Heinolds Sparliste für SH

Polizisten, Sportler und Sozialverbände warnen vor neuen Einsparungen in SH

Polizisten, Sportler und Sozialverbände warnen vor neuen Einsparungen in SH

Polizisten, Sportler, Sozialverbände warnen vor Einsparungen

Kay Müller/shz.de
Kiel
Zuletzt aktualisiert um:
Wollen in den kommenden Jahren weiter sparen: Monika Heinold und ihr Staatssekretär Oliver Rabe. Foto: Michael Ruff/shz.de

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Nachdem Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) ihre Sparliste vorgelegt hat, fürchten Gewerkschaften und Verbände weitere Einschränkungen und machen mobil.

Zwei Herzen schlagen in Torsten Jägers Brust. „Auf der einen Seite sind wir sehr froh, dass die Haushaltssperre aufgehoben worden ist, denn die beiden Schockwochen, die sie ausgelöst hat, hat für sehr viel Unruhe bei den Kollegen gesorgt“, sagt der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei. „Auf der anderen Seite sind wir natürlich über die fast 1,7 Millionen Euro Kürzungen im Bereich der Inneren Sicherheit nicht glücklich.“

Warum der gesellschaftliche Zusammenhalt gefährdet sein könnte

Wie viele andere Verbandsvertreter fürchtet Jäger, dass die Kürzungsliste, die Finanzministerin Monika Heinold einen Tag zuvor dem Finanzausschuss vorgelegt hat, nicht das Ende der Fahnenstange ist.

„Wir fordern von der Landesregierung trotz knapper Kassen ein klares Signal, dass die soziale Arbeit in Schleswig-Holstein auch künftig an den Bedarfen der Hilfebedürftigen ausgerichtet bleiben soll“, sagt Diakonie-Vorstand Heiko Naß. Er will vermeiden, dass „gewachsene Strukturen und Angebote in Frage“ gestellt werden. „Damit gefährden wir wichtige Säulen der sozialen Arbeit und des gesellschaftlichen Zusammenhalts“, so der Landespastor.

Naß kritisiert, dass die Regierung Mittel für die DaZ-Klassen (Deutsch als Zweitsprache) kürzt. „Gerade in Zeiten steigender Geflüchtetenzahlen ist es ein fatales Signal, wenn an solch wichtigen Integrationsmaßnahmen gespart wird, zumal schon heute die Nachfrage in diesem Bereich höher ist als das Angebot. Äußerst bedenkenswert sind auch die Sparpläne für den Bereich der Ganztagsschulen sowie die Altenhilfepflege-Ausbildungsunterstützung.“

Bündnis fordert: Keine Kürzungen bei sozialer Daseinsvorsorge

Die Diakonie hatte sich wie viele andere Verbände nach der von Heinold vor zwei Wochen verkündeten Haushaltssperre in einem Bündnis zusammengeschlossen. Das hatte schon nach Aufhebung der Haushaltssperre „eine langfristige und auskömmliche Planung für die nächsten Jahre unter Einbeziehung der Verbände“ gefordert. Bei der sozialen Daseinsvorsorge dürfe es nicht zu Kürzungen kommen, sagt der Sprecher des Bündnisses, Michael Saitner, der gleichzeitig Geschäftsführer des Wohlfahrtsverband „Der Paritätische“ ist: „In den Bereichen Ganztagsschulen, DaZ-Maßnahmen, Extremismus- und Rassismusforschung in der Polizei sowie Altenhilfepflege-Ausbildungsunterstützung soll nun ordentlich gekürzt werden – Bereiche, in denen wir als Gesellschaft keine Streichungen verkraften können.“

