Literatur

„Reserve“ von Prinz Harry: So blicken Südtonderns Buchhandlungen auf den Verkaufsstart

Prinz Harry: So blicken Buchhandlungen auf den Verkaufsstart

Prinz Harry: So blicken Buchhandlungen auf den Verkaufsstart

Marco Nehmer/shz.de
Leck
Zuletzt aktualisiert um:
Öffnen verboten: Britta Lassen von der Buchhandlung Blattwerk in Leck am Vortag des Verkaufsstarts von Harrys Memoiren. Foto: Marco Nehmer/shz.de

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Wird es einen Run auf die Enthüllungen von Prinz Harry geben? Zur Veröffentlichung am Dienstag ist die Autobiografie des britischen Prinzen auch bei einem Buchhändler in Südtondern erhältlich.

Nimmt man den medialen Rummel zum Maßstab, dann liegt ab Dienstagmorgen das heißeste Ding des Jahres in den Buchhandlungen aus. Prinz Harrys Enthüllungs-Autobiografie „Reserve“, gedruckter Sprengstoff vom verlorenen Sohn des britischen Königshauses. Der Boulevard hat seit Wochen Schnappatmung, jazzt „Reserve“ – ganz nach dem Geschmack der PR-Maschinisten des Prinzen – pünktlich zum globalen Verkaufsstart an diesem 10. Januar zum Weltereignis hoch. Gut, wenn man da die Ruhe bewahrt. Vor einem Sturm, der sich womöglich sowieso nur im Wasserglas abspielt.

Der Handel in Südtondern macht es vor, gibt sich betont entspannt, fast schon unbeteiligt. Das Gewese um höfischen Hochverrat, um Bruderkrieg, Intrigen, vorab gestreute Details aus Harrys Liebesleben – es liegt irgendwie heilsam über Kreuz mit dem nordfriesischen Pragmatismus. „Wir sind hier auf dem Dorf. Man weiß nicht, wie groß die Sensationslust der Leute tatsächlich ist“, sagt Britta Lassen von der Lecker Buchhandlung Blattwerk, garniert mit einem gedachten Schulterzucken.

Trotzdem haben sie hier vorgesorgt, Lassen kramt aus dem Lager den verschlossenen Karton mit den bestellten Ausgaben. Vorzeitiges Öffnen: strengstens verboten, Inhaberin Wiebke Hübner musste sich per Unterschrift dazu verpflichten, die Verlage sind da rigoros. Auch wenn der Fauxpas einer spanischen Buchhandlung, die einige Exemplare schon vor dem offiziellen Start verkauft hatte, der Aufmerksamkeit nicht geschadet haben dürfte, seitdem wird Fetzen für Fetzen vom Spanischen ins Englische übersetzt und genüsslich in der Yellow Press zerkaut.

Clausen & Bosse hat beim Auftrag für die deutsche Übersetzung das Nachsehen

Britta Lassen, so viel ist gewiss, wird das nicht passieren. Aufkleber in Knallgelb und Signalrot erinnern sie dezent daran, sie möge das Geheimnis doch bitte bis zuletzt wahren. Der Verlag Penguin Random House, im Besitz des deutschen Medienkonzerns Bertelsmann, hat großen Aufwand betrieben, um Leaks zu verhindern, hat unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen drucken lassen, und zwar hausintern. CPI Clausen & Bosse hätte den Auftrag gern gehabt, produziert in Leck sonst regelmäßig Penguin-Publikationen, den Zuschlag erhielt aber GGP Media aus Pößneck in Thüringen. Ein Bertelsmann-Betrieb.

Dass sie mit „Reserve“ an den einst in Leck gedruckten berühmtesten Harry von der Insel, nämlich Potter, mit den Verkaufszahlen herankommen, darf aber bezweifelt werden. Das tut auch Dennis Leu von der Bücherstube Leu in Niebüll, denn das Pamphlet des Prinzen ist bei ihm im Laden bisher nicht viel mehr als ein Phantom. Vorbestellungen: null. Anfragen von Kunden: null. Exemplare zum Verkaufsstart, konsequenterweise: null. „Wir Nordfriesen sind da gelassener“, sagt Leu mit Blick auf die manchmal doch sehr fremde Welt der Monarchie. Und wen ein Blick durchs Schlüsselloch in diese Welt dann doch reizt, der wird auch bei Leu bedient. „Wir können schnell reagieren.“

Ist die Reaktion am Ende interessanter als der eigentliche Inhalt?

Aber der Eindruck erhärtet sich, dass hier ein, ganz im Wortsinne, Papiertiger umhergeht. „Reserve“, im Original „Spare“ – das Buch, über das jeder spricht. Aber das am Ende keiner liest. Vielleicht, weil es denen, die sich dafür interessieren, gar nicht um den Inhalt geht, sondern um das, was er mit jenen macht, an die sich die Vorwürfe des Prinzen richten? „Ich glaube, die Leute wollen am Ende eher wissen, welche Reaktion das im Königshaus hervorruft“, sagt auch Britta Lassen von Blattwerk in Leck.

Sie selbst, verrät Lassen, wird wohl zumindest einen flüchtigen, pflichtschuldigen Blick in das Buch werfen. „Einfach nur, um zu wissen: Hält es nun, was es verspricht?“ Nach leidenschaftlichem Lesen klingt das nicht.

Mehr lesen

Kommentar

Hannah Dobiaschowski
Hannah Dobiaschowski Projekte / Marketing
„Newcomer-Bandabend: Großer Erfolg und wichtige Jugendarbeit“