Infrastruktur

Plötzlich keine Eile mehr: Kommt die Oberleitung nach Dagebüll erst viel später?

Plötzlich keine Eile mehr: Kommt die Oberleitung nach Dagebüll erst viel später?

Kommt die Oberleitung nach Dagebüll erst viel später?

Hagen Wohlfahrt/shz.de
Niebüll
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Mit dem ICE L soll eine Fernverkehrsreise nach Dagebüll und Westerland ab 2026 viel komfortabler sein. Foto: Tobias Holzer/shz.de

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Vor drei Jahren wurden die Pläne für den Bau einer Oberleitung auf der Bahnstrecke zwischen Niebüll und Dagebüll bekannt. Um das Vorhaben ist es seltsam still geworden.

Angelehnt an einen ehrgeizigen Zeitplan wurde im Juli 2020 die Elektrifizierung der Marschbahn-Nebenstrecke von Niebüll zum Fährhafen Dagebüll mittels einer Oberleitung verkündet. Die damaligen Protagonisten, der Chef der Norddeutschen Eisenbahn Niebüll (NEG), Ingo Dewald, und der Kieler Verkehrsminister Bernd Buchholz (FDP), die das Projekt zumindest nach außen vorantrieben, sind nicht mehr im Amt.

Eigentlich müssten nach den Angaben von damals die Bauarbeiten längst begonnen haben, stünde die Inbetriebnahme der Oberleitung schon im nächsten Jahr an. Doch um das Vorhaben ist es seltsam still geworden. Hinzu kommt, dass lange Zeit öffentlich einsehbare Informationen zu dem Infrastruktur-Großprojekt auf den Internet-Seiten der NEG aktuell nicht zu finden sind. Kommt die Oberleitung erst viel später? Die NEG ließ Antworten auf entsprechende Fragen von shz.de bislang offen.

Fragen zur Umweltverträglichkeit

Aus dem inzwischen CDU-geführten Kieler Verkehrsministerium hieß es dazu am Dienstag (1. August) allerdings, dass die NEG an der Erstellung von Unterlagen für einen Planfeststellungsantrag arbeite. Dies habe das Unternehmen vor wenigen Tagen mitgeteilt. Zu Fragen einer Vorprüfung auf Umweltverträglichkeit des Vorhabens werde demnächst ein Gespräch von NEG und dem zuständigen Amt für Planfeststellung Verkehr (APV) stattfinden.

Wann eine Planfeststellung frühestens erfolgen, also die Baugenehmigung erteilt werden könnte, hänge unter anderem davon ab, wann die NEG ihren Antrag einreicht. „Eine entsprechende Prognose zum aktuellen Zeitpunkt ist nicht möglich“, erklärte Ministeriumssprecher Harald Haase.

Die Elektrifizierung sollte dem Vernehmen nach eigentlich ohne großes Genehmigungsverfahren relativ schnell umgesetzt werden. Später entschied die NEG aber, die Oberleitung und weitere Maßnahmen auf der Strecke, die damit zusammenhängen, gebündelt in ein Planfeststellungsverfahren zu bringen. Dazu gehören etwa notwendige Gleisverlängerungen. Finanziert wird das Infrastrukturprojekt den Angaben zufolge zum größten Teil aus Bundes- und zu einem kleinen Teil aus Landesmitteln. Gegen das Vorhaben gibt es entlang der Strecke Widerstände in der Bevölkerung.

Die Oberleitung soll gebaut werden, weil die Deutsche Bahn künftig moderne Fernreisezüge des spanischen Herstellers Talgo nach Westerland und auch nach Dagebüll einsetzen will. Nach früheren Informationen seitens der NEG war vorgesehen, dass von den Zügen nach Sylt in Niebüll jeweils eine Einheit getrennt wird, die dann selbstständig und elektrisch nach Dagebüll weiterfährt. Abgesehen vom Antrieb im Prinzip nichts anderes als die bisherigen IC-Kurswagen.

Doch davon ist aber keine Rede mehr. Jetzt sollen ab 2026 jeden Tag je drei komplette ICE-L-Züge der DB unabhängig voneinander nach Sylt und nach Dagebüll fahren. Dazu will der Staatskonzern sogenannte Zweikraft-Lokomotiven des Typs Vectron Dual Mode einsetzen. Die können mit Strom aus der Oberleitung fahren oder von einem Dieselmotor angetrieben werden. Sie müssen die künftigen ICE-L-Züge wegen der fehlenden Oberleitung auf der Marschbahn ab Itzehoe noch auf Jahre in die nordfriesischen Urlaubsgebiete ziehen. Denn die weitere Elektrifizierung durch Dithmarschen und Nordfriesland kommt nach derzeitigem Stand frühestens Anfang der 2030er Jahre.

Vielleicht ist wegen dieser Zweikraft-Lokomotiven plötzlich keine Eile mehr geboten bei der Oberleitung auf der Dagebüll-Strecke. Doch das Verkehrsministerium erklärt, es werde davon ausgegangen, dass die Elektrifizierung „rechtzeitig“ fertiggestellt werden kann. Minister Claus Ruhe Madsen (CDU) hatte Anfang des Jahres als möglichen Termin dafür Ende 2025 genannt.

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