. Sein Fazit in dem Punkt:

Im Gespräch mit shz.de am Rande der Veranstaltung betonte Klaus Hackländer aber auch einen Widerspruch, der dazu führen könne, dass die Akzeptanz für den Wolf zurückgehen könne. Der Wolf genieße einerseits den höchsten Schutzstatus, andererseits sei er seit 2007 in der Roten Liste als „nicht gefährdet“ eingestuft – was er später im Vortrag mit der anwachsenden Population belegte.

Wolfsmanagement gefordert

So sieht Hackländer aktuell die Lage bezüglich des Wolfes: Der Wolf sei Realität und werde es auch bleiben. Wölfe führten zwangsläufig zu Veränderungen in der Kulturlandschaft. Die Politik müsse handeln, Herdenschutz finanzieren und gleichzeitig die rechtlichen Rahmenbedingungen anpassen. Fürs Zusammenleben von Mensch und Wolf brauche es ein klares Wolfsmanagement.

Doch nun taucht eine weitere Gefahr für die Nutz- und Wildtiere auf, die womöglich ähnliche Antworten erfordern werden:

Der Goldschakal wird in seiner Größe zwischen Fuchs und Wolf eingeordnet, zeichnet sich durch ein goldgraues Fell aus. Markant sind seine rötlichen Flanken und Läufe. Hackländers Ansagen bezüglich des Goldschakals sind eindeutig. Auch der Goldschakal werde zur Gefahr für Nutztiere werden. Er müsse ins Jagdrecht aufgenommen werden, inklusive Zeiten, zu denen er bejagt werden dürfe. Voraussetzung für eine Bejagung sei „ein nachvollziehbares und ehrliches Monitoring“.

Goldschakal: 2017 erster Nachweis in Schleswig-Holstein

2017 hatte das schleswig-holsteinische Umweltministerium erstmals einen Goldschakal nachgewiesen. Erst hieß es damals, ein Wolf habe in Dithmarschen Schafe gerissen. Doch dann sei zweifelsfrei ein Schakal als Verursacher ermittelt worden.

Der Wildtierexperte erklärte, warum der Goldschakal „relativ schnell in Schleswig-Holstein Fuß fassen“ werde. Er liebe die freie Landschaft und das Wasser, fresse auch Amphibien und wäre nicht gekommen, wenn es hier eine bedeutsame Zahl Wölfe geben würde.

Am Ende der Veranstaltung breitete sich im Saal Ratlosigkeit aus angesichts des festen Schutzstatus‘ in Europa. Stephan Gülck, Vorsitzender der Kreisjägerschaft, und Manfred Uekermann als CDU-Landtagsabgeordneter rieten dazu, dass Klaus Hackländer bei sich bietender Gelegenheit der Landesregierung ganz ähnlich die Fakten auftischen solle wie an dem Abend in Reußenköge.

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