Viele soziale Organisationen müssten ihre Angebote seit Jahren durch immer wieder neue Projekt- oder Vorfinanzierungen aufrechterhalten – ohne dass es eine gesicherte Planungsmöglichkeit und ein klares Finanzierungsbekenntnis gebe. „Wenn hier nun immer weiter Gelder gekürzt werden, blicke ich mit großer Sorge auf die Haushaltsplanung der nächsten Jahre“, sagt Saitner. „Auch wenn die Haushaltslage des Landes schwierig ist: Die soziale Daseinsvorsorge ist eine feste Säule unserer Gesellschaft, die auf keinen Fall bröckeln darf – denn dann gerät das gesamte System ins Wanken.“

Sorgen auch im Bereich des Sports in Schleswig-Holstein

Auch die Feuerwehren haben unter Kürzungen zu leiden, können nun nur noch 8,5 statt wie bisher geplant 10,5 Millionen Euro in die Sanierung der Feuerwehrgerätehäuser stecken. „Das ist für die Feuerwehren vor Ort ein Problem, aber aus meiner Sicht zu verschmerzen, weil es dann in anderen Bereichen keine Kürzungen gibt“, sagt Landesbrandmeister Frank Homrich. Damit meint er etwa die Beschaffung von Fahrzeugen.

Der Sport in Schleswig-Holstein wird künftig fast eine Million Euro weniger zur Verfügung haben, 250.000 Euro hat Heinold direkt beim Landessportverband (LSV) eingespart. „Das verwundert uns, zumal wir die Zusicherung der Summe gerade erst vor acht Wochen bekommen haben“, sagt der Hauptgeschäftsführer des LSV, Manfred Konitzer-Haars. Diese Kehrtwende sei „schwer nachvollziehbar“. Die Koalition habe erklärt, das Sportland Schleswig-Holstein zu stärken. „Die Bedeutung des Sports zu stärken, sieht für mich anders aus.“

Verbände wollen Einzelposten prüfen

Für den Kinderschutzbund ist durch die Aufhebung der Haushaltssperre die dadurch entstandene Unsicherheit nicht verschwunden, sagt die Vorsitzende Irene Johns. „Dabei brauchen wir in diesen unsicheren Zeiten Verlässlichkeit.“ Viele Familien wüssten schon jetzt nicht, wie sie die steigenden Preise auffangen sollen und auch beim Kinderschutzbund sei unklar, wie alle Angebote weiter aufrechterhalten werden können. Deshalb sei die Sparliste schwierig, denn: „Wir wissen noch nicht, was sich hinter den einzelnen Punkten in der Sparliste genau verbirgt.“ Dabei geht es etwa um Betreuungs- oder Ganztagsangebote, bei denen die Regierung den Rotstift ansetzen will.

Und weil Heinold das Einbruchsschutzprogramm um 400.000 Euro auf 1,2 Millionen Euro gekürzt hat, sagt Alexander Blažek, Vorstandsvorsitzender des Eigentümerverbandes Haus & Grund Schleswig-Holstein: „Das Programm war bisher sehr erfolgreich. Die Einbruchszahlen sind stetig zurückgegangen.“ Der Staat habe die Aufgabe, für die Sicherheit der Bürger zu sorgen. „Die Landesregierung mit der Finanzchefin Monika Heinold am Ruder fährt einen falschen Kurs und spart bei diesem Investitionsprogramm am falschen Ende.“

Wenn Heinold in den kommenden Jahren weitere hunderte Millionen Euro einsparen will, wird sie vermutlich nicht drumherum kommen, auch beim Personal zu kürzen und zumindest die Besetzung einiger Stellen aufzuschieben. Dagegen wehren sich aber Verbände und Lobbygruppen.

Oder wie es Torsten Jäger sagt: „Da kommen keine leichten Haushaltsberatungen auf die Politiker zu.“ Denn jeder Verband wird versuchen, seine Interessen deutlich zu machen und vor weiteren Kürzungen zu warnen. Jäger macht schon mal den Anfang: „Im operativen Polizeidienst oder bei der Aus- und Fortbildungen darf es keine Reduzierungen geben. Beim Personal darf nicht gespart werden.“

Mehr lesen