Inzidenz bei über 90

Pflegeampel in Flensburg auf Rot: Einschränkungen für Senioren in Einrichtungen

Pflegeampel in Flensburg auf Rot: Einschränkungen für Senioren in Einrichtungen

Einschränkungen für Senioren in Einrichtungen

SHZ
Flensburg
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Weil der Inzidenzwert in Flensburg steigt, werden aktuell vor allem ältere Menschen in Flensburg eingeschränkt. Foto: Christian Langballe/Unsplash

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Kosmetikbehandlungen sind in der stationären Pflege ab sofort verboten, auch Ausflüge in der Tagespflege dürfen nicht mehr stattfinden. Verwirrung gibt es um Besuche in hauseigenen Cafés.

Zweimal in der Woche besucht UIf-Jürgen Kreul seine Schwiegermutter in der Awo-Einrichtung auf dem Sandberg. Häufig gehen beide dann in das hauseigene Café. Die sozialen Kontakte sind für die 92-jährige Demenzerkrankte wichtig.

Doch seit vergangener Woche gibt es neue Einschränkungen. Das Café durfte von Patienten der stationären Pflege zunächst nicht mehr betreten werden. Eine vorschnelle Maßnahme, wie sich herausgestellt hat. Grundlage für die verschärften Maßnahmen ist die sogenannte Pflegeampel der Stadt Flensburg, die auf Rot gesprungen ist.

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Für Menschen in Senioreneinrichtungen hat dies weitere Auswirkungen. Kosmetikbehandlungen sind in der stationären Pflege ab sofort verboten, auch Ausflüge in der Tagespflege dürfen nicht mehr stattfinden. Wohnanlagen und Heime sagen aktuell kleinere Feste ab, auch wenn sie dies laut Ampel nicht müssten.

„Es ist wieder nur eine Menschengruppe, die von den Maßnahmen betroffen ist“, ärgert sich Kreul. Er hat sich in einer Mail an die Stadt Flensburg, das Land Schleswig-Holstein und die Awo gewandt, um auf die Problematik aufmerksam zu machen.


Kreul betont, dass seine Schwiegermutter, seine Frau und er geimpft sind. Die Pflegeampel hält er in Zeiten hoher Impfraten, gerade in den älteren Generation, nicht mehr für zeitgemäß.

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Stadtsprecher Clemens Teschendorf entgegnet: „Es ist nicht mehr das gleiche Rot wie im Februar.“ Das Regelwerk sei im Laufe der Zeit mit den neuen Landesverordnungen angepasst worden. Besuche in Pflegeheimen sind deshalb weiterhin möglich. Die Pflegeampel sei damals eingeführt worden, weil sich die Einrichtungen ein Handbuch im Umgang mit dem Coronavirus gewünscht hätten, so Teschendorf. Dies bestätigt auch Awo-Sprecherin Kathrin Mansfeld: „Wir orientieren uns an der Pflegeampel.“

Kein Betretungsverbot in hauseigenen Cafés

Die Pflege sei ein besonders sensitiver Bereich, betont Teschendorf. Nach wie vor gebe es hier Menschen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen könnten. „Und es können auch Geimpfte erkranken.“

Doch Teschendorf macht Kreul auch Hoffnung. Der Passus mit Betretungsverbot für das hauseigene Café soll angepasst werden, es habe hier Fehlinterpretationen gegeben. Bewohner und Einrichtung sollen mehr Eigenverantwortung erhalten. Mansfeld hofft ebenfalls, dass sich die Wogen in diesem Punkt nun schnell glätten.

Fachgremium legt Ampelfarbe fest

Die Ampelfarben bestimmt aktuell ein im Gesundheitsamt Flensburg verankertes Fachgremium aus den Bereichen Pflege und Medizin. Zu den Kriterien zählen unter anderem der Inzidenzwert und die Auslastung der Isolier- sowie der Intensivstation des St. Franziskus-Hospitals.

Zwar liegt der Inzidenzwert in Flensburg aktuell über 90, jedoch werden im Franziskus-Krankenhaus keine Corona-Patienten behandelt. „Wir dürfen keine Panik erzeugen“, sagt Kreul. Eine hundertprozentige Sicherheit gebe es nicht. „Warum sollten Menschen im hohen Alter nicht ihre restlichen Lebenszeit genießen können?“ Die monatelange Isolation habe bei vielen Heimbewohnern ihre Spuren hinterlassen. „Die alten Menschen werden viel zu wenig besucht. Das bedrückt uns sehr.“

Teschendorf betont, dass der Inzidenzwert auch im Bereich der Pflegeampel an Bedeutung verlieren könnte und verweist auf die aktuellen Diskussionen in der Politik. „Man wird sich sicherlich nochmal damit befassen.“

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