Covid-19

Neues Coronavirus XBB.1.5 – Infektiologen setzen aufs Impfen und spielen auf Zeit

Neues Coronavirus: Infektiologen setzen aufs Impfen und spielen auf Zeit

Infektiologen setzen aufs Impfen und spielen auf Zeit

Dirk Jennert/shz.de
Kiel
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Im September begannen bundesweit die Impfungen mit dem auf Omikron angepassten Wirkstoff. Die ersten Daten deuten laut Professor Ott darauf hin, dass der neue Impfstoff die Coronamutation XBB.1.5 in Schach halten könnte. Foto: Sina Schuldt/shz.de

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Die Weltgesundheitsorganisation ist beunruhigt: Die neue Coronamutation XBB.1.5 könnte die bisher ansteckendste Variante sein. Corona-Experten wie Professor Stephan Ott und Landesvirologe Helmut Fickenscher bleiben gelassen.

Die Zahl der Corona-Infektionen in Schleswig-Holstein geht seit gut zwei Wochen zurück. Die aktuelle Inzidenz auf 100.000 Einwohner lag am Dienstag bei 122,3 - weniger als die Hälfte des Wertes vor einer Woche. Allerdings: Vor allen in den Vereinigten Staaten, aber mittlerweile auch in 29 weiteren Ländern, breitet sich seit Oktober eine neue Coronamutation aus. Nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation handelt es sich bei XBB.1.5 um die bisher ansteckendste Coronavariante. Wie groß ist die Gefahr für Schleswig-Holstein?

Schwerer Krankheitsverlauf bisher selten

Die gute Nachricht aus Sicht des Rendsburger Corona-Experten Professor Dr. Stephan Ott: Auch wenn sich XBB.1.5 derzeit außerhalb Deutschlands schnell ausbreitet, sind seine Folgen offenbar gering. Die ersten Erkenntnisse der Forscher lassen laut Ott darauf schließen, dass die neue Virenvariante eher selten schwere Krankheitsverläufe zur Folge hat. „Zum Problem könnte allenfalls die schiere Zahl der Fälle werden, sofern es eine neue Coronawelle überhaupt gibt“, sagt Ott.

Ins Frühjahr retten

Bisher seien keine XBB.1.5-Fälle in Schleswig-Holstein festgestellt worden. Ott spielt auf Zeit. Je später sich die neue Virenvariante im Norden ausbreitet, umso kleiner wird die Welle ausfallen. „Wenn uns das Virus noch zwei bis drei Monate Zeit gibt, fällt es genau in die Zeit des saisonalen Corona-Abschwungs hinein.“ 2021 und 2022 gingen die Coronazahlen mit Beginn der warmen Jahreszeit stark zurück. Ott: „Wenn die Menschen sich wieder häufiger draußen aufhalten, wird es auch für XBB.1.5 schwierig, sich weiter auszubreiten.“

Bevölkerung gut immunisiert

Hinzu kommt: Das Virus trifft nach Einschätzung des Corona-Experten auf eine durch Impfungen und überstandene Infektionen gut immunisierte Bevölkerung. Die bisher geringe Zahl an schweren Krankheitsverläufen durch XBB.1.5 lässt darauf schließen, dass die Impfstoffe ihre Schutzwirkung weiterhin entfalten können, „wobei der angepasste Omikron-Wirkstoff sicherlich den besten Schutz bietet.“

Verbesserter Impfschutz

XBB.1.5 sei nämlich ein Abkömmling unterschiedlicher Omikron-BA.2-Varianten, erklärt Landesvirologe Helmut Fickenscher. Dieser Subtyp habe sich in den Neuenglandstaaten im Nordosten der Vereinigten Staaten gegen die bisherigen Varianten durchgesetzt. „Daher ist möglich, dass dieser Subtyp auch in Deutschland an Gewicht gewinnt und dominieren wird“, sagt Fickenscher.

Bisher deute vieles darauf hin, dass XBB.1.5 ansteckender ist als die bisherigen Varianten, allerdings nur „etwas und nicht drastisch“. Aber hinsichtlich der Symptomatik und Krankheitsschwere gebe es keine bedrohlichen Beobachtungen. Dennoch warnt der Landesvirologe: „Möglicherweise kann es zu einer erneuten Infektionswelle kommen. Diejenigen Personen, die bereits einen neuen, an Omikron angepassten Impfstoff als erste oder auch als zweite Auffrischung erhalten haben, verfügen voraussichtlich über einen verbesserten Impfschutz auch gegen XBB.1.5.“

Noch keine Daten aus China

Hinsichtlich der vermutlich ausgeprägten Infektionswelle in China lägen noch keine objektiven Daten vor. „Deshalb gab es den EU-Beschluss, dass vorsichtshalber ein negativer Test auf SARS-CoV-2 in China vor Besteigen eines Flugs nach Europa notwendig ist.“

Die Erfahrung zeige aber, dass sich das Virus durch derartige Maßnahmen nicht einschließen lässt. Aber durch diese Maßnahme kann die Ausbreitung verzögert und besser beobachtet werden. „Mir ist derzeit nicht bekannt, dass XBB.1.5 in China besonders verbreitet wäre. Allerdings ist mir auch unklar, ob es bereits ausreichend untersucht worden ist“, sagt Virologe Fickenscher.

Hoffnung auf medizinischen Durchbruch – Experte rät zum Impfen

Vor Sorglosigkeit sollte man sich allerdings hüten, findet auch Infektiologe Stephan Ott. „Ich empfehle allen Bürgern, sich regelmäßig gegen Corona impfen zu lassen“, erklärt er. Was bei der Grippe mit ihrem jährlich angepasstem Impfstoff seit Jahrzehnten eine Selbstverständlichkeit ist, dürfte sich ähnlich bei Corona entwickeln. Ott setzt auf den nächsten medizinischen Durchbruch: Die Forschung arbeitet an einem Impfstoff, der sowohl gegen Corona als auch gegen Grippe schützt.

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