Bundestagswahl 2021

Neue Statistik-Daten: Bei wem die Parteien in SH besonderen Erfolg haben

Neue Statistik-Daten: Bei wem die Parteien in SH besonderen Erfolg haben

Bei wem die Parteien in SH besonderen Erfolg haben

SHZ
Kiel/Berlin
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Deutscher Bundestag: Die neue repräsentative Wahlstatistik ist genauer als die Daten der Umfrage-Institute. Foto: Michael Kappeler / SHZ

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Eine neue amtliche Statistik des Wahlleiters zeigt, wer für wen in Bund und Land gestimmt hat – und gibt wichtige Aufschlüsse für die Landtagswahl in Schleswig-Holstein.

Ginge es nach Schleswig-Holsteins Frauen, säße die AfD nicht im Bundestag. Nur 4,99 Prozent der Wählerinnen im nördlichsten Bundesland haben der rechtspopulistischen Partei bei der Wahl im September ihre Stimme gegeben – und damit ein paar weniger, als die fünf Prozent, die bundesweit nötig sind, um einer Partei ins Parlament zu verhelfen. Da die AfD aber im Rest der Republik und auch bei den Männern im Norden mit 8,7 Prozent erfolgreicher war, ist sie dennoch in den Bundestag eingezogen.

Die Zahlen gehen aus der repräsentativen Wahlstatistik hervor, die der Bundeswahlleiter jetzt veröffentlicht hat. Zwar erscheint das Zahlenwerk erst spät, ist dafür aber genauer als die Daten aus den Nachwahlbefragungen der Umfrage-Institute. Denn es beruht auf dem echten Wahlverhalten von gut 1,8 Millionen Stimmberechtigten aus 2559 Wahlbezirken. Deren Stimmzettel waren nach Geschlecht und Altersgruppe mit einem Code versehen, der jetzt die Auswertung nach Bevölkerungsgruppen bundeslandgenau ermöglichte.

Die Daten zeigen, in welchen Gruppen die Parteien erfolgreich sind

Für die Parteien in Schleswig-Holstein ist die neue Statistik besonders interessant, weil hier schon am 8. Mai die Landtagswahl ansteht. Zwar findet die unter anderen Vorzeichen statt und vor allem mit anderen Spitzenkandidaten. Auch fehlen Zahlen über den SSW – die dänische Minderheitenpartei hat zu wenig Wähler, um anhand der Bundesstatistik repräsentative Aussagen zuzulassen, richtet der Wahlleiter aus. Doch allen anderen im Landtag oder Bundestag vertretenen Parteien zeigen die Zahlen, bei welchen Gruppen sie im Norden zuletzt besonders erfolgreich waren – und bei welchen nicht.


So hat die SPD im Land ähnlich stark zugelegt wie im Bund und vor allem bei älteren Wählern, ganz besonders bei älteren Frauen, deutlich gewonnen. Bei jüngeren dagegen hat sie sogar leicht verloren. Auffällig ist zudem, dass sie im Norden stärker als im Bund vom Stimmensplitting profitierten, also von Wählern, die mit ihrer Erststimme für eine andere Partei votieren als mit der Zweitstimme: Die SPD hat fast 20 Prozent der Erststimmen von Grünen-Wählern bekommen und 17 Prozent der Linken. Auch bei der Landtagswahl ist ein solches Splitting möglich.

SPD-Spitzenkandidat Losse-Müller will bei Jungwählern zulegen

„Das Stimmensplitting zu Gunsten der SPD zeigt, dass die Menschen in Schleswig-Holstein eine fortschrittliche Politik wollten – und eine Partei die sich eindeutig von der CDU abgrenzt“, analysiert SPD-Ministerpräsidentenkandidat Thomas Losse-Müller. Gleichzeitig räumt er ein, dass die SPD im Land bei jungen Menschen „noch zulegen“ könne: „Dafür haben wir mit vielen jungen Kandidatinnen und Kandidaten sowie unserem Programm, das auf konsequenten Klimaschutz und schnelle Digitalisierung setzt, das richtige Angebot“, hofft er.

Die CDU hat in Schleswig-Holstein noch stärker verloren als im Durchschnitt. Vor allem bei jüngeren Wählern und ganz besonders bei jüngeren Frauen büßt sie erheblich ein – bei der Jungwählergruppe im Alter zwischen 18 und 24 Jahren kommt sie nur noch auf den einstelligen Prozentwert von 8,3. Zwar profitiert auch sie in den Wahlkreisen überdurchschnittlich stark vom Stimmensplitting – und zwar von FDP-Wählern, die gleich zu 26 Prozent CDU-Bewerber unterstützt haben. Zum Sieg reichte es dennoch nur in zwei Wahlkreisen.

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Ministerpräsident Daniel Günther hofft trotzdem auf seine Wiederwahl und will den Bundestagsergebnissen keine große Bedeutung zumessen. „Als CDU Schleswig-Holstein fokussieren wir uns voll und ganz auf die vor uns liegende Landtagswahl“, sagt er. Nicht zuletzt in der jüngsten Umfrage des NDR mit einem Fünf-Prozent-Vorsprung der CDU vor der SPD in Schleswig-Holstein sieht er „Rückenwind für den Wahlkampf“.

Den spüren auch die Grünen. Bei der Bundestagswahl haben sie in Schleswig-Holstein überdurchschnittlich gut abgeschnitten, vor allem bei Frauen und Jungwählern, aber auch beim älteren Wahlvolk. Auch sie waren beim Stimmensplitting erfolgreich: Sie haben 18 Prozent der Erststimmen von Linken-Wählern und auch fast 10 Prozent von SPD-Wählern bekommen. „Es kann uns gelingen, stärkste Kraft im Land zu werden – und es lohnt sich, auf die Erst- wie auf die Zweitstimme zu setzen“, resümiert die grüne Landtagsspitzenkandidatin Monika Heinold.

Die FDP hat bei jungen und alten Männern stark gewonnen

Die FDP hat im Land bei sehr jungen und bei alten Männern überdurchschnittlich gewonnen, dafür aber bei Frauen leicht verloren. Zwar sagt Spitzenkandidat Bernd Buchholz: „Bundestags- und Landtagswahl lassen sich nicht vergleichen.“ Doch räumt er auch ein, „dass wir in der FDP noch viel zu wenig Frauen ansprechen“. Das hofft er mit der Landtagswahl zu ändern: „Mindestens jeder dritte Listenplatz ist von einer Frau besetzt, so dass sich auch unsere potenziellen Wählerinnen in ihren Interessen vertreten sehen können.“

Um den Einzug in den Landtag bangen müssen AfD und Linke. Die AfD ist bei der Bundestagswahl im Norden nicht nur bei den Frauen, sondern auch bei den Jungwählern unter fünf Prozent geblieben, kommt allerdings insgesamt auf 6,8. Und die Linkspartei hat bei der Bundestagswahl einmal mehr die schwachen Ergebnisse der beiden letzten Landtagswahlen bestätigt, in denen sie an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte.

Dass dagegen der seit 1958 im Landtag vertretene SSW gute Karten hat, lässt sich auch ohne Daten aus der Statistik vorhersagen: Für die Dänenpartei gilt die Fünf-Prozent-Hürde nicht. Zudem hat ihr Bundestagskandidat Stefan Seidler den Sprung nach Berlin geschafft hat – und damit so viel Aufmerksamkeit erregt, dass es der Partei auch im Landtagswahlkampf helfen dürfte.

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